Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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Landzunge vorbei, als der Ausguck ein „Stelzendorf“ meldete, Pfahlbauten, die am und im Wasser standen.

      „Dort gehen wir vor Anker“, entschied Hasard.

      Sie rundeten die Landzunge und erlebten die zweite Überraschung.

      Aus den Hütten stürzten schreiende verstörte Eingeborene, schwarzhaarige dunkelhäutige Menschen, die um die Hüften bunte Tücher trugen.

      Panikartig strebten Männlein, Weiblein und Kinder davon, hasteten in den angrenzenden Dschungel und verschwanden.

      Der Seewolf runzelte die Stirn.

      „Da wird der Kontakt schwierig werden“, meinte er, „die scheinen üble Erfahrungen hinter sich zu haben. Vielleicht haben sie die Bekanntschaft der Spanier erlebt, oder ihr Dorf ist von den Dons geplündert worden.“

      Brighton starrte in den Dschungel, wohin die schreienden Menschen geflüchtet waren.

      „Wenn wir friedlich hier liegen bleiben, werden sie nach und nach schon wieder erscheinen. Wir können ihnen ein paar Geschenke an den Strand legen und auf diese Art versuchen, Kontakt mit ihnen herzustellen“, sagte er.

      „Das werden wir auch tun“, sagte Hasard.

      Mit aufgegeiten Segeln lief die Galeone in die Bucht ein und ging vor Anker.

      Es war eine weitausladende Bucht mit einem langen weißen Sandstrand, der von hohen Palmen gesäumt wurde. Erst weiter hinten begann Gestrüpp, dem sich der Dschungel anschloß.

      Stundenlang warteten sie, ob sich einer der Eingeborenen blicken ließ. Aber die trauten sich nicht aus dem Urwald heraus.

      „Fiert das Beiboot ab“, sagte Hasard. „Wir nehmen ein paar Messer mit, ein paar kleine Beile und pullen an Land. Irgendwann werden sie sich schon zeigen.“

      „Musketen auch?“ fragte Ben.

      Hasard zögerte.

      „Nein“, entschied er dann, „keine Musketen, das könnte sie nur noch mehr verängstigen. Die Männer sollen lediglich ihre Pistolen einstecken und sie im Hosenbund verbergen.“

      „Aye, aye. Wer geht an Land?“

      „Nicht mehr als vier oder fünf Mann. Ich glaube nicht, daß es Kopfjäger sind, aber wissen kann man das nie. Die anderen sollen gut aufpassen.“

      Hasard nahm diesmal Ferris Tukker, den Gambianeger Batuti und Blacky mit.

      Als das Boot ablegte, sprang der Affe mit einem Satz hinein.

      „Hoffentlich bist du gleich wieder an Bord, du Affe“, sagte Blacky, ergriff Arwenack und wollte ihn schwungvoll zurückbefördern.

      „Laß ihn ruhig mit“, sagte Hasard. „Der Affe dürfte auf die Eingeborenen vertraut wirken. Durch seinen Anblick und daß er in unserer Begleitung ist, erscheinen wir möglicherweise friedfertig. Laß ihn also los.“

      Hasard betrachtete das Dorf. Es bestand aus etwa fünfundzwanzig ärmlichen Hütten, die vom Strand aus bis ans Wasser gebaut waren und ausnahmslos auf Pfählen standen.

      Als das Boot auf den Sand lief, sprang Hasard an Land, ließ sich die Messer und kleinen Beile geben und legte sie gut sichtbar an einer erhöhten Stelle in bunter Reihenfolge aus.

      Dabei beobachtete er den Dschungel, aber dort rührte sich nichts, da gab es keine Bewegung, und dennoch hatte er das Gefühl, als würden ängstliche Augen ihn genau beobachten.

      Er zog sich bis ans Wasser zurück und wartete.

      Nach einer Stunde verlor er die Geduld.

      „Zurück an Bord“, sagte er, „sie haben Angst und trauen sich nicht hervor, solange wir hier sind.“

      „Einen Augenblick“, sagte Ferris Tucker, „ich habe eben eine Bewegung gesehen.“

      „Wo ist das?“

      „Bei der zweiten Palme auf der linken Seite, wo die hohen Büsche stehen. Da“, er griff nach Hasards Arm, „eine Frau ist das. Siehst du sie?“

      „Ja, ich sehe sie.“

      Die schlanke dunkelhäutige Frau trug einen rötlichen Schurz, sonst nichts. Sie trat aus dem Gebüsch, sah hinüber, versteckte sich aber sofort wieder.

      Da ritt Arwenack der Teufel. Mit einem Satz war er aus dem Boot und flitzte den Strand hoch.

      „Arwenack!“ schrie Batuti. „Mistvieh, sofort zurücklaufen!“

      Der Schimpanse ließ sich nicht beirren. Er hatte schon lange keine Palmen mehr aus der Nähe gesehen und da mußte es ihn gepackt haben. Da benahm er sich wie ein Mensch.

      Er jagte wild über den Sand, rannte übermütig herum, sprang mit einem Satz an der Palme hoch und erkletterte den Stamm. Dann sauste er keckernd wieder hinunter und gebärdete sich wie toll.

      Mittlerweile war die Frau verschwunden.

      Und dann, ganz plötzlich, war auch Arwenack weg. Der Affe verschwand einfach vor ihren Augen, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

      Hasard traute seinen Augen nicht.

      „Wo ist der denn geblieben?“ fragte er verblüfft.

      „Komisch“, sagte Tucker, „direkt hinter der Palme schien er in die Erde zu wachsen.“

      Batuti rief seinen Namen, doch Arwenack blieb verschollen.

      Jetzt ließ es Hasard keine Ruhe mehr. Gefolgt von den anderen lief er auf jene geheimnisvolle Stelle zu, an der Arwenack verschwunden war.

      „Da, wo der Dschungel beginnt, muß es gewesen sein“, sagte Blacky.

      Er, Batuti und Tucker taten noch ein paar Schritte, dann hatten sie nicht mal mehr Zeit, sich zu wundern.

      Batuti sauste in eine Fallgrube, die so geschickt getarnt war, daß man sie nicht bemerkte.

      Mit einem lauten Fluch landete er tief unten auf der Erde.

      Blacky wußte überhaupt nicht, wie ihm geschah. Unversehens wurde er hoch in die Luft gehoben, um seinen Körper schlang sich ein festes Netz, das ihn wie einen Säugling einwikkelte und bis dicht unter den Wipfel der Palme katapultierte.

      Auch der Seewolf hatte versehentlich etwas ausgelöst, das jetzt mit erschreckender Schnelligkeit auf ihn niedersauste. Er konnte sich gerade noch ducken, als ihm ein Fallgitter aus Bambusstäben hart ins Kreuz donnerte und ihm die Luft nahm. Benommen blieb er am Boden liegen.

      Auch den Schiffszimmermann erwischte es schlagartig.

      Ferris Tucker hing im erbarmungslosen Würgegriff eines Taues, das sich um seinen Hals geschlungen hatte und ihm die Luft abdrehte. Immer enger zog es sich zusammen, er war nicht in der Lage, sich zu wehren und erstickte fast.

      An Bord war augenblicklich der Teufel los. Jeder hatte beobachtet, was da so blitzartig geschah, und jetzt, als aus dem Dschungel wildaussehende Eingeborene stürmten, um sich auf die wehrlosen Opfer zu stürzen, handelten die Seewölfe.

      Mit Schiffshauern, Messern, Äxten, Belegnägeln und Spaken sprangen sie ins Wasser und liefen wutschnaubend die letzten Yards an Land.

      Brighton, dem ein Licht aufging, hielt ein paar andere mit Gewalt zurück.

      Aber Big Old Shane, Carberry, Smoky, der hitzige Luke Morgan und noch ein paar andere hatten sich nicht mehr halten lassen, als sie die tödliche Gefahr erkannten, in der der Seewolf und die drei anderen Kameraden schwebten.

      Brighton konnte es ihnen nicht verübeln, daß sie so impulsiv handelten, aber er erkannte jetzt die hinterhältige Taktik der Eingeborenen, in deren tödliche Fallen jeder Fremde ahnungslos hineinlief.

      Ein Kopfjägerstamm war es, nichts anderes, und auf diese Art und Weise mußte es auch die Spanier von der „Tierra“ erwischt haben. Gerade durch das kopflose Handeln der Mannschaften hatten sie leichtes Spiel gehabt und konnten auch noch den letzten Mann erwischen.