Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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      Bei einem der beiden Toten lag ein langes Messer, mit dem er sich allem Anschein nach gewehrt hatte.

      Hasard ging hinaus an Deck. Er brauchte frische Luft. Die anderen folgten beklommen und verunsichert.

      Der Seewolf lehnte am Schanzkleid und hatte die Hände auf den Handlauf gestützt. Gedankenverloren hielt er nach der „Isabella“ Ausschau, die ihnen jetzt fast gegenüberlag, aber man sah nicht einmal die Masten des Schiffes vom Meer aus, obwohl man von der „Isabella“ aus einen Teil der See überblikken konnte.

      „Zwei Tote an Bord“, sagte er, „zwei, die es wahrscheinlich geschafft hatten, den Wilden zu entwischen. Doch man hat sie aufgestöbert und umgebracht.“

      Dan O’Flynn versuchte, das Geschehnis zu rekapitulieren.

      „Den beiden gelang es, entweder an Bord zu bleiben oder sich von Land aus auf das Schiff zu flüchten. Dann haben sie wahrscheinlich die Ankertrosse gekappt und das Großsegel gesetzt. Die Wilden müssen ihnen hinterhergefahren sein mit Booten, sind aufgeentert und haben die beiden nach heftigem Kampf umgebracht. Dann, so nehme ich an, haben sie das Schiff leckgeschlagen, damit es für andere keine Spuren gab.“

      Er sah sich um und deutete an Deck.

      „In zwei, höchstens drei Stunden geht die ‚Tierra‘ auf Tiefe und niemand wird je wieder etwas von ihr und der Besatzung hören.“

      „So könnte es durchaus gewesen sein“, pflichtete der Seewolf dem jungen O’Flynn bei. „Jedenfalls spricht alles dafür. Suchen wir weiter, sehen wir uns einmal die Laderäume an.“

      Carberry brach den Raum kurzerhand mit einem Hebeleisen auf, das unter der Nagelbank lag.

      Wasser stand bis auf halber Höhe in dem Raum. In den Fluten schwammen Kistenteile, Säcke, zwei tote Ratten und Sachen, von denen man nicht mehr sagen konnte, was sie einst gewesen waren.

      „Vielleicht haben sie Gold- oder Silberbarren unten liegen“, sagte Smoky, „oder anderes wertvolles Zeug.“

      „Wenn du scharf darauf bist, kannst du ja in die Dreckbrühe tauchen und dich unten umsehen“, antwortete Carberry, „ich bin jedenfalls nicht wild darauf.“

      „Ich auch nicht.“

      Noch einen weiteren Raum suchten sie auf. Die Pulverkammer, in die noch kein Tropfen Wasser gedrungen war. Massenhaft waren hier Fässer gestapelt. Die vielen Eisenkugeln, die in dem Raum lagerten, ließen sich kaum zählen.

      „Junge, das sind ja Siebzehn-Pfünder“, sagte Dan erstaunt, „unser Kaliber.“

      „Stimmt“, sagte Carberry, „an Deck stehen Culverinen, das fällt mir erst jetzt auf.“

      „Kugeln und Pulver nehmen wir mit“, entschied der Seewolf, „wir haben ohnehin nicht mehr viele Kugeln, und unsere Pulvervorräte schrumpfen auch zusammen.“

      Die „Tierra“ sackte weiter ab. Langsam zwar, aber unaufhaltsam. Wo sich das Leck befand, ließ sich nicht feststellen. Wenn sie es wußten, würde das auch nichts mehr ändern.

      „Fangen wir gleich damit an“, sagte Hasard und reichte eine der Kugeln an Smoky weiter.

      Das Schiff war herrenlos und dem Untergang geweiht. Sie konnten nehmen, was sie wollten, später würde ohnehin alles die See gierig verschlingen. Pulver und Kugeln konnte man immer gebrauchen, und hier hatte ihnen der Zufall Siebzehn-Pfünder beschert.

      Eine Kette wurde gebildet. Kugel um Kugel wanderte nach oben, bis an Deck alles schwarz war.

      Dann folgten die schweren Fässer mit Schießpulver.

      Etwas später wurde es ins Boot verladen, bis es beängstigend tief im Wasser lag.

      „Wir werden etwa drei Mal fahren müssen“, sagte Hasard zu Ed. „Sag den Leuten, sie sollen blitzartig ausladen, und kehre sofort zurück, sonst müssen wir an Land schwimmen.“

      Der Profos legte ab, setzte das Segel und segelte los, der Bucht entgegen.

      Die drei Männer durchsuchten das Schiff jetzt gründlich.

      „Lebensmittel haben die doch sicher auch, das würde uns eine Menge Arbeit ersparen“, sagte Smoky hoffnungsvoll.

      „Nimm dir doch ein paar Säcke Kastanien mit“, riet Dan. „Wenn du die alle gemampft hast, bist du ein richtiger Don.“

      An Proviant fand sich jedoch nicht viel. Der Besatzung war es ähnlich ergangen wie den Seewölfen. Sie kauten auf dem letzten Rest herum.

      Smoky entdeckte einen Sack Mehl, den er an Deck schaffen wollte, doch als er ihn hochhob, wurde der Sack lebendig, und eine unübersehbare Armee schwarzer Kakerlaken marschierte empört in die Dielenritzen.

      Der Decksälteste stieß einen Fluch aus.

      „Verdammt noch mal, so viele Kakerlaken gibt es auf der ganzen Welt nicht wie hier. Na wartet, ihr Biester, nicht mehr lange und ihr könnt auf dem Meeresgrund marschieren.“

      Kleine Säcke voller Reis entdeckten sie, aber Dan verzog angewidert das Gesicht.

      „Wenn man nichts mehr hat, ist er ja ganz gut, aber unser Vorrat reicht bis an unser Lebensende.“

      Olivenöl in Fässern wurde gefunden, es stank so entsetzlich, daß Hasard sich die Nase zuhielt.

      „Es hat den Anschein, als wäre das Schiff den gleichen Kurs gesegelt wie wir“, sagte er. „Es muß im Land des Großen Chan gewesen sein oder auf einer der Inseln, wo es Reis gibt.“

      Dan O’Flynn war schon wieder verschwunden. Er hatte den Ehrgeiz, diese sogenannten Roteiros doch noch zu finden, und er war sich sicher, daß der Kapitän sie irgendwo versteckt hatte.

      Die Karten entdeckte er jedoch trotz intensivster Suche nicht, dafür fand er in einem Versteck handliche Fässer bis obenhin gefüllt mit Malagawein. Daneben befanden sich andere Fässer, die scharf riechenden Schnaps enthielten.

      „Nehmen wir alles mit“, sagte Hasard. „Was soll es auf dem Meeresgrund vergammeln, wo niemand etwas davon hat. Wir holen das Zeug sofort und stapeln es in der Kuhl.“

      So geschah es, und gleich darauf stapelte sich in der Kuhl wieder ein ansehnlicher Berg.

      „Eigentlich hätten wir das viel leichter haben können“, überlegte Dan laut. „Für uns wäre es doch eine Kleinigkeit gewesen, mit vier Mann den Kasten in die Bucht zu segeln und ihn dort auf Grund zu setzen.“

      „Nein, das wollte ich nicht“, sagte der Seewolf, „unter anderem auch wegen der beiden Toten nicht. Die ‚Tierra‘ soll ihr Grab bleiben, das auf See untergeht und nicht in einer Bucht auf seichtem Sand, wo es die Kopfjäger später ausplündern. Außerdem möchte ich mir nicht nachsagen lassen, wir hätten eine spanische Mannschaft umgebracht, um uns an ihren Schätzen zu bereichern.“

      „Aber wer sollte das denn sagen?“ fragte Dan.

      „Es könnte uns zufällig ein Spanier entdecken, ein Portugiese oder sogar ein Landsmann von uns. Und wie willst du einem tobsüchtigen Spanier erklären, daß wir es nicht waren? Da bleibt keine Zeit für Erklärungen, und glaubhaft ist es auch nicht. Aus diesen Gründen habe ich es nicht getan.“

      „Verstehe“, sagte Dan, „ist auch besser so.“

      Smoky blickte über das Schanzkleid.

      „Ed kehrt zurück“, sagte er. „Und wir sind wieder ein Stück tiefer abgesackt. Lange hält sich das alte Mädchen nicht mehr.“

      Das Schiff lag träge im Wasser und bewegte sich kaum noch. Der schwache Wind war nicht imstande, es weiter an die Küste zu blasen. Aber es kriegte Schlagseite und wurde kopflastig, und es schwankte plump in der See.

      Der Profos legte an und enterte auf. Die Leiter brauchte er dazu nicht mehr, es war nur ein Katzensprung.

      „Jeder wollte mit und sehen, was hier los ist“, sagte er. „Ich mußte die Kerle