Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
Скачать книгу
zu seinen Füßen, die in einem mit glühender Holzkohle gefüllten Messingbecken lag. Die Bronzerohre der Siebzehn-Pfünder waren mit grob gehacktem Blei geladen, und in den vorderen und achteren schwenkbaren Drehbassen befand sich ebenfalls eine Mischung aus grobem Blei, rostigen Nägeln und Eisen.

      Die Streuung hatte einen Radius bis zum Strand auf fast hundert Yards. Damit konnte man eine ganze angreifende Horde wie mit einer riesigen Sense niedermähen.

      Doch kein Kopfjäger ließ sich blikken.

      7.

      Als sich am anderen Morgen immer noch nichts rührte, wurden die Arbeiten fortgesetzt.

      Diesmal arbeiteten fast alle mit. Da wurde gekratzt, gestoßen, gehämmert, abgebrannt – was immer Ferris Tucker persönlich übernahm –, kalfatert und gestrichen.

      Das kleine Fäßchen Schießpulver ging zur Neige. Tucker mußte ein neues holen, um den Holzbohrwurm zu vernichten.

      Mitunter hatte es den Anschein, als würde die „Isabella“ lichterloh in Flammen stehen. Dann züngelten riesige, blutrote Flammen an dem Schiffskörper hoch, dann wurde Pech so flüssig wie Wasser, und dann rannten Seewölfe mit Pützen voller Seewasser umher, um den vermeintlichen Brand zu löschen.

      Doch immer wieder sahen sie Ferris Tuckers heimliches Grinsen. Der Schiffszimmermann kannte genau die Menge, die er verwenden durfte, die Menge, die das Pech flüssig werden ließ und den Holzbohrwurm vernichtete, so daß er sich zusammenzog, in den Gang, den er gebohrt hatte, blitzartig verschwand und dort verendete.

      Ganz selten sahen sie einmal eins der winzigen Tierchen.

      Es hatte einen Kopf der in verblüffender Weise einem von Tuckers Holzbohrern ähnelte, die in der großen Holzkiste lagen, die meist unter der Nagelbank auf Steuerbord lag.

      Ferris hatte einige von ihnen herausgebohrt, kleine Dinger, bei denen man zweimal hinsehen mußte, ehe man sie einmal sah. Er ließ sie auf der Kuppe seines hornigen Zeigefingers laufen und zeigte sie herum.

      „Verrenkt euch nicht die Klüsen“, sagte er, „der Bursche ist so klein, daß man ihn kaum sieht, aber er ist ein emsiger Arbeiter, an dem ihr euch ein Beispiel nehmen könnt. Er bohrt und bohrt, und alles, was er braucht, ist nur Holz und Salzwasser. Dann beginnt er seine verdammt gründliche Arbeit.“

      „Genau wie du“, sagte Tuckers bester Freund Carberry. „Ich überlege gerade, ob wir dich nicht umtaufen sollen. Ferris, der Holzbohrer, klingt doch nicht schlecht, was, wie?“

      „Untersteh dich“, sagte Tucker grollend, „sonst bist du die letzte Zeit mein Freund gewesen.“

      Mittags gab es große Stücke von dem Fleisch, das sie gestern erwischt hatten, und damit war auch schon fast die Hälfte wieder weg.

      „Hoffentlich sind wir bald fertig“, sagte der Kutscher mißmutig. „Was wir gestern gefunden haben, reicht vorn und hinten nicht. Und weitersuchen können wir auch nicht mehr, wenn wir nicht heimlich ein paar vergiftete Pfeile ins Kreuz kriegen wollen. Keine Beeren, keine Kräuter, nur ein paar lausige Nüsse und zwei Schildkröten.“

      „Wenn du nicht soviel meckern, sondern statt dessen kräftig mithelfen würdest, werden wir viel schneller fertig“, sagte der Profos.

      Der Kutscher zog sich zurück, aber als er seine Kombüse aufgeklart hatte, war er dabei und hieb wie ein Wilder auf die Muscheln und den Tang ein.

      Der größte Teil der Unterseite war abgekratzt, mit Pech verklebt und abgebrannt worden. Im Rumpf gab es eine ganze Menge dieser winzigen Löcher. Tucker hatte also mit seiner Behauptung recht gehabt, nur war es nicht so schlimm, wie er es darstellte.

      Hasard hatte ständig einen Mann im Ausguck, dessen Blick bis weit aufs Meer reichte, und der auch einen Teil des Urwalds überblicken konnte.

      Diesmal war es der Schwede Stenmark. Er war noch keine halbe Stunde oben, als er an Deck rief: „Deck! Ein Spanier! Zweimaster! Er segelt ziemlich dicht an der Küste entlang. Himmel, wie der Don segelt, da scheinen nur Verrückte an Bord zu sein.“

      Während die anderen ihre Arbeit unterbrachen, enterte der Seewolf schweigend in die Wanten, bis er den Ausguck erreichte.

      „Der hat uns gerade noch gefehlt“, sagte er leise. „Wenn der uns entdeckt und in die Bucht einläuft, kann er uns eine Menge Kummer bereiten. Wir müssen sofort …“

      Er unterbrach sich, denn jetzt fiel ihm selbst auf, wie eigenartig der Don an der Küste segelte.

      „Da scheinen tatsächlich Verrückte an Bord zu sein“, sagte er zu dem Schweden. „Ein großes Segel steht, die anderen hängen im Gei. Diese Nachttopfsegler haben wohl noch nie etwas von Brassen und Schoten gehört.“

      Er legte die Hände an die Lippen.

      „Bill! Bring mir das Spektiv. Beeil dich!“

      Der Moses flitzte los, holte das Spektiv aus der achteren Kammer und brachte es nach oben.

      „Da wird man ja ganz schwindlig“, sagte er und deutete auf den Mast, der jetzt schief in die Luft ragte, und in dessen Ausguck es sich schlecht stehen ließ.

      Hasard gab keine Antwort. Er zog das Spektiv auseinander und blickte hindurch.

      Stenmark sah ihn fragend an, doch der Seewolf reichte ihm nur schweigend das Spektiv und wartete, bis der Schwede ebenfalls hindurchsah. Nach einer Weile setzte er es ab.

      „Ist dir etwas aufgefallen?“ fragte Hasard.

      „Ja, eine Menge sogar, und es wundert mich auch nicht, daß das Segel falsch steht. Ich habe keinen Menschen an Bord gesehen.“

      „Ich auch nicht. Noch etwas?“

      „Sonst eigentlich nichts weiter“, sagte Stenmark. „Den Namen konnte ich nicht entziffern.“

      „Das Schiff liegt viel zu tief im Wasser“, sagte Hasard. „Und das ist sicherlich nicht auf die Ladung zurückzuführen.“

      „Es ist am Absaufen?“ fragte Stenmark.

      „Ja, es sieht aus, als ob es sich langsam voll Wasser säuft.“

      Hasard blickte nach unten, wo auf dem schräggeneigten Deck eine emsige Tätigkeit herrschte.

      Brighton ließ die Kanonen ausrichten, uni den vermeintlichen Gegner wenigstens mit einer Breitseite empfangen zu können. Ferris hatte Brandsätze geholt und steckte sie in die Halterungen.

      Noch einmal blickte Hasard zu dem falsch segelnden Schiff hin, das der Wind, der jetzt fast auflandig zur Küste blies, immer näher herantrieb.

      Nein, es gab keine Menschenseele an Bord, wenigstens zeigte sich keine.

      Eine Falle der Spanier? überlegte er. Mit diesem Trick hatten oft schon Piraten, Spanier oder Engländer gearbeitet, und er hatte auch oft geklappt. Man lief den vermeintlich hilflosen oder verlassenen Kahn an, und schon erhoben sich hinter den Schanzkleiden bewaffnete Kerle und enterten.

      Wie ein Geisterschiff trieb es dahin, unstet, von unsichtbaren Kräften gelenkt.

      Hasard konnte jetzt den Namen entziffern.

      „Tierra“, hieß der anscheinend verlassene Segler.

      „Die Kopfjäger“, sagte der Seewolf plötzlich.

      „An Bord – da drüben?“ fragte Stenmark ungläubig.

      „Ich meine die Besatzung. Sie war es vermutlich, die den Kopfjägern in die Hände gefallen ist. Natürlich, es kann gar nicht anders sein. Ed hat doch vierzehn Köpfe gefunden.“

      „Vielleicht gibt es doch noch Überlebende an Bord“, sagte Stenmark. „Oder Verletzte, Hilflose. Vielleicht haben die Kerle nicht alle umgebracht.“

      „Ja, das ist möglich. Bleibe weiter im Ausguck, Sten.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Hasard