Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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haben, mampfen wir Reis und Salzfleisch. Das ist immer noch besser, als wenn wir irgendwo als Schrumpfköpfe an Schnüren hängen und uns gegenseitig dämlich angrinsen. Hasard wird mit Sicherheit hier keine Bucht mehr anlaufen.“

      „Aber den Karten nach ist das ein größeres Kaff“, widersprach der Kutscher, „da werden auch schon andere Schiffe Proviant gefaßt haben.“

      „Was verstehst du schon von Seekarten! Bist du vielleicht schon mal hier gewesen, was, wie?“

      „Du vielleicht?“

      „Das ist etwas anderes“, behauptete Ed und starrte voraus auf die Ansiedlung, die sich ihren Blicken bot.

      Ein kleines portugiesisches Schiff lag dort vor Anker. Allem Anschein nach hatten die Portugiesen diese Ansiedlung gebaut.

      Ed zuckte zusammen, als Hasards Anweisung erfolgte, das Kaff anzulaufen.

      Der Kutscher rieb sich die Hände und grinste.

      „Hasard ist eben ein Gentleman“, sagte er. „Er wird sich nach bewährter Manier als Spanier einschleichen und sich mit Proviant versorgen, da fresse ich den Großmast, wenn das nicht stimmt.“

      Der Kutscher ließ den Großmast stehen, denn es gab nicht die geringsten Schwierigkeiten, als sie vor Anker gingen und der Seewolf genau handelte, wie er es prophezeit hatte.

      Gegen Gold und Silber wurden sie problemlos verproviantiert, es gab nicht die geringsten Schwierigkeiten. Keiner verfiel auf die Idee, sie etwa für Engländer zu halten. Noch am selben Abend konnte die „Isabella“ frisch versorgt ihre Reise fortsetzen.

      Der Seewolf ging auf Westkurs und segelte von Tandjung Datu auf die Straße von Malakka zu.

      Wohin sie da allerdings gerieten, wußte keiner genau zu sagen, denn die Karten gaben für den Großen Ozean, der dahinter begann, nicht viel her.

      Aber bisher hatten sie sich immer durchgebissen und zurecht gefunden, und Hasard zweifelte nicht daran, daß es diesmal anders werden sollte.

      Sie fanden immer ihren Weg.

      Fußnote

      1) Kalimantan — das heutige Borneo.

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      1.

      Einer der bärtigen, eisengepanzerten Eindringlinge hob die Waffe, die die malaiischen Fischer als Feuerrohr zu bezeichnen pflegten. Er stieß mit dem hölzernen Kolben zu, und Otonedju, der Dorfälteste, hatte das furchtbare Gefühl, ein Wasserbüffel oder ein ähnlich großes Tier habe ihn in den Rücken getreten.

      Otonedju taumelte aus seiner Hütte. Vier, fünf unstete Schritte weit, dann strauchelte er und stürzte von dem flachen, überdachten Vorbau in den Staub. Obwohl er seine Hände vorstreckte, schlug er hart auf. Ein ächzender Laut der Qual und des Entsetzens löste sich von seinen Lippen.

      Die spanischen Soldaten eilten ihm nach. Aus allen Richtungen tauchten sie auf. Sie schienen überall zu sein und alles ihrer Willkür zu unterwerfen. Jeden Funken des Widerstandes brachten sie zum Erlöschen.

      Sie umringten Otonedju und schrien auf ihn ein.

      „Wo ist der Tiger?“

      „Wo hält sich der Hund versteckt?“

      „Rede, elender Bastard, oder du bist des Todes!“

      Otonedju hörte durch ihr Gebrüll hindurch das Rufen der Frauen, Kinder und alten Leute des Dorfes. Nein, er gab sich keinen Illusionen hin. Die Spanier würden sie bei dem wilden Bestreben, das zu erfahren, was sie wissen wollten, nicht verschonen. Zuerst befragten sie die Männer, die die Spitze des Dorfes darstellten, dann die niedrigeren Chargen aus der Hierarchie der kleinen, fest zusammenhaltenden Gemeinschaft, die Krieger und die Fischer – zuletzt schließlich die Schwachen, Wehrlosen.

      Dennoch war Otonedju nicht gewillt, über irgend etwas Auskunft zu geben. Er wußte, was das Ziel der weißgesichtigen, schwarzbärtigen Männer mit den Brustpanzern und Eisenhelmen war. Doch selbst wenn sie ihn über die Ausbeute des Fischfanges der vergangenen Tage hätten aushorchen wollen, so hätte er ihnen kein Sterbenswörtchen darüber verraten. Schweigen war keine Notwendigkeit, sondern eine Tugend, und mit jedem Zugeständnis, das man dem weit überlegenen Gegner gewährte, verlor man einen Teil seiner Manneswürde.

      Otonedju fühlte sich von großer Ruhe erfüllt.

      Er trachtete davonzukriechen, ein Stück weiter auf den rondellartigen Platz inmitten der Hütten des Inseldorfes zu. Ganz einfach nur, um dem Feind zu beweisen, daß er sich nicht fürchtete und seinen Stolz aufrechterhielt.

      Aber ein Fuß zuckte vor, ein Stiefel traf Otonedjus rechte Körperseite, und der alte Mann blieb unter großen Schmerzen liegen.

      Otonedju blickte durch wallende Schleier vor seinen Augen zu dem Stiefel. Der schwingende Fuß hatte sich wieder zu dem anderen, zweiten gesellt, und die Stimme, die zu dem Leib über den beiden gehörte, schrie noch einmal: „Rede!“

      Otonedju verstand dieses spanische Wort, wenn er auch sonst nur noch ein paar Brocken von dem kannte, was die Männer sagten. Otonedju begriff, denn ihm war von Anfang an klar gewesen, wen diese Männer suchten und was sie vernichten wollten, doch er erwiderte nur ein Wort in seiner Sprache: „Stirb!“

      Der Sprecher, ein hochgewachsener und ehrgeiziger Teniente namens Savero de Almenara, schaute auf und wandte den Kopf.

      „Der Dolmetscher soll kommen!“ rief er. „Ich glaube, dieser Kerl will sagen, was er weiß. Das würde uns viel Arbeit ersparen.“

      Sofort näherte sich der Batak Siabu. Er hatte sich von den Fremden bekehren und überzeugen lassen, trug spanische Kleidung und tat alles, aber auch alles, um den Spaniern untertan zu sein. Otonedju hatte schon vor dem Auftauchen des Trupps von Siabu gehört, und er verachtete ihn aus tiefstem Herzen. Nichts war in Otonedjus Augen fluchwürdiger als das Verhalten eines solchen Überläufers und schäbigen Opportunisten.

      Siabu, der sich seines Ansehens bei den Eingeborenen durchaus bewußt war, kniete neben dem alten Mann nieder und sagte: „Also sprich. Erzähl uns, was du über den Tiger weißt, wo er sich aufhält. Wir wissen, daß er ein Versteck auf dieser Insel hat. Du kannst dir und deinem Stamm viel Ärger ersparen, wenn du mitarbeitest, Otonedju.“

      Otonedju stemmte sich hoch, drehte sich und setzte sich auf den trockenen Untergrund. Es hatte den Anschein, als sei er geläutert und würde sich nun nicht mehr widerspenstig zeigen wie vorher, aber das war eine Fehldeutung seines Mienenspiels.

      „Mitarbeiten?“ wiederholte er in seiner Muttersprache.

      „Du wirst es nicht bereuen“, entgegnete Siabu.

      „Erkläre mir, um welche Art von Arbeit es sich handelt.“

      Siabu glaubte, einen höhnischen Unterton aus den Worten des Dorfältesten zu vernehmen, aber er erwiderte trotzdem: „Das weißt du doch. Wir suchen den Tiger. Du kennst ihn.“

      „Ja.“

      „Gut. Ist er hier?“

      „Ihr habt euch im Dorf umgesehen“, sagte Otonedju. „Ihr seid in unsere Hütten eingedrungen und habt keine Achtung gezeigt, vor keinem von uns. Habt ihr einen Tiger entdeckt?“

      „Nein. Er muß sich irgendwo auf der Insel verkrochen haben“, sagte Siabu. „Wo?“

      „Ein Tiger ist eine große, gefährliche Bestie mit vier Beinen und gestreiftem Fell“, sagte der alte Mann auffallend ruhig. „Ein solches Tier hat auf dieser Insel nie existiert. Hast du sonst noch Fragen, Verräter, den die Rache der Götter zerreißen wird?“

      Siabu fuhr hoch. „Teniente,