Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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beobachtete er, daß alles so lief, wie er sich das vorgestellt hatte.

      In der Nacht schien der Mond hell. Auf dem Zweidecker paßten alle scharf auf und hielten die Schaluppen pausenlos im Blickfeld.

      Der Wind wehte aus Nordost. Die „Caribian Queen“ stand am Ausgang der Windward-Passage und steuerte auf die Südwestspitze von Haiti zu.

      Es war kurz vor der Dämmerung. Die Rote Korsarin hatte ein paar Stunden geschlafen, aber vor Wut und Ärger keine rechte Ruhe gefunden, weil die Schaluppen sie immer noch begleiteten und keine Anstalten zum Angreifen unternahmen.

      Seit zwei Stunden befand sich Dan O’Flynn im Ausguck, weil er die schärfsten Augen von allen hatte, Adleraugen, denen nichts entging, wandelnde Kieker, wie der Profos das nannte.

      Alle Mann waren immer noch auf Stationen. Die Rohre waren geladen und besetzt.

      „Deck!“ rief Dan. „Die beiden Schaluppen staffeln von außen heran. Die letzte bleibt im Kielwasser zurück auf Distanz.“

      „Na endlich“, sagte Siri-Tong wie erlöst. „Endlich tut sich etwas. Wurde auch höchste Zeit.“

      „Ja, sie staffeln heran, unauffällig, aber unverkennbar“, sagte Hasard. „Der Admiral nutzt geschickt das Zwielicht aus. So dumm ist der Kerl gar nicht.“

      An den Kanonen lauerten die Schützen, denn auch sie sahen jetzt, daß die Schaluppen sich näherten. Undeutlich waren die Kerle als Schemen hinter den Drehbassen zu erkennen. Nur der Admiral hielt sich mit seinem Zweimaster höflich zurück. Vermutlich wollte er wohl erst seinen Kumpanen den Vortritt lassen und sehen, wie sich das Ganze entwickelte.

      In Siri-Tongs dunklen Augen blitzte ein Licht auf. Die Entfernung betrug noch etwa hundertzwanzig Yards, schließlich verkürzte sie sich auf gut hundert. Damit befanden sich die beiden Schaluppen genau im Schußbereich. Sie zögerte jetzt keine Sekunde mehr.

      „Oberes Batteriedeck: Feuer frei, Breitseite!“ befahl sie.

      Durch den Zweidecker ging ein wildes Aufbrüllen. In allen Planken dröhnte und knackte es, als die schweren Brocken vom oberen Batteriedeck ihre Breitseite ausspuckten.

      Lange Feuerlanzen stachen durch die morgendliche Dämmerung und tauchten das Schiff sekundenlang in grelles Licht. Der Zweidecker krängte leicht über.

      Eine zweite wilde Erschütterung durchlief das Schiff, als auch die andere Breitseite losdonnerte.

      Der Pulverqualm wurde vom Wind verweht und trieb als langgezogene Wolke über das Wasser.

      Die Kanoniere rissen die Arme hoch und brüllten.

      „Treffer!“ schrien sie freudig.

      Die Schaluppe, die an Backbord aufgesegelt war, hatte es erwischt. Zwar nicht schlimm, aber der vordere Mast war zersplittert und in einem Trümmerregen über das Deck verstreut. Auch Fetzen von Segeln hingen noch herum. Die Schaluppe fiel augenblicklich zurück und lief aus dem Kurs.

      „Den sind wir vorerst los“, sagte Hasard. „Bis der aufgeriggt hat, vergeht eine Weile, falls wir ihn überhaupt noch wiedersehen. Aber die andere hat es leider nicht erwischt. Kein Treffer erzielt.“

      Schuld an dieser Misere waren die herrschenden Lichtverhältnisse, die auf der Steuerbordseite ein genaues Zielen verhinderten. Das hatte sich auf die Richtschützen Siri-Tongs ungünstig ausgewirkt, und so war die Breitseite wirkungslos in die See gerauscht.

      Die Kerle auf der Schaluppe nahmen die Fehlschüsse zum Anlaß, in wildes Freudengeheul auszubrechen. Sie standen da und rissen die Arme hoch. Ein paar riefen obszöne Worte hinüber.

      „Sie sollten lieber nicht zu früh das Maul aufreißen“, sagte Jean Ribault. „Offenbar vergessen sie, daß auch die untere Batterie feuerbereit ist. Und da stehen die schwereren Stücke.“

      „Dann noch einmal“, sagte Siri-Tong. „Sonst setzen sie gleich die Drehbassen ein. Feuer frei für untere Batterie.“

      Die Schaluppe war dicht herangestaffelt. Die Kerle lauerten an den Drehbassen und wollten feuern.

      Doch die Männer der „Caribian Queen“ waren etwas schneller.

      Der Zweidecker spie erneut Rauch und Feuer und hüllte sich in dichten Pulverqualm. Ein wildes Aufbrüllen ging über die See, Feuerzungen stachen heraus wie bei einem feuerspeienden Drachen, ein schwerer Eisenhagel donnerte aus den Rohren.

      Die Entfernung betrug höchstens noch neunzig Yards, und diesmal erwischten die Richtkanoniere den Zweimaster.

      Im Aufblitzen, im Rauch und Feuer schlug es auf der Schaluppe krachend und mit lautem Getöse ein. Da blieb nichts mehr heil, denn mindestens vier oder fünf Kugeln hatten das Schiff getroffen.

      Die Schaluppe barst auseinander. Ihre beiden Masten gingen über Bord, die Verschanzung flog in einem Splitterregen nach allen Seiten, und ein paar Kugeln zerfetzten den Rumpf.

      Auch ein paar Schnapphähne hatte es erwischt. Die Auftreffwucht hatte sie über Bord gefegt und in die See gewischt. Etliche waren auf der Stelle tot. Die anderen rannten in Panik und unter wildem Gebrüll von vorn nach achtern.

      „Jetzt können die Affenärsche schwimmen“, sagte Smoky, „das hat gesessen. Denen wird der Kahn gleich unter dem Hintern absaufen, und dann sind wir sie los.“

      Die ersten Kerle sprangen entnervt über Bord, als die Schaluppe hart zur Seite krängte und Wasser zog. Sie war nur noch ein einziger Trümmerhaufen. Im Wasser paddelten Kerle zwischen Holzstücken und Segeltuch und schrien sich die Kehlen heiser.

      Der achtere Teil der Schaluppe versank im Wasser, der andere Teil schwamm noch, und daran klammerten sich ein paar Kerle fest, denen das nackte Entsetzen in den Gesichtern stand.

      Dann soff auch der Rest ab. Ein paar Fässer stiegen hoch, Holzstücke schwammen herum. Im Meer hingen immer noch die Kerle, festgekrallt an das, was sie gerade noch erwischt hatten.

      Siri-Tong nickte anerkennend. Sie sah der anderen Schaluppe nach, die den Mast verloren hatte. Die hing weit achteraus und konnte nicht mehr gefährlich werden. Die Kerle hatten alle Hände voll zu tun, um ihr Schiff zu klarieren, von dem immer noch Segelfetzen und Holztrümmer über Bord hingen und mitgeschleift wurden.

      „Nur noch einer“, sagte sie, „und das ist dieser aufgeblasene Admiral, der hat sich nicht herangetraut. Der wird auch nicht mehr viel unternehmen.“

      „Er steuert die Untergangsstelle an“, sagte Ribault. „Offenbar will er zuerst seine Kumpane aus dem Wasser fischen, denn jetzt ist er auf jeden Mann angewiesen.“

      Sie sahen, wie die Schaluppe des Admirals aus dem Kurs ging und die Stelle ansteuerte, wo die Kerle brüllend im Wasser paddelten. Der Schreck saß ihnen noch in den Knochen. Ein paar konnten wohl auch nicht schwimmen oder fürchteten sich vor Haien.

      Siri-Tong kriegte ganz schmale Augen.

      „Wir sollten ganze Arbeit leisten“, sagte sie, „jetzt ist die Gelegenheit günstig, um auch mit dem Admiral abzurechnen.“

      Hasard gab keinen Kommentar. Aus schmalen Augen blickte er auf die Szene, die sich auf der Steuerbordseite abspielte.

      „Wir luven an“, entschied die Rote Korsarin, „und gehen der anderen Schaluppe an den Kragen.“

      Der Admiral hatte jetzt die Untergangsstelle der Schaluppe erreicht, um die ersten Schwimmer aus dem Bach zu fischen. Als er sah, daß der düstere Zweidecker anluvte, drehte er ein wenig ab, als wolle er die Flucht antreten.

      Doch dann feuerten plötzlich seine Drehbassen los und schickten einen Blei- und Eisenhagel zur „Caribian Queen“ hinüber. Auf dem Zweimaster zuckten Blitze auf, es donnerte laut, und ein paar Yards vor der „Caribian Queen“ schossen kleine Wassersäulen hoch.

      Noch konnten die Kanonen nicht eingesetzt werden, und diese Gelegenheit nutzte der Admiral noch einmal aus. Wieder überschüttete er die See mit grobem Schrot.

      Die Kerle im Wasser schrien noch lauter, denn