Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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könnte ein Syrer sein. Vielleicht kommt er auch aus Tripoli“, sagte Dan O’Flynn.

      „Gut möglich“, meinte Hasard. „Oder aber von Zypern oder aus der südlichen Türkei. Für uns ist das nicht von Bedeutung. Ich schätze, er will nach Kreta oder nach Athen, um dort seine Ladung zu löschen und neue zu übernehmen.“

      „Er scheint schweres Gut an Bord zu haben, denn er liegt ziemlich tief im Wasser.“

      „Ja. Angreifen wird er uns auf keinen Fall.“

      „Und wir?“ fragte Dan.

      Hasard wandte ihm sein Gesicht zu. „Hat er uns was getan? Haben wir einen Grund, ihm auf den Leib zu rücken? Wir sind doch keine lausigen Piraten, die über jeden herfallen, der ihnen über den Weg läuft.“

      „Natürlich nicht“, sagte Dan. „Das meine ich auch nicht. Es wäre nur gut, ihm ein paar nützliche Ratschläge zu geben. Wir wissen, welche Gefahren auf Kreta und in Richtung Sizilien lauern. Wir könnten ihn warnen.“

      Hasard lächelte. „Entschuldige, daß ich deine Absicht verkannt habe. Aber er kennt sich in diesen Gewässern bestimmt besser aus als wir. Es dürfte nicht seine erste Fahrt hierher sein.“

      „Er weiß die Gefahren zu meiden?“

      „Wenn er ein Levantiner ist, dürfte er gerissen genug sein.“

      Nun lachte auch Dan. „Allerdings. Aber was geschieht, wenn er Lord Henry begegnet?“

      „Du bist also davon überzeugt, daß Henry uns immer noch folgt?“

      „Du etwa nicht?“

      „Na, ich weiß nicht. Don Gennaro Masaniello hält ihn bestimmt noch eine Weile in Neapel fest. Vergiß nicht, daß er mit Henry ein Hühnchen zu rupfen hat.“

      „Wegen der erlittenen Niederlage? Bestimmt. Aber Henry weiß seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, das hat er uns zur Genüge bewiesen. Scoby und seine anderen Spießgesellen sind auch raffinierte Hunde, die sind bestimmt längst wieder mit ihrer ‚Cruel Jane‘ aus Neapel verschwunden und suchen uns, um sich an uns zu rächen.“

      Hasard schob sein Spektiv zusammen und steckte es weg. „Und wenn schon. Henry irrt sich, wenn er sich einbildet, er könne uns doch noch schlagen und uns den Schatz der Medici wieder abjagen. Was den Levantiner betrifft, können wir von mir aus versuchen, auf Rufweite an ihn heranzugehen, um ihn vor Henry zu warnen.“

      „Ja.“

      „Bei dieser See ist das aber kein leichtes Manöver“, sagte Hasard. „Na, schön, meinetwegen, versuchen wir’s.“

      Wenig später befanden Dan und er sich wieder an Deck. Hasard gab die erforderlichen Anweisungen. Die „Isabella“ ging etwas höher an den Südostwind und steuerte direkt auf das fremde Schiff zu, dessen Umrisse mit der Dunkelheit verschmolzen.

      Hasard tat alles, um nahe genug an den Levantiner heranzusteuern, doch zu einer Verständigung reichte es nicht. Plötzlich war der fremde Dreimaster vollends verschwunden und wurde zu einem Geisterschiff, das lautlos ins Nichts entglitt.

      „Er hat Angst vor uns!“ rief Hasard seinen Männern auf dem tanzenden Hauptdeck zu. „Wahrscheinlich hat er rasch anluven lassen, um uns zu entgehen!“

      „Soll er!“ schrie Carberry. „Wir haben es gut mit ihm gemeint, aber absaufen und verrecken wird er wohl nicht! Bei dem Gewicht, das er geladen hat, wird er wohl nach Karpathos verholen!“

      „Das nehme ich auch an“, sagte der Seewolf. „Fangt jetzt mit dem Verschalken der Luken und Schotten an! Spannt die Manntaue! Haltet die Sturmsegel bereit, wir müssen sie gleich setzen!“

      „Schon dabei, Sir!“ rief Ben Brighton zurück.

      „Bill!“ schrie Hasard. „Räum den Großmars!“

      „Aye, Sir!“ tönte es von oben zurück. Bill kletterte über die Segeltuchverkleidung der Plattform und begann abzuentern.

      „Wieder auf Kurs Nordost gehen!“ befahl der Seewolf.

      „Schrickt weg Brassen und Schoten!“ brüllte der Profos.

      „Pete, Kurs Nordosten!“ rief Ben Brighton zum Ruderhaus hinauf. „Zwei Strich Backbord!“

      „Zwei Strich Backbord, aye, Sir!“ rief Pete Ballie, der Rudergänger, zurück. Er drehte am Ruderrad.

      „Kurs Nordost liegt an!“ tönte kurz darauf Bens Stimme über Deck.

      Beim Spannen der Manntaue packte der Seewolf selbst mit zu. Besorgt verfolgte er das Zunehmen von Windstärke und Seegang. In der Ferne zuckte ein Blitz. Leises Donnergrollen rollte von Südosten heran.

      Das wird eine heitere Nacht, dachte er, rasch nach Rhodos, sonst kriegen wir noch kräftig die Jacke voll.

      Selim hob den Kopf. „Was ist das?“ fragte er. „Ich höre Geräusche. Sie kommen vom Ufer.“

      „Musik“, sagte einer der Männer zu seiner Rechten. „Jemand spielt auf einem Instrument.“

      „Wahnsinn! Doch nicht bei diesem Wetter.“

      „Da bewegt sich was“, raunte sein Kumpan ihm zu. „Da steht ein Mann und beobachtet uns.“

      Selim fuhr sich mit der Hand über den Schnauzbart. „Seltsam. Ich dachte, dieser Teil der Insel sei unbewohnt. Es gibt nur wenige winzige Dörfer auf Rhodos, armselige Bauern- und Fischersiedlungen, wo wir kaum etwas erbeuten können. Aber hier? Hier kann doch keiner leben.“

      Er hatte diese Bucht in der Tat nur als Ziel gewählt, weil er das Vorbeiziehen des Sturmes abwarten wollte. Die Bucht war ein vorzüglicher Ankerplatz, ein natürlicher Hafen, geräumig genug zum Manövrieren und durch Felsen gegen das Wüten der See ziemlich gut abgeschirmt.

      Die Anker waren ausgerauscht, die Schiffe – eine Schebecke und eine Ghanja – schwojten an ihren Trossen. Allmählich ließ das Tanzen der Decks etwas nach, man hatte jetzt einen sicheren Stand auf den Planken.

      „Ein Boot abfieren“, befahl Selim. „Ich will selbst nachsehen, was es mit dem Kerl auf sich hat.“

      „Vielleicht ist er ein Einsiedler“, sagte ein glatzköpfiger Pirat, dessen Name Osman lautete. „Harmlos scheint er zu sein, sonst hätte er sich nicht durch seine Musik verraten.“

      Selim sah aus schmalen Augen zum Ufer, wo die fremde Gestalt nur undeutlich zu erkennen war und jetzt fast unterging in der zunehmenden Dunkelheit. Aber – täuschte er sich, oder winkte der Mann ihnen wirklich zu?

      „Es gibt zwei Möglichkeiten“, sagte Selim. „Entweder ist er verrückt, oder aber es ist ein Trick, um uns in eine Falle zu locken. Haltet euch auf jeden Fall an den Geschützen bereit. Fünf Männer begleiten mich: Osman, Ali, Firuz und noch zwei andere, die ihr selbst aussuchen könnt. Nehmt genug Gewehre und Pistolen mit, damit wir auf jede Überraschung vorbereitet sind.“

      Sie liefen auseinander, holten die Waffen und machten eins der beiden Beiboote klar, die auf dem Hauptdeck festgezurrt waren.

      Selim stieg den Niedergang hinunter und schritt zum Achterdeck. Er blickte zu den Frauen, die sich vor dem Kastell versammelt hatten. Jella, seine glutäugige Geliebte, löste sich aus der Gruppe und eilte auf ihn zu.

      „Was ist?“ fragte sie ihn. „Gibt es Ärger?“

      „Ich glaube kaum“, antwortete er. „Es empfiehlt sich nur, die Umgebung ein wenig genauer zu kontrollieren. Drüben am Strand steht ein Mann und schaut zu uns herüber.“

      „Du gehst an Land? Nimm mich mit.“

      „Falls wir angegriffen werden, riskierst du, nicht mehr an Bord der ‚Grinta‘ zurückzukehren. Verstehst du? Man könnte aus dem Hinterhalt auf uns schießen.“

      „Und du? Auch du begibst dich in Gefahr. Nein, ich will bei dir sein, und ich bin neugierig, sehr neugierig, wie es dort an Land aussieht. Bitte, laß mich mitfahren.“