Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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Ihr, dass ihr Elend auf der anderen Seite der Brücke geringer sein wird als hier?“

      „Sie sind Flüchtlinge. Und hier können sie nicht einmal betteln. Also lass sie ziehen, Hauptmann!“

      „Es tut mit leid, ehrwürdiger Meister, aber mir sind die Hände gebunden. Mein Herzog ...“

      „Der Herzog sitzt weit entfernt in Thisrig!“, schnitt Thondaril ihm das Wort ab. „Er kann froh sein, wenn die Frostkrieger nicht auch dort mit ihren Schiffen gelandet sind und ihn aus seinem Palast geworfen haben!“

      „Dennoch, ich bin an das Wort meines Herrn gebunden“, beharrte Hauptmann Javloch.

      Aber das ließ Meister Thondaril nicht gelten. Er ritt zu dem Lager der Flüchtlinge. „Wer von euch die Brücke passieren will, mag dies jetzt tun!“, rief er. „Niemand wird es wagen, euch aufzuhalten, wenn ihr in meinem Gefolge geht!“

      Die Flüchtlinge schauten Thondaril ungläubig an. „Ein Ordensmeister!“, stellte ein alter Mann ergriffen fest. „Wir können ihm vertrauen!“

      „Dann wird man den Zoll auf der anderen Seite fordern!“, glaubte eine Frau in Lumpen, die ein Kind auf dem Arm trug.

      „Niemand wird Zoll von euch verlangen – weder auf dieser noch auf der anderen Seite!“

      Hauptmann Javlov war Thondaril und Gorian gefolgt, der noch immer hinter dem Ordensmeister im Sattel saß. Zudem eilten noch ein paar weitere Landsknechte herbei, die Hände an den Griffen ihrer Schwerter.

      „Das könnt Ihr nicht tun, ehrwürdiger Meister!“, rief Javlov.

      Thondaril drehte sich im Sattel um, seine Augen wurden vollkommen schwarz, und er rief: „Ich würde niemandem raten, sich einem Meister der Alten Kraft entgegenzustellen!“

      Der Hauptmann wollte etwas erwidern, aber es kam kein Wort mehr über seine Lippen. Sein Blick wurde starr und wie gebannt, als Thondaril die Hand hob. In der Handfläche bildete sich ein Lichtpunkt, der rasch größer wurde und die gesamte Handinnenfläche einnahm. Er wurde immer heller, immer blendender. Auch Javlovs Männer standen plötzlich in dem Bann dieses magischen Lichts.

      „Ihr werdet diese Menschen ziehen lassen und euch nicht daran erinnern!“, gebot Thondaril und murmelte dann einige Worte in alt-nemorischer Sprache.

      Er war ein wahrer Meister der Magie, der seinen zweiten Ring wohl zurecht trug, erkannte Gorian.

      „Die Seelen dieser Männer sind schwach und lassen sich leicht beeinflussen“, raunte Thondaril ihm zu. „Schon aus diesem Grund wäre keiner von ihnen in der Lage, Morygors Schergen zu widerstehen, und so kann man nur hoffen, dass die Frostkrieger diesen Posten niemals erreichen.“

      Danach wandte er sich mit deutlich lauterer Stimme an die Flüchtlinge: „Wartet nicht länger, sondern folgt mir über die Brücke!“

      ––––––––

      Die Flüchtlinge folgten Thondarils Streitross, und am Estrigger Ufer wagte es niemand, sich ihnen entgegenzustellen oder auch nur eine Frage an den Ordensmeister zu richten.

      So zogen sie weiter zum Flusshafen, der sich rechts und links des Brückenendes am Ufer entlangzog. Zahllose, zu einem Großteil auch hochseetüchtige Schiffe lagen an den Kais. Von den Küstenstädten fuhren größere Schiffe den Seg bis Segantia hinauf, wo die Waren dann häufig auf kleinere Schiffe umgeladen wurde, damit man sie weiter flussaufwärts bis in die Berge von Nomrigge bringen konnte.

      Schließlich erreichte Thondarils Zug das zum Hafen ausgerichtete östliche Haupttor der Stadt. In den Straßen von Segantia löste sich sein Lumpengefolge dann allmählich auf. Die Stadt war recht verwinkelt und wurde von zahlreichen Mauern in unterschiedlich große Viertel unterteilt, dennoch hatte Gorian den Eindruck, dass sich der Ordensmeister bestens zurechtfand und genau wusste, wohin er wollte.

      „Heute lohnt die Weiterreise nicht mehr“, meinte er. „Wir werden hier in Segantia in einer Herberge übernachten, deren Wirt ich gut kenne.“

      „Vielleicht erfahren wir dort ja auch ein paar Neuigkeiten zur Lage in Thisilien“, sagte Gorian.

      Thondaril wandte ihm das Gesicht zu und zeigte ihm ein leicht spöttisches Lächeln. „Ja, vielleicht. Aber in der Regel verlasse ich mich lieber auf meine eigenen Quellen.“

      „Magische Quellen?“, hakte Gorian nach.

      „Du bist neugierig.“

      „Nein, wissbegierig.“

      „Zwei Seiten ein- und derselben Medaille, wie ich annehmen möchte. Jedenfalls ist es nicht die schlechteste Eigenschaft eines Schülers.“

      „Ich will alles erfahren, was nötig ist“, erklärte Gorian. „Und zumindest das Wissen eines Magiemeisters und was mir zum vollendeten Schwertmeister noch fehlt, kann ich sicher von Euch lernen.“

      „Dann bleiben nur noch drei Meisterringe, die du erwerben musst, wenn wir die Ordensburg erreichen“, spottete Thondaril und lachte schallend. „Dein Eifer in allen Ehren, aber um diese Künste zu erlernen, braucht man Zeit. Und an dieser Erkenntnis wirst auch du nicht herumkommen.“

      „Ich fürchte nur, dass Morygor es nicht zulässt, dass ich mir allzu viel Zeit damit lasse. Er wird uns nicht mehr Generationen lang vor uns hinleben lassen, als wäre da nichts, was uns bedroht und die Welt in eine eisige Schneewüste verwandeln will.“ Gorian deutete zum Himmel, wo die Sonne gerade zwischen den Wolken hindurchstrahlte. Der dunkle Fleck, der sie zum Teil verdeckte, war unübersehbar. „Wenn sich der Schattenbringer noch weiter vor die Sonnenscheibe schiebt, wird nichts mehr so sein, wie wir es kennen. Selbst wenn Morygor besiegt wird, könnte es dann zu spät sein, um die Verdunkelung der Sonne rückgängig zu machen oder wenigstens aufzuhalten.“

      „Bevor du dich in Prophetie übst, solltest du dich vielleicht tatsächlich erst mal um den Ring eines Sehers bemühen.“

      „Um vorauszusehen, was ich gerade gesagt habe, braucht man weder Magie noch die Sinne oder die Ausbildung eines Sehers“, war Gorian überzeugt. „Dafür reicht ein klarer Verstand.“

      „Der Verstand eines Jungen aus der thisilischen Provinz, der an Bildung kaum mehr genossen hat als die mitunter etwas eigenwilligen Auffassungen seines Vaters?“

      „Er hat es nicht verdient, dass Ihr sein Ansehen in den Schmutz zieht, Meister Thondaril!“, sagte Gorian mit einem harten Unterton in der Stimme, der dem Ordensmeister klarmachte, dass er gerade eine Grenze überschritten hatte, die gegenüber Gorian nicht in Frage gestellt werden durfte.

      „Das lag nicht in meiner Absicht“, stellte er daher klar. „Aber bei allem Respekt gegenüber deinem Vater solltest du vielleicht doch auch in Erwägung ziehen, dass er sich in manchem schlichtweg geirrt haben könnte.“

      ––––––––

      Daraufhin schwiegen sie eine ganze Weile, während sie auf dem Rücken des Streitrosses die Straßen entlangritten. Überall herrschten lebendiger Handel und Gewerbe. Segantia glich einem einzigen großen Markt. Lauthals wurden Waren aller Art angepriesen, Gaukler führten ihre Kunststücke auf, Musikanten präsentierten ihr Können und erwarteten dafür von den vorbeigehenden Passanten ein paar Kupfermünzen als Anerkennung ihres