Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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der Alten Kraft vermochte er nichts wahrzunehmen, was ihm eine Bedrohung offenbart hätte.

      „Es ist deine innere Unruhe, die dich nicht schlafen lässt“, vermutete Thondaril, als er bemerkte, dass Gorian abermals erwacht war und lauschte.

      „Vielleicht habt Ihr recht“, murrte Gorian.

      „Du hast vieles erlebt. Manchmal zerbrechen Seelen an dem, was ihnen widerfährt, und müssen neu zusammengefügt werden. Es wäre durchaus nicht verwunderlich, wäre dies bei dir der Fall.“

      „Nein“, widersprach Gorian, während er immer noch den Blick suchend durch das Dunkel des sie umgebenden Waldes schweifen ließ. „Ich glaube nicht, dass dies auf mich zutrifft.“

      „Der Irrglaube, in jeder Hinsicht etwas Besonderes zu sein, scheint in dir noch fester verwurzelt, als ich bisher befürchtet habe.“

      „Es gibt fünf Häuser im Orden der Alten Kraft ...“

      „Das ist richtig.“

      „Das Haus des Schwertes, der Magie, der Schatten, der Heiler und der Seher ...“

      „Wenn du dem Orden als Schüler beitrittst, wirst du dich für eines dieser Häuser entscheiden müssen“, stellte Thondaril klar.

      „Ihr tragt die Meisterringe gleich zweier Häuser.“

      „Das ist eine Ausnahme.“

      „Wäre es nicht auch möglich, die Prüfungen aller fünf Häuser zu bestehen?“

      „Das hat bisher niemand geschafft.“

      „Hat es bisher denn jemand versucht?“

      Thondaril runzelte die Stirn. „Nein, soviel ich weiß, nicht.“

      „Dann werde ich der Erste sein“, kündigte Gorian an.

      „Wenn du das vor den Oberen des Ordens vorbringst, wird man dich für einen Narren halten, der unter erheblicher Selbstüberschätzung oder gar Größenwahn leidet, und das Angebot, dich als Schüler aufzunehmen, wieder zurückziehen“, gab Thondaril mit einem fast schon galligen Unterton zurück. „Demut gegenüber den Kräften des Polyversums ist eine der Haupttugenden, welche die Axiome des Ordens lehren. Du solltest sie lesen.“

      „Das habe ich. Und zwar nicht nur einmal.“

      „Dann scheint dir der Sinn eines Großteils der Axiome aber nicht wirklich bewusst geworden zu sein. Nun, das kann man ja vielleicht noch nachholen. Zumindest entnehme ich deinen Äußerungen, dass du noch in Erwägung ziehst, ein Ordensschüler zu werden, und angesichts deiner etwas eigenwilligen Gedankengänge muss man darin schon einen erheblichen Fortschritt in deiner persönlichen Reifung sehen.“

      „Aber das ist mit einer Bedingung verknüpft“, beharrte Gorian. „Wenn ich für den Moment gerüstet sein soll, da ich Morygor gegenübertrete, werde ich das Wissen aller fünf Häuser benötigen.“

      Thondaril seufzte. „Schlaf jetzt, du fünffacher Meister ohne Ausbildung aus den Häusern des Protzes, der Selbstüberschätzung, des Leichtsinns, der Überheblichkeit und der Selbstgefälligkeit.“

      „Ist es denn so falsch, was ich sage? Was habt Ihr, der Ihr doch immerhin Meister von zwei Häusern seid, gegen Morygor bisher ausrichten können? Nichts, was man am Stand des Schattenbringers ablesen könnte!“

      Thondaril, der wohl gehofft hatte, dass Gorian endlich Ruhe gab und er selbst seinen ohnehin sehr leichten Schlaf fortsetzen konnte, setzte sich wieder ruckartig auf. Das fahle Mondlicht schien in sein Gesicht, und die Schatten zeichneten die harten Linien seiner Züge nach. „Ich hoffe, du wirst deine Ansichten noch rechtzeitig der Realität anpassen.“

      „Warum sollte es für mich, der Morygor in die Schranken weisen soll, Grenzen des Wissens und der Erkenntnis geben?“, entgegnete Gorian. „Ich jedenfalls werde solche Grenzen so lange nicht akzeptieren, bis sie sich nicht tatsächlich als unüberwindlich erwiesen haben.“

      „Du wirst vielleicht schneller an diese Grenzen stoßen, als dir lieb ist“, murmelte Thondaril.

      Auf einmal schnellte der zweifache Meister hoch, griff gleichzeitig nach dem Schwert, das er auch während des Schlafs immer in Griffweite hatte, und die Klinge wirbelte blitzartig durch die Luft, das Mondlicht spiegelte sich in dem blanken Stahl, dann verharrte Thondaril reglos.

      Augenblicke vergingen, in denen er sich nicht bewegte. Schließlich entspannte sich seine Körperhaltung. „Sag mal, Gorian - folgt dir zufällig jemand?“

      „Ich ...“

      Thondaril drehte sich herum, riss einen Dolch aus dem Gürtel, schleuderte ihn mit einem Kraftschrei auf ähnliche Weise, wie Gorian es von seinem Vater gelernt hatte, und stürzte dann hinterher, den Schwertgriff in beiden Händen.

      Der Dolch fuhr in einen Strauch. Etwas bewegte sich dort, und Gorian nahm einen Gedanken wahr. Keine ausformulierte Botschaft, auch kein Bild, sondern lediglich ein Gefühl, das Gorian auch nur teilweise zu deuten vermochte.

      Wut war darin.

      Und Hass.

      Aber auch noch etwas anderes, was nicht so eindeutig zu definieren war.

      Ein Schatten sprang durch die Nacht. Etwas Dunkles schwebte blitzartig empor und wurde von der Nacht vollkommen verschluckt.

      Meister Thondaril streckte seine Linke aus. Im Licht des Mondes war zu sehen, dass sich seine Augen vollkommen mit Schwärze gefüllt hatten.

      Der Dolch kehrte in seine Hand zurück.

      „Es ist weg“, stellte er fest. Er drehte sich zu Gorian um. „Was war das?“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Es ist dir gefolgt. Das war an seinen Gedanken – oder was immer ich da auch wahrnehmen konnte – deutlich zu erkennen. Mag sein, dass du dieses Wesen nicht kennst, aber umgekehrt kennt es dich sehr wohl.“

      Gorian schluckte.

      „Ar-Don!“, flüsterte er, und plötzlich war er sich sicher.

      „Wer ist das?“

      „Der Gargoyle, der mich zu töten versuchte - und der mir im Tempel der Alten Götter das Leben gerettet hat.“

      „Erzähl mir von ihm“, forderte Thondaril. „Und zwar alles.“

      ––––––––

      Am nächsten Morgen brachen sie in aller Frühe auf. Gorian schlief tief und fest wie ein Stein, und Thondaril weckte ihn ziemlich grob. „Na los, hoch mit dir! Wer die Welt von den Frostgöttern befreien will, sollte wenigstens früh aufstehen und nicht mitten im Sommer in einen Winterschlaf fallen, nur weil er mal ein bisschen wenig Schlaf abbekommen hat!“

      „Ja, weil Ihr mich die halbe Nacht hindurch mit der Hartnäckigkeit eines Inquisitors nach diesem Gargoyle befragt habt!“, beschwerte sich Gorian.

      Alles hatte Thondaril wissen wollen, angefangen von den Schwertern Schattenstich und Sternenklinge, die Nhorich geschmiedet hatte, bis hin zu den Geschehnissen am Tempel der Alten Götter, wo Ar-Don schließlich den Frostgott Frogyrr vernichtet hatte.

      „Was auch immer dir dieses Wesen eingeflüstert hat“, sagte Thondaril, „es ist böse, und du solltest dich vor ihm in acht nehmen!“

      „Ach, und was kann man da machen?“

      „Ich habe dich mit einem Zauber belegt, der das Biest von dir fernhalten sollte. Wenn es dir doch noch mal begegnet,