Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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von dir fernhalten sollte. Ich habe ihm damals geantwortet, dass der Tag kommen wird, da du alt genug bist, deine eigene Entscheidung zu fällen. Dann, so habe ich deinem Vater angekündigt, würde ich zurückkehren, um dir die Aufnahme als Ordensschüler anzubieten.“

      „Und was hat mein Vater daraufhin geantwortet?“, verlangte Gorian zu wissen.

      „Er hat es akzeptiert, aber ich will ehrlich sein: Der Gedanke, dass sein Sohn eines Tages dem Orden beitreten könnte, hat ihm nicht gefallen.“

      Gorian atmete tief durch. „Ich will Euch gegenüber auch offen sein: Bis zu dem Tag, als die Frostkrieger in der Thisilischen Bucht auftauchten, war es mein größter Wunsch, Mitglied des Ordens und ein Schwertmeister zu werden, um Morygor von seinem frostigen Thron zu stürzen ...“

      „Und jetzt ist es das nicht mehr?“

      „Der Tod meines Vaters und all das, was dann geschehen ist ...“ Gorian konnte zunächst nicht weitersprechen. Ein dicker Kloß steckte ihm auf einmal im Hals. „Es hat sich vieles verändert“, fuhr er dann mit belegter Stimme fort. „Eigentlich alles ...“

      Einige Augenblicke herrschte Schweigen, ehe Thondaril wieder das Wort ergriff. „Ich war bei Eurem Hof und habe gesehen, was dort geschehen ist. Überall traf ich auf Frostkrieger, die auf der Suche nach ...“ Er sprach aus irgendeinem Grund nicht weiter.

      „Sie sind auf der Suche nach mir“, schloss Gorian für ihn den Satz. „Sie wollen mich töten.“

      „Hat dein Vater dir das gesagt?“

      „Ja.“

      „Was hat er dir noch gesagt?“

      „Dass Morygor in mir eine Gefahr sieht, weil meine Schicksalslinie dereinst die seine kreuzen wird und ich seiner Schreckensherrschaft beenden könnte. Hätte er sonst zum zweiten Mal versucht, mich zu töten?“

      Auf Thondarils Stirn bildete sich eine tiefe Furche. „Es gab bereits einen Angriff?“

      „Ja.“

      „Wann?“

      „Vor sechs Jahren.“

      „Erzähl mir davon.“

      In knappen Worten fasste Gorian das Geschehen zusammen. Er berichtete vom Auftauchen der Schattenreiter, vom Angriff des Gargoyle. „Mein Vater sagte, der Grund eines solchen Angriffs könnte nur darin bestehen, dass Morygor in mir seine Existenz gefährdet sieht oder befürchtet, ich könne seine Pläne zunichte machen, wenn ich weiterlebe.“

      Thondaril verengte die Augen zu Schlitzen, während er den Jungen musterte. „Dann war es umso verantwortungsloser, dir keine Ordensausbildung zuteil werden zu lassen.“

      „Aber ist dieser Orden nicht lange schon mit Verrätern durchsetzt? Und hat er sich nicht tatsächlich dazu hergegeben, das Haus Laramont an die Macht zu bringen und dort zu halten, obwohl das der Verfassung des Reiches widerspricht?“

      Thondaril nickte. „Ja, das stimmt. Und doch gibt es keine Alternative zum Orden, wenn es darum geht, das Böse zu bekämpfen, das uns droht und dessen Auswirkungen wir seit mehreren Generationen jeden Tag am Himmel sehen, wenn wir zur Sonne blicken. Verräter und Verderbtheit gibt es auch in der Priesterschaft des Verborgenen Gottes oder unter den Rittern der Herzöge und des Kaisers. Wie auch immer, was dein Vater tat, ist keine Lösung.“

      „Ich weiß nicht ...“

      „Nhorich versuchte, einen Ort zu schaffen, an dem er unangreifbar ist.“

      „Aber einen solchen Ort gibt es nicht?“

      „Du hast es doch selbst erlebt.“

      „Glaubt Ihr, es wäre dem Orden möglich, Morygor aufzuhalten?“

      „Ich glaube, dass zumindest ein hinhaltender Widerstand möglich ist, der uns allen ein paar zusätzliche Jahre, vielleicht Jahrzehnte bringen kann. Möglicherweise gelingt es uns sogar, zwei oder drei Generationen Gegenwehr zu leisten.“

      „Aber eine Hoffnung, Morygor endgültig zu besiegen, seht Ihr nicht?“, wunderte sich Gorian. Dass ein zweifacher Meister des Ordens so wenig Optimismus in sich trug, überraschte ihn. Wer, wenn nicht die Schwertmeister des Ordens, sollte noch daran glauben, dass man die Bedrohung abwenden und nicht nur aufhalten konnte?

      „Wir sollten uns nicht zu großen Hoffnungen hingeben“, meinte Thondaril. „An der Enttäuschung könnten sonst unsere Seelen zerbrechen.“

      „Ich habe mir vorgenommen, Morygor gegenüberzutreten und ihn zu besiegen“, erklärte Gorian mit überraschend fester Stimme.

      „Ein ehrgeiziges Ziel.“

      „Wenn selbst Morygor dies für möglich hält, warum sollte dann nicht auch ich daran glauben?“

      „Kannst du dir dessen sicher sein?“, fragte Thondaril ruhig. „Weißt du wirklich, was in Morygors Kopf vorgeht - oder in jenem Teil seines veränderten Körpers, in welchem inzwischen seine Gedanken wohnen? Du kennst letztlich nur die Einschätzung deines Vaters darüber.“

      „Die aber von anderen geteilt wird“, stellte Gorian fest. Der Klang seiner Stimme drückte dabei eine Sicherheit und Gewissheit aus, die ihn im ersten Moment selbst überraschte. Der zweifache Ordensmeister hatte ihn vorhin nicht die volle Wahrheit über den Grund für seinen ersten Besuch auf Nhorichs Hof gesagt, aber nun würde er ihm diesen verraten, davon war er überzeugt.

      Thondarils Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wie meinst du das?“, fragte er.

      „Ich glaube, das wisst Ihr sehr genau, Meister Thondaril. Das Zeichen des Himmels, unter dem ich geboren wurde, hat man sicherlich auch auf der Ordensburg gesehen und entsprechend beurteilt, und daher galt Euer erster Besuch nicht nur der Vergangenheit, die Euch mit meinem Vater verband, sondern auch der Zukunft - mir.“

      „Du bist sehr überzeugt von dir, Bürschchen“, sagte Thondaril mit einem leicht abschätzigen Unterton. „Vielleicht sogar etwas zu sehr.“

      „Stimmt es, was ich vermute?“, fragte Gorian davon unbeeindruckt.

      „Du solltest dir nicht zu viel einbilden, Gorian. Auch andere wurden unter diesem Zeichen geboren, zur selben Stunde und vielleicht sogar im selben Augenblick. Ob du wirklich derjenige bist, dessen Schicksalslinie die von Morygor auf eine Weise kreuzt, dass es seine Herrschaft zu beenden vermag, ist längst nicht gewiss. Du wirst erst beweisen müssen, was in dir steckt. Selbst die günstigsten Zeichen der Geburt bedeuten noch lange nicht, dass man sein Ziel erreicht.“

      Gorian beharrte auf einer klaren Beantwortung seiner Frage. „Ihr wart meinetwegen auf Nhorichs Hof!“

      „Ich war dort, weil der Orden mich schickte. Wir wussten, dass ein wichtiger Zeitpunkt bevorsteht, dass sich in den Gestirnen etwas verändert und dass sich die metamagischen Kräfte des Polyversums an bestimmten Orten in einer Weise konzentrierten, die zu Hoffnung berechtigten. Leider muss ich gestehen, dass die Kenntnisse unserer Magiemeister hinsichtlich dieser Dinge nicht einmal ansatzweise an das Wissen heranreichen, über das Morygor verfügt, und so sind wir ihm gegenüber immer wie Blinde.“

      „Das Zeichen, unter dem ich geboren bin, ist aber doch eindeutig.“

      „Wie gesagt, du bist nicht der Einzige, der zu diesem Zeitpunkt das Licht der Welt erblickte – und auch nicht der Einzige, dessen Geburt von den Magiemeistern des Ordens vorausberechnet wurde und dessen Lebensweg wir deshalb sehr genau beobachten. Dein Hang zum Leichtsinn könnte den deinen allerdings sehr verkürzen.“

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