Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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      „Dann brauchen wir also nicht erst durch ganz Estrigge und das Estlinger Land zu reiten, um zur Ordensburg zu gelangen!“, sagte Gorian aufgeregt.

      „Deine Entscheidung steht demnach fest, und du wirst dich dem Orden anschließen?“, fragte Thondaril. „Auch wenn du damit dem Willen deines Vaters zuwider handelst?“

      „Ich muss meine eigenen Entscheidungen treffen.“

      „Richtig. Aber Centros Bal wird uns nicht umsonst mitnehmen, und auch wenn die Mitnahme meines Steitrosses den Großteil der Summe ausmacht, kostet auch dein Gewicht. Also überleg es dir nicht wieder anders, sobald wir auf Gontland gelandet sind.“

      Gorian nickte. „Meine Entscheidung steht fest.“

      „Gut“, murmelte Thondaril.

      „Aber meine Bedingung auch: Ich will die Ausbildung in allen fünf Häusern beginnen!“

      „Das kann ich dir nicht versprechen, Gorian. Ich bin weder ein Oberer noch gar der Hochmeister persönlich. Aber ich gehöre dem Entscheidungskonvent an und werde dein Anliegen vorbringen. Das ist alles, was ich in dieser Sache für dich tun kann.“

      Gorian zögerte. „Und Ihr würdet das vor dem Entscheidungskonvent auch befürworten, obwohl Ihr es doch eigentlich für einen Ausdruck von Vermessenheit und Größenwahn haltet, was ich verlange?“

      Thondaril lächelte. „Du wurdest unter einem besonderen Zeichen geboren, Gorian. Und ich will nicht daran Schuld sein, dass dem Orden ein so überaus großes Talent entgeht, wie du es bist.“

      Gorian atmete tief durch. Mehr, so schien es, konnte er nicht herausholen.

      Kapitel 15: Begleiter

      Ein wirrer Traum suchte Gorian in dieser Nacht heim. Ar-Don sprach zu ihm, aber Gorian konnte die Gedankenstimme des Gargoyle diesmal nicht verstehen, sie war zu undeutlich. Ein Schwall chaotischer Bilder drang in seine Seele. Meister Domrich kam darin vor, aber da war auch eine fremde Erinnerung, und zwar an jenen Moment, als Ar-Don zum ersten Mal versucht hatte, Gorian zu töten. Er sah sich selbst als zehnjährigen Jungen, allerdings aus der Perspektive des Angreifers.

      Und dann fühlte er plötzlich einen ungeheuren Druck auf der Brust, so als wäre dort ein sehr schweres Gewicht abgelegt worden.

      Ein Stein!, durchfuhr es ihn.

      Er konnte kaum atmen, rang verzweifelt nach Luft ...

      ... und öffnete die Augen!

      Auf seiner Brust saß ein katzengroßer steinerner Drache, der aus seinem Inneren heraus rötlich leuchtete, so als würde er glühen.

      Ar-Don!

      Obwohl sich das Äußere des Gargoyle seit ihrer letzten Begegnung stark verändert hatte, war sich Gorian vollkommen sicher, dass er es war. Die Flügel hatten zwar ebenso eine andere Form angenommen wie der Kopf und vor allem das Drachengesicht des steinernen Wesens. Die Flügel waren größer geworden und hatten fast etwas Vogelartiges, nur dass sie keine Federn hatten, sondern vollkommen aus Stein waren. Und in den Gesichtszügen dominierten nun die echsenhaften, tierischen Elemente. Da war nicht einmal der Hauch einer Ähnlichkeit mit dem Gesicht von Meister Domrich.

      Das Wesen öffnete das Maul, entblößte die Zähne und stieß ein durchdringendes Fauchen aus. Der Atem, der Gorian ins Gesicht blies, roch nach Schwefel und war fast betäubend. Die zwei Vorderpranken des kleinen Steindrachen wuchsen an, und Krallen drangen aus den sich verlängernden Fingern hervor, die an Obsidian-Klingen erinnerten, während die Pranken den Händen der weißen Sprechaffen ähnelten.

      Blitzschnell griffen sie nach Gorians Hals, zuckten vor, während das Wesen gleichzeitig seine Färbung veränderte und innerhalb eines Augenaufschlags giftgrün wurde.

      Gorian war wie gelähmt.

      Etwas schnellte durch die Luft. Gorian konnte im Halbdunkel des Raums, der vom Mondschein, der durch das Fenster sickerte, und den Lichtern der Stadt schwach erhellt wurde, nur eine Bewegung wahrnehmen. Das Fauchen des Gargoyle verwandelte sich in einen schrillen schmerzvollen Laut und vermischte sich mit dem Kraftschrei eines Ordensmeisters.

      Eine Klinge drang durch den Stein und ließ ihn in drei Teile zerspringen.

      Thondaril stand als dunkler Schemen da, den Schwertgriff mit beiden Händen umfasst. Die Teile des Gargoyle lagen auf dem Boden, leuchteten grell auf und fügten sich noch einmal zusammen, aber ehe dieser Vorgang abgeschlossen war, hieb Thondaril noch einmal zu und murmelte dabei eine Formel in alt-nemorischer Sprache.

      „Nein!“, rief Gorian, so heftig, dass es fast schon einem Kraftschrei gleichkam. Er schnellte hoch. Thondaril hatte das Schwert zum Schlag erhoben, hielt aber inne, als sich Gorian vor ihn warf.

      Die abermals zerschlagenen Teile des Gargoyle fügten sich erneut zusammen. Das Wesen, das daraus entstand, wirkte missgestaltet und manche Teile grotesk verzerrt: Ein Flügel war groß, der andere winzig, der Kopf war im Verhältnis zum Restkörper völlig überdimensioniert, während die Beine kleinen Stummeln glichen und sich das Wesen zudem nicht entscheiden konnte, wie viele und an welchen Körperpartien sie ihm hervorwachsen sollten, sodass sich dies dauernd änderte.

      „Ar-Don ...“, erreichte Gorian ein Gedanke, dessen vollständige Bedeutung ihm unklar blieb. Er hätte nicht einmal zu sagen gewusst, ob darin Feindseligkeit mitschwang oder nicht. Der Gedanke, der ihn erreichte, war einfach nur furchtbar fremdartig und damit so verwirrend wie ein Zeichen einer Schrift, die man nicht beherrschte.

      Thondaril stieß ihn zur Seite. Gorian landete auf seinem Bett, während die Klinge des zweifachen Ordensmeisters noch einmal durch die Luft wischte. Aber der Gargoyle war inzwischen durch das Fenster davongestoben, wobei er beide Flügel stark vergrößert hatte. Für einen Moment hoben sich seine dunklen, steinernen Schwingen noch gegen das fahle Licht des Mondes ab. Dann war Ar-Don in der Finsternis des Nachthimmels verschwunden.

      „Warum hast du dieser Missgeburt geholfen?“, rief Thondaril zornig, und die ganze Strenge eines Meisters lag in diesen Worten. Er schien