1910 gründete Baekeland eine Produktionsfirma. Drei Jahre später verkaufte er 315 Tonnen Bakelit, 1922 waren es bereits fast 4000 Tonnen. Er erhielt mehrere hundert Patente und musste viel Zeit aufwenden, um diese gegen unbefugte Nachahmer zu verteidigen. Bei seinen Erfindungen kam Baekeland seine experimentierfreudige, alles in Frage stellende Haltung zugute. Seine frühe Beschäftigung mit Fotochemikalien schulte seine Fähigkeit, viele Variablen systematisch zu testen, er dachte aber auch über das Laboratorium hinaus in Dimensionen der Massenproduktion. Baekeland korrespondierte mit vielen Innovatoren seiner Zeit, darunter mit Thomas Edison, Henry Ford, den Brüdern Wright und Alexander Bell, dem Miterfinder des Telefons. 1926 liefen seine ersten Patente aus. Nun kamen neue Substanzen auf den Markt, aber viele Konsumenten blieben dennoch beim vertrauten Bakelit. Baekelands Sohn George verzichtete darauf, seine Nachfolge anzutreten. Daher verkaufte er 1939 seine Firma um 16,5 Millionen Dollar an das Unternehmen Union Carbide. Dieses existiert bis heute und erzeugt gelegentlich noch Bakelit für Topfgriffe, Klarinetten-Mundstücke und Modeschmuck.
Seine letzten Jahre verbrachte Baekeland in Florida mit Segeln und gelegentlichen schriftlichen Arbeiten. Zahlreiche Vereine und Institutionen bedachten ihn mit Ehrungen, darunter die Amerikanische Chemische Gesellschaft und das renommierte Franklin-Institut in Philadelphia. Er erlebte noch die Entwicklung weiterer Kunststoffe mit bekannten Namen wie Viskose, Nylon, Polyvinylchlorid (PVC) und Teflon, mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in Haushalten und Betrieben ebenso wie beim Militär.
Carl Benz (1844-1929)
Benz wurde im badischen Karlsruhe geboren. Seine Eltern heirateten aufgrund bürokratischer Probleme wegen der französischen Herkunft seiner Mutter Josephine Vaillant erst nach seiner Geburt. Der Vater Johann Georg war Schmied und später Lokomotivführer. Bei dieser Tätigkeit zog er sich 1846 eine tödliche Lungenentzündung zu. Die Mutter ermöglichte ihrem Sohn trotz bescheidener Mittel eine gute Ausbildung: Er besuchte das Lyzeum, versuchte sich an chemischen Experimenten und baute optische Apparate. Mit Fotografien und der Reparatur von Uhren verdiente er sein erstes Geld. Die Ferien verbrachte er teilweise bei einem Onkel, der als Schmied in Pfaffenrot im nördlichen Schwarzwald tätig war. Von 1860 bis 1864 besuchte Benz den Mathematik-Unterricht und die Maschinenbauschule am Polytechnikum in Karlsruhe. Seine erste Praxis absolvierte er in der dortigen Maschinenbau-Gesellschaft, welche u.a. Lokomotiven baute. Von 1866 bis 1868 arbeitete er als Zeichner und Konstrukteur in einer Waagenfabrik in Mannheim und wechselte anschließend zu den Gebrüdern Benckiser, die Eisenwerke und eine Maschinenfabrik in Pforzheim besaßen.
1870 starb Benz’ Mutter. Im Jahr darauf machte er sich selbstständig, indem er mit August Ritter eine mechanische Werkstätte gründete. Er zahlte diesen alsbald mit der Mitgift seiner Verlobten Bertha Ringer aus. 1872 heiratete er Bertha. Die beiden hatten zwei Söhne und drei Töchter. Im Zuge einer Wirtschaftskrise wurde 1877 ein großer Teil seines Besitzes gepfändet. Benz machte sich nun auf die Suche nach einer, wie er hoffte, zukunftsträchtigen Konstruktion und entwickelte einen Motor für den stationären Betrieb, der um die Jahreswende 1879/80 erstmals zufriedenstellend funktionierte. Benz ließ diesen in Frankreich und England patentieren und suchte einen Investor für die Produktion. Nach einer kurzen Zusammenarbeit mit dem Hoffotografen Emil Bühler gründete er 1883 mit dem Kaufmann Max Kaspar Rose und dem Handelsvertreter Friedrich Wilhelm Eßlinger die OHG Benz & Co., Rheinische Gasmotorenfabrik. Zunächst wurden jährlich vierzig Zweitaktmotoren erzeugt.
Benz machte sich nun daran, einen selbstfahrenden Motorwagen zu konstruieren. Dafür benötigte er einen kompakten, leichten und schnell laufenden Motor sowie ein geeignetes Fahrgestell. Er entwickelte eine Dreiradkonstruktion mit einem Viertaktmotor in der Mitte, der bei einer Leistung von 0,75 PS 400 Umdrehungen in der Minute sowie eine Geschwindigkeit von 16 Stundenkilometern erreichte. Das Gefährt glich mehr einem Fahrrad als einer Kutsche, und in der Tat erwarb der begeisterte Radfahrer Benz Teile des Fahrgestells und Räder von Fahrradfabriken. Als 1886 Nikolaus August Ottos Patent auf Viertaktmotoren fiel, meldete Benz sein »Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb« zum Patent an. Als Kraftstoff verwendete er das leicht siedende Ligroin, das damals in Apotheken als Reinigungsmittel und Fleckentferner angeboten wurde. Im Juni 1886 unternahm Benz eine erste Probefahrt auf der Mannheimer Ringstraße. Da im gleichen Jahr erstmals Gottlieb Daimler einen Viertaktmotor in einen vierrädrigen Wagen einbaute, gilt 1886 als das Geburtsjahr des Automobils. Für Daimler und seinen Compagnon Wilhelm Maybach stellte eine solche Konstruktion jedoch nur eine von mehreren Anwendungsmöglichkeiten für ihren Universalmotor dar, während Benz bereits Motor, Fahrgestell und Antrieb sorgfältig miteinander in Beziehung setzte und sich damit auf die eigentliche Fahrzeugtechnik konzentrierte. In den folgenden Jahren verkaufte er aber durchschnittlich lediglich acht solcher Automobile. Um das Selbstvertrauen ihres Mannes zu heben und seine Neuerung in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, unternahm daher angeblich Bertha Benz mit ihren minderjährigen Söhnen Eugen und Richard ohne sein Wissen eine Automobil-Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim. Unterwegs erwarben sie den nötigen Treibstoff bei Apothekern, und Bertha Benz kratzte die verstopfte Benzinleitung mit einer Hutnadel frei. Diese berühmte Geschichte ist allerdings nur in Benz’ Lebenserinnerungen belegt.
1890 fand Benz neue Teilhaber mit internationalem Horizont, nämlich den Exportkaufmann Friedrich von Fischer und den Handelsvertreter Julius Ganß. Vor allem Letzterer trieb ihn zu Produktionssteigerungen an. Bisher hatte Benz dreirädrige Fahrzeuge konstruiert, die relativ leicht zu lenken waren. Um auch Automobile mit vier Rädern zufriedenstellend steuern zu können, entwickelte er eine neuartige Achsschenkellenkung, die er sich 1893 patentieren ließ. Während bei Kutschen die Lenkung gewöhnlich durch das Schwenken der starren Vorderachse erfolgte, ermöglichte diese Erfindung die Drehung der Vorderräder ohne Bewegung der Achse. Dies erhöhte Stabilität und Lenkbarkeit der Fahrzeuge wesentlich. Im gleichen Jahr wurde der erste Vierradwagen »Victoria« mit der neuen Lenkung ausgerüstet. Er erreichte 40 Stundenkilometer.
1894 unternahm der österreichische Textilfabrikant Theodor Freiherr von Liebieg aus dem böhmischen Reichenberg mit einem solchen Gefährt die erste Automobil-Fernfahrt, die ihn durch drei Länder führte. Im gleichen Jahr stieg die Zahl der verkauften Wagen auf immerhin 67 Stück, 1899 auf 572. In diesem Jahr wurde das Unternehmen in Benz & Co. Rheinische Gasmotoren AG umbenannt: Bis dahin waren über 2300 Fahrzeuge produziert worden, und die Anzahl der Beschäftigten war auf 400 angestiegen. Bisher hatte das Unternehmen vorwiegend stationäre Motoren erzeugt und stand darin in Deutschland an zweiter Stelle hinter Otto & Langen in Köln-Deutz. Nun stagnierte aber die Nachfrage nach diesen Produkten, dafür gewann der Fahrzeugbau an Bedeutung. Benz hatte das Unternehmen bislang patriarchalisch wie eine traditionelle mechanische Werkstätte geführt; über die neue Ausrichtung geriet er in Streit mit anderen Gesellschaftern. Daraufhin zog er sich 1903 zurück und übersiedelte ins Städtchen Ladenburg bei Mannheim, wo er 1906 die Firma Carl Benz Söhne gründete und mit seinen Söhnen Eugen und Richard Automobile erzeugte. Bereits ab 1904 gehörte er aber wieder dem Aufsichtsrat seines alten Unternehmens an. In den folgenden Jahren verlangten die Kunden zunehmend schnelle Autos, die nicht mehr Kutschen ähnelten; Benz stieg daher ins Renngeschäft ein. 1909 ging im Mannheimer Stadtteil Luzenberg eine neue Fabrikanlage in Betrieb. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma rund 5000 Automobile abgesetzt, allein bis 1914 kamen weitere 9373 Fahrzeuge dazu, wobei ein Drittel dieser Wagen nach Frankreich ging. 1914/15 zählte das Unternehmen 6500 Beschäftigte und damit ein Sechstel der Arbeiter in der deutschen Autoindustrie.
Benz & Co. beschränkte sich nicht auf die Erzeugung von Personenwagen. 1895 verkehrten erstmals zwei Omnibusse zwischen Siegen und Deutz, 1897 wurde ein Lieferwagen vorgestellt. 1912 fusionierte das Unternehmen mit der Süddeutschen Automobilfabrik Gaggenau GmbH am badischen Schwarzwaldrand. Dort begann die Produktion von Nutzfahrzeugen. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurden auch Motoren für Flugzeuge und Großschiffe erzeugt, seit 1914 rückten Motoren und Fahrzeuge für das Militär in den Vordergrund. In diesem Jahr erhielt Benz das Ehrendoktorat der Technischen Hochschule Karlsruhe verliehen. Nach dem Krieg litt das Unternehmen unter schweren Problemen, lediglich der Bau von Nutzfahrzeugen in Gaggenau schrieb schwarze Zahlen. 1926 erfolgte eine Fusion mit der ebenfalls krisengeschüttelten Firma Daimler zur Daimler-Benz AG.