Die neuartigen Leuchtkörper stießen zunächst auf Bedenken, sie ergaben ein ungewohntes kalt-grünliches Licht und zerbrachen außerdem leicht. Als die Einführung von »Auerbrennern« in der Wiener Hofburg bevorstand, äußerte angeblich ein General, vom Kaiser dazu befragt, die Befürchtung, sie würden wohl den Einmarsch der Burgmusik nicht überstehen. Aber bereits nach einigen Jahren wurden Auers »Glühstrümpfe« ein enormer geschäftlicher Erfolg, wie einige Zahlen belegen. Bis Ende 1893 kamen allein in Deutschland über 500.000 solcher Brenner zum Einsatz, und in mehreren Ländern wurden Produktionsgesellschaften gegründet. Die österreichische und deutsche Auer-Gesellschaft erzeugten ca. 1500 Tonnen Thornitrat für 1,5 Milliarden Glühkörper. Weltweit wurden rund fünf Milliarden Glühkörper hergestellt, an denen mindestens 200 Milliarden Kubikmeter Gas verbrannt wurden. Insgesamt blieb das Gasglühlicht rund 40 Jahre lang konkurrenzfähig. Auer selbst befasste sich aber auch mit der Erzeugung elektrischer Glühlampen. Während Thomas Alva Edison die Kohlenfadenlampe entwickelt hatte, setzte er ab 1902 auf das hochschmelzende Metall Osmium für die Leuchtfäden. Für die Nutzung dieses Elements wie auch des Wolframs für Glühlampen erfand Auer den Markennamen »Osram«.
Zu den Substanzen, die in Atzgersdorf aus den Mineralien gewonnen wurden, zählte das Cer, das funkensprühende Eigenschaften aufweist. Für seine Anwendung in der Technik gab es kaum Vorbilder, am ehesten im Gebrauch der überkommenen Schlagfeuerzeuge aus Stahl und Feuerstein. Auer fand schließlich zu einer Legierung aus sieben Teilen Cer und drei Teilen Eisen, die er 1903 zum Patent anmeldete. Er wollte das Cereisen zur Zündung von Feuerzeugen, Gaszündern, Fahrrad-, Auto- und Grubenlampen sowie für Geschosse und Minen einsetzen. Zur Herstellung dieses »Auermetalls« gründete er 1907 die Chemischen Werke in Treibach (Kärnten). Einige Jahre zuvor hatte er in dieser von Wirtschaftskrisen heimgesuchten Gegend die stillgelegten Eisenwerke der Grafen Egger erworben und dort ein Forschungslabor errichtet. Bereits im Jahr nach der Gründung gelangten 800 Kilogramm Cereisen auf den Markt. Dieser Werkstoff kam letztendlich nur für Feuerzeuge zum Einsatz. Allein in Auers Todesjahr 1929 wurden ca. 100 Tonnen erzeugt, eine Menge für 500 Millionen Zündsteine, die wiederum für 500 Milliarden Zündungen ausreichten. Dies entsprach ca. sechs Milliarden Schachteln Zündhölzern. Damit wurde das Cereisen zu einem starken Konkurrenten für die Zündholzindustrie. Die Treibacher Fabrik lieferte bald auch andere Sonderlegierungen wie Ferrowolfram und radioaktive Präparate.
Auer war somit gleichermaßen Erfinder wie auch Industrieller und Naturwissenschaftler. Um die Jahrhundertwende, nachdem er sich bereits als erfolgreicher Fabrikant etabliert hatte, kehrte er wieder zur Forschung zurück und befasste sich mit der Analyse des Seltenerdmetalls Ytterbium. Erneut fand er darin zwei Elemente, doch kam ihm diesmal in der Publikation seiner Ergebnisse der französische Forscher Georges Urbain zuvor, was Auer sehr verstimmte. Die neuen Elemente erhielten die Bezeichnung Ytterbium und Lutetium. Zeit seines Lebens führte Auer chemische Analysen mit Vorliebe selbst durch, er baute sich die Apparaturen und blies auch viele Glasgefäße für chemische Untersuchungen. Das Studium der vorhandenen Forschungsliteratur war ihm weniger wichtig, aber immerhin erwarb er die reichhaltige Bibliothek seines akademischen Lehrers Bunsen und verwahrte sie in Treibach. Privat lebte er sehr zurückgezogen, für kulturelle Veranstaltungen oder öffentliche Gesellschaften brachte er kein Interesse auf. In späteren Jahren wurde Auer zunehmend schwerhörig und zog sich daraufhin noch mehr von den Menschen zurück. 1894 erwarb er von der Schauspielerin und Operettensängerin Marie Geistinger eine Villa beim alten Schloss Rastenfeld unweit von Treibach. Dort ließ er 1899 ein Schloss mit einem großen Labor errichten. Im gleichen Jahr heiratete er Marie Nimpfer, mit der er drei Söhne und eine Tochter hatte. Auer war ein begeisterter Jäger und Hundefreund, mit zunehmendem Alter beschränkte er sich auf den Fischfang und den Obstanbau. Außerdem zählte er zu den ersten Automobilbesitzern und Farbfotografen der Region.
Für seine Verdienste wurde Auer 1901 in den erblichen Freiherrenstand erhoben, als Wappenspruch wählte er »Plus lucis!« (mehr Licht). 1920 erhielt er den renommierten Werner-von-Siemens-Ring. Die Universitäten Graz und Freiburg im Breisgau sowie die Technischen Hochschulen Wien, Graz und Karlsruhe verliehen ihm Ehrendoktorate. Die Akademien der Wissenschaften in Wien, Berlin und Stockholm ernannten ihn zum Mitglied, die Deutsche Chemische Gesellschaft zum Ehrenmitglied, mehrere Gemeinden zum Ehrenbürger. Er starb in seinem Schloss Welsbach und wurde auf dem Friedhof in Wien-Hietzing begraben.
Charles Babbage (1791-1871)
Babbage wurde wahrscheinlich in London geboren, als eines der vier Kinder des Bankteilhabers Benjamin Babbage und seiner Frau Elisabeth Plumleigh Teape. Als Kind litt er öfters unter schwerem Fieber, seine Schulkarriere gestaltete sich daher etwas unregelmäßig: Er besuchte Schulen in Exeter, Enfield, Cambridge und Totnes und wurde auch privat unterrichtet. Seine Mutter ging mit dem Jungen oft in Maschinenausstellungen. Schon früh interessierte er sich für Mathematik und studierte u.a. die anspruchsvollen Werke von Leonhard Euler und Gottfried Wilhelm Leibniz.
1810 schrieb sich Babbage am Trinity College in Cambridge ein. Dort zeigte er sich vom Mathematikunterricht schwer enttäuscht und gründete daraufhin u.a. mit dem späteren berühmten Astronomen John Herschel und anderen 1812 die Analytische Gesellschaft. Im gleichen Jahr wechselte er ans Peterhouse College in Cambridge, 1817 erhielt er den Titel eines Magister artium. Er engagierte sich weiter als fortschrittlicher Organisator der Naturwissenschaften gegen die dominierende, aber altmodische Royal Society, indem er sich an der Gründung der Astronomischen Gesellschaft (1820), der Britischen Vereinigung für die Förderung der Naturwissenschaften (1831) sowie der Statistischen Gesellschaft (1834) beteiligte. Im Lauf seines Lebens verfasste Babbage sechs Bücher und mehr als 80 Beiträge, beispielsweise über Lebensversicherungen, den Niedergang der Naturwissenschaften in England sowie eine Autobiografie (»Passages from the Life of a Philosopher«, 1864). Dies zeigt die Vielfalt seiner Interessen und Kenntnisse. Als Autor bekannt machte ihn 1832 das Buch »On the Economy of Machinery and Manufactures«, das in drei Jahren vier Auflagen erreichte. Babbage machte sich darin Gedanken über die Folgen des Einsatzes von Maschinen in der Industrialisierung und entwarf das Konzept einer weitgehenden Arbeitsteilung zur Kostensenkung für die Unternehmer. Damit wurde er zu einer wichtigen Quelle für den jungen deutschen Nationalökonomen und Philosophen Karl Marx.
Noch während seines Studiums in Cambridge beschäftigte sich Babbage mit dem Gedanken, langwierige Rechenoperationen von einer Maschine durchführen zu lassen, etwa die Erstellung von Tabellen für Lebensversicherungen und nautische Positionsbestimmungen. Letztere waren für die Seemacht Großbritannien von besonderer Bedeutung. Die Tafeln, welche damals für Berechnungen verwendet wurden, enthielten tausende Fehler, die beim Errechnen, der Übertragung der Zahlen oder beim Druck entstanden waren. Um diesen Mängeln mit einem mechanischen Mittel abzuhelfen, begann Babbage mit dem Bau einer »Difference Engine«, die er 1822 erstmals schriftlich erwähnt. Sie sollte aus nicht weniger als 25.000 Teilen bestehen und mehrere Tonnen wiegen. Mit der Ausführung beauftragte Babbage den Mechaniker und technischen Zeichner Joseph Clement. Wirklich gebaut wurde nur rund ein Siebtel der Maschine, teilweise mit Geldern des Staates, der dafür über 17.000 Pfund aufbrachte. 1833 wurden die Arbeiten daran eingestellt. Gründe dafür waren Babbages schwieriger Charakter, persönliche Feindschaften, ein Streit mit Clement, mehrere Regierungswechsel sowie unklare Vorstellungen über die Nützlichkeit einer solchen Maschine. Dieser Rückschlag traf Babbage tief, wie aus seinen Lebenserinnerungen hervorgeht.
Bald darauf entwickelte er aber Pläne für eine zweite, eine »Analytical Machine«, deren Grundgedanke eine Programmsteuerung war. 1840 hielt er auf einem wissenschaftlichen Kongress in Turin darüber einen Vortrag, der von Federico Luigi Menabrea, einem Professor für Mathematik und hohen Offizier, mitgeschrieben wurde. Menabreas Abschrift wurde 1842 auf Französisch publiziert. Diesen Beitrag übersetzt die Gräfin Ada Augusta Lovelace, eine Tochter des berühmten Dichters George Lord Byron, ins Englische. Die hochbegabte Mathematikerin versah Menabreas Bericht mit sehr ausführlichen Kommentaren