Abbildung 2.1 veranschaulicht den Zusammenhang von Bestandszugängen und Bestandsabgängen im Lager. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Verbrauch über den Zeitablauf hinweg gleichmäßig erfolgt und der Lagerbestand in gleicher Höhe immer wieder aufgefüllt wird. Zur Optimierung der Bestands- und Beschaffungskosten ist zunächst wichtig zu erfahren, welche Kosten in welcher Höhe anfallen. Für den Materialwirtschaftler ist ferner besonders interessant, wie viel Material wie oft von einer benötigten Materialart bestellt werden soll.
Abbildung 2.1: Lagerbestandsformen im Überblick
Beschaffungskostenermittlung und Optimierung
Das Einzelhandelsunternehmen Schauinsland vertreibt unter anderem Fernseher mit Flachbildschirmen. Routinemäßig werden zweimal jährlich 50 neue Geräte (M) beim Hersteller bestellt. Der jährliche Gesamtbedarf des Händlers beziehungsweise Absatz (X) von 100 Geräten beim Endkunden verteilt sich gleichmäßig über das ganze Jahr. Der Herstellerpreis (P) pro Fernseher liegt bei 500 Euro pro Gerät. Unabhängig von den bestellten Mengen fällt dabei für jede Bestellung ein fixer Betrag von 2.000 Euro (Kf) für Verwaltungsdienstleistungen im Einkauf an. Außerdem werden von der Verwaltung noch Lagerhaltungskosten (Kl), bestehend aus einem Zinskostenanteil von drei Prozent (i) und einem Lagerkostenanteil von sieben Prozent (l) für die Beschaffungen angesetzt.
Die Geschäftsführung des Handelsunternehmens möchte nun wissen, wie hoch die Beschaffungskosten jährlich insgesamt sind und inwiefern durch eine Optimierung der Bestellmenge und Bestellhäufigkeit noch eine Verbesserung in der Wirtschaftlichkeit erzielt und somit ein besserer Preis für die Endkunden ermöglicht werden kann.
Die jährlichen gesamten Beschaffungskosten (Kg) bestehen aus den direkten Beschaffungskosten (Kd), den indirekten Beschaffungskosten (Kin), den Lagerhaltungskosten (Kl) sowie eventuellen Fehlmengenkosten. Diese werden wie folgt berechnet:
(Kd) = P · X; das heißt, es werden Fernseher im Wert von 500 · 100 = 50.000 Euro jährlich beschafft.
das heißt, es kommen in dem betreffenden Jahr in Abhängigkeit von der bestellten Menge 4.000 Euro indirekte Beschaffungskosten (zum Beispiel aufgrund von Transportkosten) hinzu.
das heißt, die Lagerhaltungskosten betragen 1.250 Euro.
Fehlmengenkosten, das sind Kosten, die zum Beispiel durch einen Lieferausfall für den Händler in Form von Preisnachlässen für den Endkunden entstehen, sind in diesem Fall nicht angefallen.
Die gesamten Beschaffungskosten betragen somit(Kg) = 50.000 + 4.000 + 1.250 = 55.250 Euroin dem betreffenden Jahr.
Die optimale Bestellmenge pro Bestellung kann hingegen nach der Andlerßschen Formel berechnet werden:
das heißt, die optimale Anzahl sind ca. 89 Fernsehgeräte pro Bestellung.
Die optimale Bestellhäufigkeit (Yopt) ergibt sich wie folgt:
das heißt, statt zweimal sollte nur einmal jährlich bestellt werden. Die gesamten Beschaffungskosten pro Jahr könnten somit auf:
Kg = 50.000 + 2.000 + 2.500 = 54.500 Euro
bei einmaliger Bestellung gesenkt werden.
Bestellverfahren
Da nicht von einem gleichmäßigen Materialbedarf über das Jahr hinweg ausgegangen werden kann und vielmehr mit Bedarfsveränderungen gerechnet werden muss, stehen folgende Bestellverfahren zur Verfügung:
Bestellpunktverfahren: Die zu bestellende Menge wird im Voraus festgelegt und der Bestellzeitpunkt nicht, das heißt, es wird immer dann ein Bestellvorgang eingeleitet, wenn der Vorrat auf den Meldebestand geschrumpft ist.
Bestellrhythmusverfahren: Die Bestellzeitpunkte sind festgelegt und die Bestellmenge wird dem Verbrauch angepasst.
Der Beschaffungsablauf findet ausgehend von der Bedarfsermittlung immer in dieser Reihenfolge statt:
1 Der zu beschaffende Nettomaterialbedarf wird von den Stellen, die dazu befugt sind (das sind in der Regel die Stellen, die den Bedarf auch feststellen), an die Abteilung des Einkaufs gemeldet.
2 Die Einkaufsabteilung holt Angebote von den infrage kommenden Lieferanten ein.
3 Der Einkauf prüft und vergleicht die eintreffenden Angebote und wählt den oder die Lieferanten aus.
4 Eventuell werden weitere Verhandlungen mit den Zulieferern über Konditionen geführt.
5 Der Vertragsabschluss erfolgt beziehungsweise die Bestellung wird vorgenommen.
6 Der Wareneingang wird bezüglich der Pünktlichkeit, der vereinbarten Qualität und Vollständigkeit und der Rechnungsstellung überprüft.
Logistik: Wie das Material zum Einsatzort kommt
Nachdem das Material bestellt ist, muss es zu seinem Einsatzort gebracht und dort für die Leistungserstellung zur Verfügung gestellt werden. Diese Aufgabe übernimmt die Logistik.
Gegenstand der Logistik ist die Planung, Organisation und Steuerung des Transports und der Lagerung der Materialien. Dazu gehören auch Tätigkeiten wie die Warenprüfung, die Sicherung der Materialien beim Transport und Lagerung und die Verpackung der Produkte.
Das Einsatzgebiet der Logistik wird mittlerweile nicht nur im Bereich der Beschaffung von Materialien von externen Zulieferunternehmen gesehen. Als Querschnittsleistung zu den anderen Bereichen eines Unternehmens (zum Beispiel Einkauf, Verwaltung, Produktion, Absatz) umfasst es die Gestaltung und Steuerung des gesamten Materialflusses über alle Wertschöpfungsetappen, angefangen von den Zulieferern bis hin zu den Endkunden und der Entsorgung der anfallenden Abfälle. Je nach betrieblichem Einsatzbereich wird auch von Beschaffungslogistik, Fertigungslogistik, Absatzlogistik (Näheres dazu in Kapitel 4) oder Logistik des Recycling gesprochen.
Die formalen und sachlichen Ziele der Logistik sind dabei weitgehend mit denen der Materialwirtschaft identisch, das heißt, dass das Material am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Qualität auf die wirtschaftlichste Weise bereitzustellen ist.
Lagerhaltung
Wenn Material angeliefert wird und nicht gleich in der Fertigung eingesetzt werden kann, dann muss es irgendwo aufbewahrt beziehungsweise für die künftige Verwendung gelagert werden. Die Lagerung folgt insofern der Beschaffung.
Mit der Aufbewahrung des Materials wird ein Vorrat oder Lagerbestand erzeugt.
Die Bezeichnung Lager werden Sie in der betrieblichen Praxis sowohl für das gelagerte Material,