Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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daß die Nachricht nicht nur wichtig, daß sie auch gut sein mußte.

      Der Prinz sprach.

      »Und wem verdanken wir diesen wichtigen Erfolg? Einzig und allein Ihrer Nichte, Fürst. Ohne sie wäre es wohl niemals gelungen.«

      »Ich bin beglückt, daß es ein Mitglied meiner Familie war, dem unsere Sache das zu verdanken hat.«

      »Sie dürfen stolz darauf sein, Fürst Murad. Der bewundernswürdige Geist Jolanthes… sie hat schon manche Probe gegeben, das hier ist das Beste, was sie je geleistet. Die Art und Weise, wie sie alles vorbereitet… die kühne und glückliche Ausführung dann… es verdient uneingeschränkteste Bewunderung und Anerkennung. Mein Bruder, der Kalif, wird mit den Beweisen seiner Huld nicht zurückhalten… soweit es möglich ist, ohne Jolanthes Verhältnis zu uns zu decouvrieren.«

      »Es ist meine ständige Sorge, daß eines Tages die Mission Jolanthes bekannt würde. Die Folgen für sie wären unausdenkbar.«

      »…unausdenkbar. Das muß in jedem Falle vermieden werden.«

      »Ich habe ihr schon mehrfach Vorstellungen gemacht. Sie zu größerer Vorsicht gemahnt. Sie lacht mich aus. Ich kenne Jolanthe aus ihrer frühesten Kindheit. Sie war stets ein streitbarer, schwer zu bändigender Charakter. Tollkühn, waghalsig, jedem Sport zugeneigt, der Gefahren in sich barg. Sie bedauerte es immer, nicht als Mann auf die Welt gekommen zu sein. Stundenlang konnte sie von den großen Taten schwärmen, die sie dann ausrichten würde. Als der letzte Krieg ausbrach, war sie eines Tages aus meinem Hause verschwunden.«

      Der Prinz nickte.

      »Ich hörte davon. Sie soll es fertiggebracht haben, als Freiwillige… nein, als Freiwilliger in das Heer Solimans einzutreten.«

      »Sie hat es in der Tat fertiggebracht. Wir mußten lange Zeit suchen, bis es uns gelang, sie zu finden. Soliman el Gazi ließ sie sich vorstellen. Sie fiel ihm zu Füßen und bat, im Heere bleiben zu dürfen. Er schlug es ihr natürlich ab. Als sie bei ihrer Bitte beharrte, machte ein Adjutant scherzend den Vorschlag, sie möchte doch die gegnerischen Kriegspläne holen und uns bringen.

      Ich sehe noch, wie Jolanthe aufhorchte, überlegte, dann plötzlich, als hätte sie einen Entschluß gefaßt, aufsprang und davonlief. Die anderen lachten. Ich, der Jolanthe kannte, äußerte Bedenken. Doch Königliche Hoheit kennen ja die Geschichte von früher her.«

      »Ich hörte davon sprechen… andeutungsweise.«

      Der Prinz schüttelte nachdenklich den Kopf.

      »Es ist nicht gut für uns… gefährlich für Jolanthe, wenn diese Geschichten zu vielen bekannt werden. Ich hörte nur, daß sie auch hier das Unmögliche möglich machte.«

      »So war es in der Tat. Vier Wochen nach jener Szene stieß ein Flugzeug im türkischen Hauptquartier nieder. Jolanthe trat heraus. Sie hatte es selbst gesteuert, verlangte, zum Sultan geführt zu werden. Zufälligerweise war es derselbe Adjutant von damals, der sie empfing und lächelnd nach den Kriegsplänen fragte.

      Statt der Antwort legte sie ein umfangreiches Paket auf den Tisch. Man glaubte immer noch an einen Scherz. Man öffnete es, und es waren die Abschriften der Feind-Pläne. Wie sie das zuwege gebracht hat? Man muß es aus ihrem Munde selbst hören. Wenn sie wiederkommt…«

      »Wann denken Sie, daß wir Jolanthe wieder hier haben werden?«

      »Das hängt von unserem Londoner Botschafter ab. Er allein kann die Situation klar beurteilen.«

      »Sie wird ihre Schwester Modeste später mit nach London nehmen?«

      »Sie hatte die Absicht.«

      Ein Schatten lief über das Gesicht des Prinzen.

      »Ich würde das sehr bedauern…«

      »Gestatten Sie mir gnädigst ein offenes Wort?«

      »Bitte, Fürst Iraklis, sprechen Sie.«

      »Die Auszeichnung, mit der Königliche Hoheit Modeste von Karsküll begegnen… so ehrend sie auch ist, ist doch geeignet, in den Augen der Gesellschaft…«

      Der Prinz richtete sich hoch auf.

      »Die Gesellschaft? Wer wagt es, Modeste…?«

      »Ich bitte, niemand wagt es… doch dürfte es genügen, die Gesichter der einzelnen zu beobachten, um zu wissen, wie man darüber denkt.«

      Der Prinz war aufgesprungen und schritt erregt auf und ab.

      »Die Gesellschaft!« Ein bitteres Lachen begleitete die Worte. »Ja, ja, die Gesellschaft. Ich hätte sie besser kennen sollen. Nichts ist dieser sensationslüsternen Menge heilig. Nichts bleibt von ihren unlauteren Gedanken verschont…«

      Ein Zug zweifelnder Freude glitt über sein Gesicht. Sollte es das gewesen sein, was Modeste so verwandelte? Sollte die Furcht vor dem Urteil der Menge, der Meinung ihrer Umgebung die Ursache sein? Daher vielleicht der Zwiespalt ihrer Gefühle, daß sie über die Lauterkeit seiner Pläne in Unklarheit geraten?

      Er trat an den Fürsten heran und legte ihm leicht die Hand auf die Schulter.

      »Sie selbst, mein Fürst, haben, ich bin dessen gewiß, niemals geglaubt, daß ich aus anderen als rein freundschaftlichen Gefühlen heraus den Verkehr in Ihrer Familie gepflogen habe. Schon meine hohe Achtung vor Ihnen dürfte Ihnen Gewähr geben, daß es mir fern liegt, der Ehre Ihres Hauses zu nahe zu treten…«

      Der Prinz stockte, als würde es ihm schwer, die Worte zu finden, sprach dann langsam weiter.

      »Ich selbst habe es eine Zeitlang nicht vermocht, mir über meine Gefühle klare Rechenschaft zu geben. Die verschiedenen Verhältnisse… politische Erwägungen… Sie verstehen.

      Jetzt bin ich mir vollständig im klaren. Hören Sie! Ich habe bei meinem Bruder als dem Oberhaupt der Familie angefragt, wie er sich zu meiner Heirat mit Modeste stellen würde.«

      Fürst Iraklis war aufgestanden und beugte sich tief über die Hand, die der Prinz ihm entgegenstreckte.

      »Ich verhehle Ihnen nicht, Fürst Iraklis, daß es von der Seite des Kalifen aus gesehen Gründe gibt, die dagegen sprechen. Ich hoffe jedoch, daß er sich meinen Darlegungen nicht verschließen und meiner Bitte ein gnädiges Ohr schenken wird. Bliebe nur das Wichtigste: wie wird Modeste meinen Antrag aufnehmen?«

      »Ich hoffe, daß meine Nichte die hohe Ehre genügend zu schätzen weiß.«

      »Mein lieber Fürst, ich weiß es nicht. Ja, ich muß sagen, daß ich über Modestes Gefühle gegen mich in Unklarheit und Zweifeln bin.

      Es wäre mir sehr angenehm, wenn Jolanthe recht bald nach Madrid käme. Ihr Einfluß, ihr diplomatisches Geschick würden mir die Bahn ebnen. Mein Vertrauen zu ihr ist unbegrenzt.«

      »Ich glaube kaum, daß Jolanthe vor einer Woche nach Madrid kommen wird. Ich werde es mit allen Mitteln versuchen, ihre Rückkehr zu beschleunigen. Man könnte die Erbschaftsangelegenheit benutzen… ihr vielleicht sogar durch das englische Auswärtige Amt Nachricht zukommen lassen, die ihre Reise hierher als unbedingt nötig und eilig erscheinen läßt. Ich will versuchen, es auf diesem Wege zu erreichen.«

      Der englische Staatsrat war versammelt. Der Ministerpräsident kam zum Schluß seiner Ausführungen.

      »Die Hoffnung, daß es Professor Syndham gelingen würde, den Apparat in Betrieb zu bringen, hat sich nicht erfüllt. Es war unsere letzte Hoffnung. Ich halte es danach für ausgeschlossen, sich noch länger dem Drängen aller europäischen Bundesstaaten zu widersetzen…«

      Murren, halblaute Zwischenrufe in der Versammlung… ›unmöglich… unerhört… eine Blamage vor ganz Europa‹…

      Der Ministerpräsident wartete, bis die Unruhe wieder abebbte, sprach dann weiter.

      »Ich verstehe Ihren Widerspruch. Aber für die außen- und innenpolitische Lage Europas ist die schnelle Lösung des Montgomeryschen Rätsels von unendlicher Wichtigkeit. Eine weitere Verzögerung könnte bedeutsame