Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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      Holt fast!

      Die Hand klammerte sich um den kleinen Kasten. Er fühlte, wie die Schrauben und Spangen nachgaben. Sein Werk… Zepter und Krone! Herr über die Menschen… über die Natur! Die Hand, die den Kasten umspannt. Eine wohlige Wärme daran zuerst… immer stärker werdend. Schon zuckte die Hand zurück. Unbeabsichtigter Zufall! Es arbeitete darin.

      Mit einem Sprung stand er da. Kinderspiel! Ein König, der nicht wußte, wie weit seine Macht ging. Da lag die Lampe. Er ergriff sie, schaltete sie ein. Mit neuer Kraft warf er sich dem Sturm entgegen. Drang weiter, weiter vor, bis er das Ziel erreicht… eine Felsenwand.

      Zum Teil Granit, zum Teil Basalt. Durch den älteren und längst erstarrten Granit mußte viel später wohl ein glühender Basaltstrom in vulkanischem Ausbruch seinen Weg gebahnt haben. War dann auch erstarrt und hatte bei der Abkühlung eine weite und tiefe Höhle gebildet.

      Eisenecker trat in die Höhle, schritt weiter und weiter in sie hinein, bis er das Ende erreicht hatte. Mit der Taschenlampe leuchtete er um sich. Seine Blicke musterten die Wände, den ganzen Höhlenbau.

      »Ein guter, solider Stollen. Zum mindesten so gut wie der des Herrn Jefferson. Wie geschaffen für den Versuch!«

      Er ergriff die Kassette, setzte sie durch einen Fingerdruck in Betrieb und stellte sie in einer Felsspalte nieder. Die Taschenlampe in der vorgestreckten Rechten haltend, strebte er eilig dem Ausgang zu.

      Daß er nicht zu schnell ging, zeigte der warme Luftstrom, der plötzlich hinter ihm herfegte, stärker und wärmer wurde. Ihn heiß umspülte, ihn mit Gewalt aus dem Höhlenmund ins Freie warf.

      Da lag er… stand er. Der Schnee um den Höhlenmund taute schnell weg. Das massive Gletschereis hier geriet ins Schmelzen. Schon bildeten sich Wasserlachen, wo eben noch klirrender Frost das Eis gebannt.

      Er stand und lauschte, bis ein Dröhnen wie der Klang einer schwachen Detonation aus dem Höhlenmunde herausdrang.

      »Gut so!« Er lächelte dabei. »Den Apparat findet keiner mehr, wenn sie später einmal in der Höhle suchen sollten. Energie nur an seiner Stelle… keiner, der sie sehen… messen kann.«

      Zurück zur ›Potomac‹! Der warme Sturm, der ihn trieb, brachte ihn schnell zum Schiff. Da lag es. Tot?… Schon ein Sarg? Durch den Montageraum kroch er ins Schiff.

      Ein Bild des Grauens. Wo noch Leben? Wo Tod? Zu Haufen zusammengedrängt, in starrer Ruhe die Insassen des Schiffes… kein Laut… keine Stimme. Friedhofsstille…

      Er sprang zum Kabinenfester, riß es auf, daß sie eindrang, die Retterin… die warme, linde Luft.

      Er stand und schaute. Und dann begann es sich zu regen. Stimmen wurden laut. Rettung? Hilfe? Was ist?

      Der Kapitän der ›Potomac‹ sprang auf die Füße, schaute wirr um sich. Schritt taumelnd zu einer Luke. Seine Hände umkrampften den Rahmen des Fensters. In tiefen Atemzügen sog er den warmen lebensspendenden Hauch in die Brust ein. Einmal… zweimal… dann erinnerte er sich seiner Pflicht. Laut klang seine Kommandostimme durch das Schiff. Und wie, wenn sie Tote zum Leben zurückrufen? begann es sich zu regen. Einer nach dem anderen. Die Besatzung sammelte sich um ihn.

      Was ist’s? Wo sind wir? klang’s wirr aus dem Haufen.

      Das Hilfsschiff? Ist es da?… Nein!… Nichts ist da… Wetterumschlag!…

      »Zu den Passagieren«, kommandierte der Kapitän.

      Eine Viertelstunde nach der anderen. Lange… lange schienen alle Bemühungen bei einzelnen Passagieren vergeblich zu sein. Dann war es doch getan… geglückt. Alles zum Leben zurückgebracht.

      Und dann drang alles nach außen… heraus aus dem Schiff. Statt des eisigen Schneegestöbers ein leichter warmer Regen. Sie achteten nicht, daß er sie durchnäßte. Froh jauchzend boten sie sich dem Wunder dar.

      Unfaßbar!… unerklärlich! Was war es?

      Das herannahende Tenderschiff erlöste die Harrenden, brachte neue Gedanken. Der Schaden war schnell repariert, schnell wurden die Tanks wieder aufgefüllt. Dann rief die Sirene alles an Bord. Die Laufstege wurden eingezogen, die Luken geschlossen. Die Schiffe stiegen auf. Nach Osten, nach Reykjavik setzte der Tender seinen Kurs, nach Westen, nach Kanada die ›Potomac‹.

      Verlassen blieb die eisige Einöde zurück. Noch waren die weiten Eis- und Schneeflächen in Sicht, da schossen Feuerströme fontänenartig aus dem Gestein des Basaltberges. Vermischt mit riesigen Dampfsäulen erhitzten Wassers.

      »Ein Erdbeben! Ein Vulkanausbruch!« Viele hundert Stimmen schrien es gleichzeitig. Nur so konnte es sein.

      Malte von Iversen stand in der Nähe Eiseneckers. Seine Blicke sogen sich an dessen Mienen fest. Ein unbestimmter Argwohn in ihm. Der da! Der Eisenecker. Dessen Mienen ruhig, unbeweglich! Nur einmal, als der Ruf: Ein Erdbeben! erklang, glaubte er ein belustigtes Lächeln über dessen Züge huschen zu sehen. Aber das konnte vielleicht auch eine andere Erklärung haben.

      Iversen grübelte und kombinierte. Der letzten einer war er gewesen, die die Mannschaft ins Leben zurückbrachte. Kostbare Zeit verstrich, wo er jenen nicht beobachten konnte.

      Und er fragte und fragte. Den und den. Die Besatzung… die Offiziere… den Kommandanten…

      »…Herr Eisenecker?… Hm! Jawohl! Gewiß… ich erinnere mich. Er war der ersten einer… wohl gar der erste…«

      Malte von Iversen sann lange, kombinierte hin und her… verwarf alle Kombinationen… gab dem Generaldirektor Harder telegrafischen Bericht von dem, was geschehen.

      Wochenend an den Niagara-Fällen. Alle Gasthöfe überfüllt. Unmöglich, die Massen in den engen Mauern zu beherbergen… und immer neue noch, die zu Wasser, zu Lande und zu Luft herbeiströmen. In selbstgebauten Zelten, oft aus den unmöglichsten Dingen errichtet, lagerten Tausende und aber Tausende in Erwartung jenes Moments, von dem man in den Staaten, ja in der ganzen Welt schon seit Wochen sprach. Sie erwarteten jenen Augenblick, an dem Punkt 12 Uhr mittags alle Wasserkräfte des Niagara mit ihren 35 Millionen Pferdestärken auf jenen Versuch Jeffersons konzentriert werden sollten. Auf jenen wunderbaren Versuch, von dessen Erfolg für das Wirtschaftsleben der ganzen Welt so unendlich viel abhängen konnte… wenn er gelang.

      Das südliche, amerikanische Ufer der Fälle war seit einer Woche gänzlich abgesperrt. Dort hatte man in den massiven Fels der hohen Ufermauern unterhalb der Fälle einen Stollen gesprengt, der den Versuchsraum bilden sollte. Auf dem anderen, dem kanadischen Ufer, staute sich die neugierige Menge. Staute sich und starrte, obwohl kaum etwas zu sehen war. Nur der betonierte Stolleneingang, in den ein paar mannstarke Kabel hineinführten.

      Um 12 Uhr sollte das Experiment stattfinden. Jetzt war es 11 Uhr. Schon begannen die in Flugzeugen Kommenden sich möglichst gute Plätze in der Luft zu sichern. Etagenweis stand die ungeheure Menge der Flugzeuge im Äther über den Flußufern aufgebaut.

      Die Fälle selbst donnerten jetzt am Sonntag mit kaum geschwächter Kraft in die Tiefe, wie sie schon vor Hunderten und Tausenden von Jahren niedergestürzt waren. Unendliche Wassermassen, die über die Felskante fielen und Gischt und Nebel 100 Meter hoch warfen. Denn so war es ja jetzt geregelt. Wenn am Samstag die großen Kraftwerke den größten Teil ihres Betriebes stillegten, wenn nur noch ein Teil der Energie für Beleuchtungs- und Verkehrszwecke gebraucht wurde, darin schloß sich allmählich eine der Kanalschleusen nach der anderen, und die Wassermassen, deren Energie im Augenblick nicht mehr benötigt wurde, durften sich im freien Sturz im alten Bett austoben. Ein majestätisches Schauspiel für die Besucher, die jeden Sonntag zu den Fällen kamen. Ein Schauspiel, das jedesmal bis zum Montag morgen währte, an dem sich die Schleusen wieder öffneten und die Wassermassen zu den riesigen Turbinen leitete.

      Heute trat diese Veränderung schon am Sonntag um 11 Uhr vormittags ein. Eine Schleuse nach der anderen wurde geöffnet, ein Kraftwerk nach dem anderen nahm den Betrieb an dem sonst so heilig gehaltenen Sonntag voll auf, um seinen Beitrag an Energie für das Experiment liefern zu können. Schwächer und schwächer wurden die Wassermassen, die noch über