Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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Die Heckflaggen! Wie Bretter stehen sie im Fahrtwind …«

      Mönkeberg ließ die Linke vom Steuer, entriß ihr das Glas. Er blickte hindurch. Ein Fluch brach von seinen Lippen … es war konzentriertes St. Pauli.

      »Können Sie steuern?« herrschte er Christie an. Statt einer Antwort sprang sie ans Steuerrad und griff sofort in die Speichen.

      Mönkeberg stand einen Augenblick, sah, wie ihre Hände sich spannten, sicher das Steuer führten.

      »Weiter so!«

      Mit ein paar Riesensätzen verschwand er in der Luke nach unten, stand bei den Maschinen, übersah mit einem Blick, was war.

      Die Gaskammern überhitzt, die Luftzufuhr gehemmt.

      »Her mit der Flasche! Der Sauerstoffflasche!« Die Maschinisten starrten ihn mit großen Augen an. »Her damit! Schnell, zum Donnerwetter!«

      Da brachten sie sie heran.

      Er nahm einen Schlüssel, öffnete das Ventil. Zischend drang der komprimierte Sauerstoff in die Verbrennungskammern.

      Mönkebergs Augen hingen am Tachometer. Der Zeiger ruckte an.

      Stieg, stieg weiter … hundert … hundertfünf … hundertzehn … Der Maschinist trat zu ihm.

      »Herr! Wie lange soll das dauern? Die Maschine muß brechen!«

      »Wann? Wie lange?« schrie ihn Mönkeberg an. Der zuckte mit den Achseln.

      »Eine Viertelstunde höchstens! Dann ist sie kaputt!«

      Mönkeberg nickte. »Gut! Eine Viertelstunde? Gut … Mag sie zum Teufel gehen … mag sie niederbrechen, wenn sie durchs Ziel ist … noch fünf Minuten …«

      Er sah nach der Schiffsuhr. »Noch fünf Minuten! Wenn sie die noch hält, haben wir sie.«

      Noch einen kurzen Blick auf die stöhnenden Turbinen. Er stand wieder auf der Brücke. Da waren sie … Backbord voraus.

      Er nickte Christie zu.

      »Gut, gut, Fräulein Harlessen! Her mit dem Steuer! Holen Sie den Chilenen! Wir haben sie.«

      Christie ließ ihm das Steuer. Schon lagen sie quer zu den Schiffen.

      Taumelnd schritt sie die Treppe zum Kajütenraum hinab. Auf der letzten Stufe schlug sie mit Gewalt gegen die Seitenwand. Die Fahrt ging hart Steuerbord auf neuen Kurs, verlegte den beiden Schiffen den Weg.

      »Kommen Sie! Kommen Sie!«

      Sie schlug dem Chilenen die ewige Zigarette aus der Hand und riß ihn mit sich. Stürzend, stolpernd kamen sie nach oben. Christies Blick flog zu den Schiffen. Die fuhren langsamer, man schien endlich begriffen zu haben.

      »Heraus mit der Flagge!« herrschte sie den Beamten an. Noch ehe der Antwort fand, hatte sie ihm das Tuch aus der Hand gerissen. Ihr Arm stieß es in die Luft. Die Farben Chiles standen weithin sichtbar in der leichten Seebrise.

      Halt! Der Signalgast setzte das Zeichen. Die Schiffe stoppten. Ihre Schrauben schlugen rückwärts. Langsam kamen die mächtigen Körper zum Stillstand. In kurzer Wendung legte sich die »Hirundo« backbord an das vorderste an. Der Gerichtsbeamte schrie dem Kapitän, der sich über die Reling beugte, ein paar Worte zu. Der zuckte die Achseln.

      Schien nichts zu verstehen. Gab aber Befehl … Das Fallreep kam herunter.

      Christie stand vor dem Kapitän. Der starrte sie mit unwirscher Miene an, hörte, was sie ihm zurief, unterbrach ihre Rede.

      »Den gerichtlichen Beschluß! Haben Sie ihn?«

      Der chilenische Beamte trat vor. Mit einem rasenden Wortschwall überschüttete er den Kapitän. Dieser schüttelte den Kopf. Soweit gingen seine spanischen Kenntnisse nicht, den wie ein Hagelwetter niederprasselnden Worten des Chilenen zu folgen. Mönkeberg griff ein, nahm dem Beamten das Dokument aus der Hand und las es langsam, erst in spanischer Sprache, dann in englischer Übersetzung dem Kapitän vor. Der ließ es sich reichen, prüfte Kopf und Siegel. Ein Kommando zur Brücke.

      »Entfernung zum Leuchtturm?«

      »Achtundzwanzig Seemeilen und eine halbe.«

      Sie waren noch innerhalb der Dreißigmeilenzone.

      »All right!« rang es sich endlich von seinen Lippen. Dann, ohne sich weiter um die kleine Gruppe zu kümmern, gab er seine Befehle.

      »Zurück zum Hafen!«

      Und dann standen sie wieder auf der Kaimauer. Der Beamte hatte sie verlassen.

      »Wie soll ich Ihnen danken, Herr Mönkeberg! Ohne Sie wäre all mein Bemühen umsonst gewesen.«

      »Danken, Fräulein Harlessen? Warum? War mir ein Vergnügen, ein Fest ersten Ranges, meine ›Hirundo‹ – vorige Woche kam sie erst von Hamburg herüber – in solcher Fahrt zu erproben. Alle Achtung vor der ›Hirundo‹ und der Werft! Soll’s mal einer nachmachen. Was wollen Sie mit der Beute machen?«

      »Ich habe den Auftrag, sie nach Kapstadt zu dirigieren.«

      »Und Sie selbst?«

      »Ich selbst?« Christie zögerte. »… zunächst nach New York.«

      »Und dann nach Hamburg«, setzte Mönkeberg wie selbstverständlich hinzu.

      »Kann sein … vielleicht.« Sie wandten sich zum Gehen.

      Ein Menschenauflauf vor einem New Yorker Passagierschiff am Kai.

      Von allen Seiten strömten Menschen hin.

      »Hallo! Was gibt’s da?« Mönkeberg wies mit der Hand hinüber.

      »Da geht’s ja selbst für chilenisches Temperament recht lebhaft zu. Ist irgendwo die Welt untergegangen?«

      Ein Reporter der »Deutschen Zeitung« in Valparaiso rast an ihnen vorüber. Mönkeberg, der ihn kannte, sprang ihr in den Weg.

      »Halt, mein Lieber! Was gibt’s? Wo brennt’s?«

      Der wand sich vergeblich unter dem festen Griff, mit der Mönkeberg ihn gepackt hielt.

      »Lassen Sie mich los! Um Gottes willen, ich muß zur Redaktion!«

      »Der Isthmus ist gesprengt … zerrissen … vom Meer verschlungen.

      Tausende … Millionen …«

      Mönkebergs Hände hatten losgelassen, sanken langsam nieder.

      Entgeistert starrte er dem Enteilenden nach. Er hörte nicht auf Christie, die sich an seinen Arm klammerte. Er stand, die Augen weit geöffnet, über See nach Norden gerichtet.

      Ein Zittern ging durch die kräftige Gestalt. Er schlug die Hände vors Gesicht.

      »Das ist das Ende!« Stoßweise rang es sich aus seinem Munde. »Das Ende für Hamburg … für Europa … für uns.«

      Christie legte ihre Hand in seinen Arm und führte ihn beim Gehen. Ihr kühler, klarer Verstand rang mit dem Gehörten! Unmöglich!

      Unmöglich! schrie es in ihrem Innern. Es kam nicht … es wird nicht sein. Die Heimat! Das Wort, früher nicht gekannt, von Uhlenkorts Mund gesprochen, es hatte Wurzeln in ihrem Herzen geschlagen Hamburg … die Heimat! Ein Sehnen war ihr aufgegangen … größer … immer größer werdend. Hamburg … Harlessen … Heimat. Und das alles weggewischt jetzt?

      Nein! Nein! schrie es in ihr.

      Ihr Herz sträubte sich gegen den logischen Zwang des ungeheuren Ereignisses.

      Die beiden Freunde standen auf der steilen Westwand von Black Island. Zweihundert Meter fiel die Klippe vor ihren Füßen schroff ab.

      Dort unten in der Tiefe, wo früher die See brandete, streckte sich weithin das neue Land. Uhlenkort nahm das Fernglas von den Augen.

      Seine Hand deutete nach Norden.

      »Die Luft ist klar geworden. Mit bloßen