Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Марк Туллий Цицерон
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788027209569
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einen Redekampf mit mir ausfechten und deinen Schützling weiß waschen wolltest, so würd' ich meinerseits die gehörige Zeit auf eine Klagrede verwenden und die einzelnen Belastungsmomente erörtern. Nun seh ich aber, daß du eine Kampfesweise gegen mich einschlägst, die gar nicht deiner Natur, sondern lediglich den Verhältnissen des Verres entspricht, nämlich mit böswilligen Schlichen und Kabalen; da muß ich notwendigerweise einer solchen Methode irgend ein geeignetes Mittel entgegensetzen. (34) Deine Absicht ist es, erst nach den beiden Festspielperioden mit der Erwiderung auf meine Angriffe zu beginnen; dagegen zielt die meinige dahin, noch vor Beginn des ersten Festspieles die Vertagung auf den drittnächsten Gerichtstag, an dem die Sache zur endgültigen Erledigung kommen muß, zu beantragen. So wird man deine Idee schlau finden, die meinige als unvermeidlich ansehen. XII. Doch möcht' ich darauf zurückkommen, was ich vorher zu besprechen anfing, daß ich hier ganz besonders mit dir zu thun habe. Damit verhält es sich so. Als ich auf Bitten der Sicilianer den Prozeß übernahm und eine hohe Auszeichnung für mich darin erblickte, diesen Leuten eine Probe meines Charakters und meiner Arbeit liefern zu dürfen, nachdem sie selbst so viele Proben von Seelenreinheit und Enthaltsamkeit geliefert hatten: da, nach schon übernommenem Auftrage stellt' ich mir noch eine größere Aufgabe, an der unsere Nation meine Gesinnung gegen den Staat so recht ermessen sollte. (35) Es erschien mir nämlich als ein meiner Mühe und Arbeit keineswegs würdiges Beginnen, einen Kerl vor die Richter zu bringen, der durch das Urteil der Welt schon längst gerichtet war; aber deine schier unerträgliche Herrschsucht und eine gewisse Anmaßung, die du in den letzten Jahren bei allerlei Rechtshändeln gezeigt hast, trat auch bei der Angelegenheit dieses Verworfenen wieder hervor. Da dir nun diese ganze unumschränkte Alleinherrschaft über sämtliche Gerichtshöfe so besonderen Spaß macht, und da es Menschen giebt, die weder Scham über ihre zügellose Gemeinheit noch auch Verdruß über den, man möchte glauben, absichtlich heraufbeschworenen Haß der erbitterten Nation empfinden, so erkläre ich denn diese Aufgabe auf mich genommen zu haben; vielleicht ist's eine gewaltige und für mich gefahrvolle Last, aber jedenfalls verdient sie die äußerste Anspannung aller Sehnen meines Könnens wie meines Wollens. (36) Ich sehe euren gesamten Stand bedrängt von der Frechheit einzelner gewissenloser Individuen, belastet durch den üblen Ruf der Gerichtshöfe: da versichere ich denn, dieser Sorte Menschen werd' ich ein erbarmungsloser Feind, ein unablässiger Ankläger, ein erbitterter Gegner sein. Dies nehm' ich in Anspruch, dies verlang' ich für mich: handeln zu dürfen, wie ich handeln will, als Beamter von jenem Posten aus, auf den mich das römische Volk gestellt hat, damit ich von Hort aus mit ihm, dem Volk, im kommenden Jahr über den Staat und seine inneren Feinde verhandle. Das Aedilenamt, das mir das Volk verliehen hat, es soll ihm – das versprech' ich – Glanz und Herrlichkeit bringen. 44 Ich verkünd' es hiermit feierlich und bestimmt: wer sich je an der Bestechung der Gerichtshöfe beteiligt hat, wer je in diesem Sinne Geld hinterlegte oder in Empfang nahm oder einsteckte oder versprach oder aufbewahrte, oder wer sonst gewohnheitsmäßig den Vermittler spielt, wer dazu seinen Einfluß, seine Macht, seine Unverschämtheit hergab, dem sag ich es gleich voraus, er lasse seine Hände von diesem Prozeß und wende seine Gedanken von diesem gottlosen Frevel hinweg. XIII. (37) Im neuen Jahre wird also Hortensius Konsul sein, d. h. im Besitze der höchsten, gewaltigsten Macht; ich dagegen Aedil, d. h. ein klein wenig mehr als ein gewöhnlicher Privatmann; und dennoch ist diese Sache, die ich zu führen verspreche, vermöge ihrer Beschaffenheit so wertvoll und bedeutsam für unsere Nation, daß in diesem Falle der Konsul selbst mir gegenüber womöglich noch weniger als ein einfacher Privatmann zu bedeuten haben wird. Nicht nur zur allgemeinen Kenntnis, sondern auch – wenn erst gewisse Vorgänge erzählt sind – zur strengen Verhandlung soll alles gebracht werden, was in den letzten zehn Jahren, seit der Überweisung der Gerichte an den Senat, an Schändlichkeiten und Gemeinheiten im Gerichtswesen begangen worden ist. (38) Die Nation soll von mir erfahren, was es heißen will, wenn während der ganzen Zeit der Rittergerichte, also fast fünfzig Jahre hintereinander, nie auch nur der Schatten eines Verdachtes von Bestechlichkeit auf einen der richtenden Ritter gefallen ist; was es heißt, wenn jetzt, nach erfolgter Überweisung der Gerichte an den Senatorenstand und Aufhebung der Macht des römischen Volkes über jeden einzelnen von uns 45 , wenn da der verurteilte Quintus Calidius gesagt hat: »für weniger als drei Millionen darf man doch einen Mann vom Rang eines Prätors anständigerweise nicht verurteilen;« – oder wenn der Senator Publius Septimius unter dem Vorsitze des Quintus Hortensius wegen Erpressungen verurteilt und der Schadenersatz mit dem Vermerk bemessen wurde, »wegen erwiesener Bestechlichkeit des Angeklagten in seiner Thätigkeit als Richter;« – (39) oder wenn bei der Verurteilung der Senatoren Gaius Herennius und Gaius Popillius wegen Unterschlagung von Staatsgeldern oder der des Marcus Attilius wegen Verletzung der Staatshoheit öffentlich ihre Bestechlichkeit im Richteramt festgestellt wurde; – oder wenn sich Senatoren fanden, die bei der vom Stadtprätor Gaius Verres geleiteten Richterauslosung gerade gegen einen Angeklagten herauskamen, den sie ohne Kenntnis von der Sachlage verurteilen wollten; – oder wenn sich ein Senator feststellen ließ, der als Richter in einem und demselben Prozeß erst vom Angeklagten Geld annahm, um es an die Richter zu verteilen, und dann vom Kläger, um den Beklagten zu verurteilen. (40) Und vollends, wie soll ich jenen abscheulichen, schmachvollen Vorfall beklagen, der den ganzen Stand entehrt? In unserem Staate mußt es bei der Rechtspflege durch den Senatorenstand vorkommen, daß die Urteilssprüche von Männern, die einen Eid geleistet hatten, durch Marken von verschiedener Farbe äußerlich gekennzeichnet wurden! Daß ich dies alles mit unnachsichtlicher Strenge zur Verhandlung bringen werde, das versprech' ich euch. – (XIIII.) Merk ich nun gar, daß hier bei diesem unserem Prozeß derartige oder ähnliche Schändlichkeiten auf irgend eine Weise in Scene gesetzt werden sollen – wie meint ihr wohl, daß ich so etwas aufnehmen werde? Namentlich unter diesen Umständen, wo ich durch zahlreiche Zeugenaussagen folgenden Thatbestand erhärten kann: Verres pflegte in Sicilien häufig, und zwar in Gegenwart vieler Personen, zu sagen: » ich habe ja einen mächtigen Freund, auf den ich mich schon verlassen kann, wenn ich die Provinz plündere; auch such ich ja Geld nicht bloß für mich allein, sondern ich habe mir die drei Jahre meiner Statthalterschaft in Sicilien auf die Art verteilt, daß ich schon reichlich zufrieden sein kann, wenn ich die Einkünfte eines Jahres in meine eigene Tasche fließen lasse; die des zweiten führ' ich dann an meine Schützer und Anwälte ab, und die des dritten« – dies bringt nämlich die allerglänzendsten und üppigsten Erträgnisse – » bewahr ich ausschließlich für meine Richter.« – (41) Dabei kann ich mich nicht enthalten, zu wiederholen, was ich schon neulich vor dem Präsidenten Manius Glabrio gelegentlich der Verwerfung der Richter aussprach, und was damals, wie ich wohl bemerkte, unser Volk in gewaltige Aufregung versetzte. Ich sagte nämlich, aller Wahrscheinlichkeit nach würden die auswärtigen Völkerschaften jetzt Gesandte nach Rom schicken und um Aufhebung des Erpressungsgesetzes nebst allen dafür eingesetzten Gerichtshöfen nachsuchen; »denn wenn es erst keine Gerichtshöfe mehr giebt« – so würden die Leute ungefähr sprechen – »dann wird jeder Verwaltungsbeamte vermutlich nur soviel einstecken, wie er für sich und seine Kinder brauchen zu können glaubt; jetzt aber, wo wir solche Gerichtshöfe haben, schleppen sie jedesmal soviel fort, wie sie für sich, ihre Gönner, ihre Rechtsanwälte, für den Gerichtspräsidenten und sämtliche Richter bedürfen. Das geht ja wahrhaftig ins Unendliche; mag der gierigste Mensch zu uns kommen, seine Habsucht können wir befriedigen, aber außerdem noch seine Prozesse vor dieser Art von Richtern zu bezahlen, das geht über unsere Kräfte.« – (42) Herrliche Gerichtshöfe, in der That! Wunderbares Prestige unseres Standes, wenn schon die Bundesgenossen des römischen Volkes die Gerichte für Erpressungsvergehen abgeschafft wissen wollen, die gerade zum Schutze der Bundesgenossen durch unsere Vorfahren eingesetzt wurden. Oder hätte dieser Verres jemals auch nur einen Schimmer von Hoffnung haben können, wenn er nicht von der schändlichsten Meinung über euch durchdrungen gewesen wäre? Deswegen müßt ihr ihn ja womöglich noch bitterer hassen als das Volk es schon thut, weil er im Punkte der Habgier, des Meineides und Frevels euch für seinesgleichen ansieht.

      XV. (43) Um Himmels willen, wohin seid ihr geraten! Bedenket daß ihr Richter seid. Noch einmal bring ich es euch zum Bewußtsein, was ich so deutlich erkenne: daß euch nämlich hier wie durch eine göttliche Fügung die allergünstigste Gelegenheit geboten wird, euren gesamten Stand reinzuwaschen von allen Flecken der Schmach und Schande, ihn zu befreien von Mißgunst und Haß. Keine Strenge traut man den Gerichtshöfen