Sieh, das ist alles vergessen des Eides wegen, den ich in deine Hand schwur auf dem Rudauer Schlachtfelde, daß ich nicht ruhen wolle, bis der Deutsche Orden vernichtet worden. Dazu kam ich her mit meinen Litauern. Wisse denn auch, daß ich dich zwingen werde zur Schlacht. Ich breche vor mit den Meinigen. Folge mir zum Siege, oder lasse mich schmachvoll im Stich! Wie du willst!
Mit diesen Worten verließ er das Zelt und ritt zu seinen Scharen auf dem rechten Flügel. Er zog sie aus den Wäldern heraus und stellte sie in drei Treffen auf, gute tausend Schritt Entfernung dem Ordensheer gegenüber, dahinter aber eine starke Reserve in vier Linien.
Nun ließ auch der König Zindram Befehl geben, die Polen auf dem linken Flügel in Schlachtordnung zu stellen, ebenfalls in drei Treffen, denn er hatte Volks genug, und es blieben ihm noch reichlich Truppen zum Rückhalt. Als ihm nun die Meldung gebracht ward, daß alles gerüstet sei, bestieg er ein Pferd und begab sich zu den Truppen. Die Anführer wurden zusammenberufen, und er hielt eine kurze Ansprache, ihren Mut anzufeuern. Mitzukämpfen aber gedachte er nicht. Im Schutz einer starken Leibwache zog er sich zu den Reservetruppen zurück, immer darauf bedacht, bei einem unglücklichen Ausgange sich die schnelle Flucht zu sichern. Sein feiges Herz hatte gezittert, als er die eiserne Phalanx des Ordensheeres gesehen. Zindram übergab er das Kommando. Ich vertraue dir viel an, sagte er. Dieser Tag entscheidet über das Schicksal zweier Reiche.
Der kleine Mann schüttelte den Kopf. Ich glaube nicht, antwortete er. Die Partie steht ungleich. Wenn wir in diesem Kampfe unterliegen, so gewinnt Polen nur nichts; wenn der Orden unterliegt, so verliert er mit der Schlacht das Land.
Jagello verzog sein häßliches Gesicht zu einem bitteren Lächeln.
Du denkst nur an Polen – ich aber trage eine Krone. Wenn ich die Schlacht gewinne, dann wird sie festsitzen auf meinem Haupte. Wenn ich besiegt nach Krakau zurückkehre –
Dann wird Zeit sein, daß Ew. Gnaden diesen Fall bedenken, ergänzte der Kronfeldherr. Hoffen wir auf den Sieg! Der Feind sieht stark aus; täuscht mich aber meine Erfahrung diesmal nicht, so sind seine Linien zu weit ausgedehnt. Darauf baue ich meinen Plan.
In Gottes Namen denn! sagte der König, bekreuzte seine Brust und ritt weiter.
14. DIE SCHLACHT BEI TANNENBERG
Der Sturm hatte sich gelegt. Um die Mittagszeit standen nur noch vereinzelte Wölkchen am Himmel; die Sonne brannte auf das Tannenberger Feld nieder, unter der stechenden Hitze litten die gepanzerten Männer und die Pferde unsäglich.
Witowd zügelte seine Ungeduld nicht länger und schritt mit seinen Litauern auf dem rechten Flügel dem Feinde entgegen.
Dies war das Zeichen zum Beginne der Schlacht.
Sofort legten auf den Anhöhen drüben die Stückknechte ihre brennenden Lunten an die Geschützrohre, die Blitze zuckten, und wie Donner rollte es durch die Talmulde. Bald krachten die Kanonen an der ganzen Schlachtlinie des Ordensheeres entlang, eine ohrbetäubende Musik.
Aber so groß der Lärm war, so gering zeigte sich die Wirkung der Kugeln beim Feuern von der Höhe herab. Die schweren Rohre konnten nicht gut nach der Tiefe gerichtet werden, und nach jedem Schusse gehörten viele Menschen dazu, das Geschütz, dem eine Unterlage auf Rädern fehlte, wieder in die frühere Lage zu bringen. Deshalb gab der Hochmeister den Befehl, das Feuer einzustellen, und ließ die Trompeten zum Angriff blasen.
Mit freudigem Kriegsrufe antworteten seine mutigen Scharen und stürzten sich dem Feinde entgegen, der mit wildem Geschrei heraneilte. Auf der Ebene stießen die beiden Heere in mächtigem Anprall gegeneinander. Die Lanzen splitterten, die Schilde barsten, die Schwerter blitzten im Sonnenlicht, die Eisenpanzer klirrten unter der Wucht der Hiebe, die Pfeile zischten durch die Luft, weithin hörbar war das Schlachtgeschrei der Kämpfenden, Rosse und Menschen wälzten sich niedergeworfen und blutend am Boden. Mann stand gegen Mann, keiner wollte weichen; mit gleicher Tapferkeit und Wut wurde hier und dort gekämpft, schrittweise machten sie einander das Feld streitig. Eine Weile schien es, als ob nur die Frage sein könne: Sieg oder Tod?
Aber obgleich Witowd seine bestbewappneten Litauer, Tataren und Russen ins erste Treffen gestellt hatte und auch mährische und böhmische Söldner tapfer unter ihm fochten, den mähenden Schwertern der stahlgepanzerten Ordensritter widerstanden sie doch nicht auf die Dauer. Nach schwerem Ringen kam ihre Linie ins Wanken, ihr Widerstand schien zu ermatten. Dahin hatte längst der Hochmeister seinen Blick gerichtet. Eiligst schickte er Heinz von Waldstein, dem es wenig gefiel, nur dem Kampf von weitem zuzuschauen, zum Ordensmarschall und ließ sich Verstärkungen erbitten. Bald langten die Söldnerhaufen an und warfen sich mit frischer Kraft den schon ermüdenden Litauern entgegen. Sie schwankten, lösten sich, wichen zurück und stießen auf die zweite Schlachtreihe, drängten sie auf die dritte. Dem gewaltigen Anprall der Deutschen gegenüber war nicht wieder fester Boden zu gewinnen, vergebens mühten sich die Anführer, die verlorene Ordnung herzustellen und die plötzlich Zaghaften zu neuem Kampf anzutreiben. In einzelnen Streithaufen bilden die Böhmen und Mähren noch einen festen Kern. Aber da verschwindet ihr Banner des heiligen Georg – ihr Fähndrich ist niedergeworfen, und es dauert eine Weile, bis er sich unter dem Pferde vorarbeitet. Da glaubten die Litauer sich verloren, den Russen und Tataren sinkt der Mut. Flucht – Flucht – rettet euch! hört man überall rufen. Eine Schar Polen wird mit fortgerissen. In wilder Hast geht's den sumpfigen Ufern des Marenseflusses zu, das Ordensheer mit wehenden Fahnen und lautem Siegesgeschrei hinterdrein.
Witowd stellt sich den Fliehenden entgegen, mahnt sie mit Donnerstimme an ihre Pflicht, jagt sie in die Schlacht zurück, schlägt mit eigener Hand die Vordersten nieder. Umsonst alles. Der Schreck scheint alle Tatkraft zu lähmen, die Flucht geht unaufhaltsam weiter. Nun trennen sich die fliehenden Heerhaufen. Die einen werden in die Sümpfe gejagt und finden dort ihr Verderben, andere ereilt, ehe sie die Ufer erreichen, das Schwert der nachstürmenden Reiter. Ein Teil der Litauer und Tataren gewinnt glücklich die Brücke bei dem Dorfe Seewalde, aber bei dem ungeduldigen Drängen stürzen viele in den Fluß und ertrinken; ein anderer Teil sucht in entgegengesetzter Richtung über Dorf Faulen die Straße nach Neidenburg zu gewinnen, entkommt und verbreitet weit ins Land hinaus die Schreckenskunde von der Niederlage.
Nur noch drei Fahnen von Russen aus Smolensk standen fest auf dem Kampfplatze. Der Großfürst, noch immer nicht verzweifelnd, eilte zu ihnen und führte sie schnell in guter Ordnung zu seiner noch unbenutzten Reserve zurück. Das Ordensheer, soweit es nicht den Fliehenden nachjagte, griff hier sofort an. Die eine Fahne sank, die Mannschaft, die sie verteidigte, wurde fast gänzlich aufgerieben. Aber unter Witowds tapferer Führung gelang es dem Rest, fortwährend kämpfend, dem über Leichen hinschreitenden Feinde Widerstand zu leisten und endlich den Anschluß an die Polen zu gewinnen.
Der linke Flügel des Ordensheeres war siegreich, aber auch selbst gelöst aus aller Ordnung. In der Hitze der Verfolgung wurde der Ruf der Komture und Hauptleute ganz überhört, sich zu sammeln und die Schlachtreihen wieder herzustellen. So kam man weit ab vom eigentlichen Kampffelde und verlor des Ordensmarschalls schwarzes Kreuz und des Meisters großes Banner aus den Augen.
Aber auch dort auf dem rechten Flügel schien das Glück bei den Streitern Marias, der Heiligen Jungfrau, zu sein. Zwar Zindram war ein kaltblütiger Führer, der mit klugem Auge jede Blöße des Gegners erschaute und keinen Vorteil unbenutzt ließ, und seine Polen waren keine verächtlichen Streiter; aber zu heftig war der Ansturm der Ordensritter auf ihren kräftigen Rossen, unwiderstehlich der Andrang der um ihre Banner festgeschlossenen deutschen Bürger. Das große polnische Reichspanier mit dem weißen Adler sank in den Staub und wurde fortgeführt von den Rittern. Da jubelten die hochmeisterlichen Scharen, den Polen aber sank der Mut. Immer neue Haufen schickte Jungingen in den Kampf, und begeistert durch die Hoffnung auf Sieg folgten sie seinem Rufe. Da hub er an zu singen: »Christ ist erstanden!« Die nächsten in seiner