Se a ciascun l' interno affanno Si leggesse in fronte scritto, Quanti mai, che invidia fanno, Ci farebbero pietà.
[O wenn Jedem das inn're Leiden Auf die Stirne wär' geschrieben, Manchem würde, den wir beneiden, Mitleid nur von uns geschenkt.
Er hätte auch die folgenden Verse hinzufügen können, die sehr schön sind, und nicht weniger hierher Passen, nämlich:
Si vedria che i lor nemici Hanno in seno, e si riduce Nel parere a noi felici Ogni lor felicità!
Zeigen würde sich, daß er seinen Feind verbirgt im eigenen Busen, Und daß sich auf Glücklichscheinen Sein gepriesenes Glück beschränkt.]
Da es spät wurde, ohne daß ich darauf achtete, kam Herr von Wolmar zu mir, und benachrichtigte mich, daß Julie und der Thee meiner warteten. Sie, sagte ich zu meiner Entschuldigung, haben mich selbst verhindert, schon bei Ihnen zu sein; ich war so entzückt von meinem gestrigen Abend, daß ich diesen Morgen wieder hinging, um ihn noch einmal zu genießen; zum Glück habe ich keinen Schaden dadurch, und da Sie auf mich gewartet haben, so ist mein Morgen nicht verloren.
So denke ich auch, antwortete Frau von Wolmar; besser, man wartet auf einander bis zu Mittag, als daß man das Vergnügen verliert, mit einander zu frühstücken. Fremde werden Morgens nie in meinem Zimmer zugelassen, sondern frühstücken in dem ihrigen. Das Frühstück ist recht das Mahl für Freunde; die Bedienten sind davon ausgeschlossen, kein Ueberlästiger erscheint dabei; man sagt Alles, was man denkt, man enthüllt alle seine Geheimnisse, man thut keiner seiner Empfindungen Zwang an; man kann sich, ohne unvorsichtig zu sein, der Süßigkeit des Vertrauens und des unbefangenen Umganges hingeben. Es ist fast der einzige Augenblick, wo es erlaubt ist, das zu sein, was man ist; warum dauert er nicht den ganzen Tag! Ach Julie, war ich im Begriff zu sagen, das ist ein sehr eigennütziger Wunsch! aber ich schwieg. Das Erste, was ich mit der Liebe abgelegt habe, ist das Loben. Jemanden in's Gesicht loben, wenn es nicht die Geliebte ist, was heißt das anders, als ihn der Eitelkeit zeihen? Sie wissen, Milord, ob dies ein Vorwurf ist, den man Frau von Wolmar machen kann. Nein, nein, ich verehre sie zu sehr, um sie nicht schweigend zu verehren. Sie sehen, sie hören, auf all ihr Thun achten, ist das nicht Lobeserhebung genug?
Zwölfter Brief.
Frau von Wolmar an Frau von Orbe.
Es ist geschrieben, theure Freundin, daß du zu allen Zeiten mein Schutz gegen mich selbst sein, und nachdem du mich mit so vieler Mühe aus den Schlingen meines Herzens befreit, mich auch vor denen meiner Vernunft bewahren sollst. Nach so vielen schmerzlichen Prüfungen fange ich an, mich vor Irrthümern in Acht zu nehmen, sowie vor den Leidenschaften, deren Werk sie so oft sind. Warum habe ich nicht immer dieselbe Vorsicht gebraucht! Wenn ich mich in früheren Zeiten weniger auf meinen richtigen Blick verlassen hätte, so würde ich weniger über meine Empfindungen zu erröthen gehabt haben.
Laß dich durch diesen Eingang nicht beunruhigen. Ich würde deiner Freundschaft unwürdig sein, wenn ich mir noch in den Hauptsachen Raths bei ihr erholen müßte. Meinem Herzen war stets das Verbrechen fremd, und ist, wie ich glaube, jetzt entfernter davon, als jemals. Höre mich also ruhig an, Cousine, und sei überzeugt, daß ich über Fragen, welche das sittliche Gefühl allein entscheiden kann, nie Rathes bedürfen werde. In den sechs Jahren, seit ich mit Herrn von Wolmar in der vollkommensten Einigkeit lebe, die nur zwischen zwei Gatten herrschen kann, hat er, wie du weißt, mit mir nie über seine Familie und seine Person gesprochen, und da er mir von einem Vater zugeführt war, der aus das Glück seiner Tochter ebenso eifersüchtig ist, als auf die Ehre seines Hauses, so habe ich nie viel Begierde gezeigt, mehr über ihn zu wissen, als er gelegen fand, mir zu sagen. Zufrieden, ihm nächst dem Leben Dessen, der mir das meine geschenkt hat, meine Ehre, meine Ruhe, meine Vernunft, meine Kinder und Alles, was mir in meinen eigenen Augen Werth geben kann, zu verdanken, zweifelte ich nicht, daß das, was ich von ihm nicht wüßte, das, was mir bekannt war, nicht Lügen strafen werde, und ich brauchte nicht mehr von ihm zu wissen, um ihn zu lieben, zu schätzen, zu ehren, so sehr man kann.
Heute Morgen beim Frühstück schlug er uns vor, einen Spaziergang zu machen, ehe es heiß würde; unter dem Vorwande, nicht im Schlafrock, wie er sagte, über Land zu laufen, führte er uns dann in die Boskets, und, Liebe, gerade in jenes Bosket, wo das ganze Unglück meines Lebens seinen Anfang genommen hat. Als wir uns diesem verhängnißvollen Orte näherten, fühlte ich mein Herz furchtbar klopfen, und ich würde mich geweigert haben, ihn zu betreten, wenn mich die Scham nicht abgehalten, und nicht die Erinnerung an ein Wort, welches früher im Elysium gefallen war, mir vor Auslegungen bange gemacht hätte. Ich weiß nicht, ob der Philosoph sich ruhiger fühlte, aber als ich einige Zeit nachher zufällig die Augen auf ihn richtete, fand ich ihn blaß, verändert, und ich kann dir nicht sagen, was für eine Pein mir das Alles machte.
Als wir in das Bosket eintraten, sah ich, daß mein Mann mir einen lächelnden Blick zuwarf. Er setzte sich zwischen uns nieder, und nach einem kurzen Schweigen sagte er, indem er uns beide bei der Hand ergriff: Meine Kinder, ich fange an zu sehen, daß meine Pläne nicht eitel sein werden, und daß wir alle drei in einer dauerhaften Liebe vereinigt sein können, von der ich mir ein gemeinsames Glück für uns, und für mich besonders einen Trost in der herannahenden traurigen Zeit des Alters verspreche; ich kenne euch aber beide besser, als ihr mich kennt; es ist billig, unsere Stellung gleich zu machen; und obwohl ich euch nichts besonders Anziehendes zu eröffnen habe, so will ich doch jedenfalls, da ihr kein Geheimniß mehr vor mir habet, auch keines mehr vor euch haben.
Er entdeckte uns hierauf das Geheimniß seiner Geburt, welches bis dahin nur meinem Vater bekannt gewesen war. Wenn du es erfährst, wirst du sehen, wie groß die Kalthlütigkeit und Mäßigung eines Mannes sein muß, der im Stande ist, sechs Jahre ein solches Geheimniß seiner Frau zu verschweigen; aber dieses Geheimniß ist in seinen Augen nichts, und er denkt zu wenig daran, als daß es eine große Anstrengung sein könnte, nicht davon zu sprechen.
Ich will euch mit den Ereignissen meines Lebens nicht aufhalten, sagte er zu uns, es kann euch ja nicht so viel daran gelegen sein, meine Abenteuer als meinen Charakter zu kennen. Jene sind einfach wie dieser, und wenn ihr gründlich wisset, wie ich bin, so werdet ihr euch leicht denken können, was ich gethan haben mag. Ich habe von Natur eine ruhige Seele und ein kaltes Herz. Ich gehöre zu jenen Menschen, von denen man etwas recht Nachteiliges zu sagen glaubt, wenn man sagt, daß sie nichts fühlen, d. h. daß sie keine Leidenschaft haben, welche sie abhält, dem wahren Leitstern des Menschen zu folgen. Da ich für Freude und Schmerz wenig empfindlich bin, so empfinde ich auch nur sehr schwach jene Regungen von Theilnahme und Menschlichkeit, durch welche wir die Affectionen Anderer uns zu eigen machen. Wenn es mich schmerzt, brave Leute leiden zu sehen, so hat das Mitleid keinen Antheil daran; denn ich habe keines, wenn ich schlechte Menschen leiden sehe. Die einzige mich beseelende Kraft ist meine natürliche Liebe zur Ordnungsmäßigkeit, und ein wohlberechnetes Ineinandergreifen der Wechselfälle des Glückes und der Handlungen der Menschen giebt mir ganz dieselbe Befriedigung, wie eine schöne Symmetrie in einem