Verlocken wollte zu Lüsten.
Jegliche Schmach that die Schlaue mir an
Und wenig ward mir des Weibes.
102
Munter sei der Hausherr und heiter bei Gästen
Nach geselliger Sitte,
Besonnen und gesprächig: so schein er verständig,
Und rathe stäts zum Rechten.
103
Der wenig zu sagen weiß wird ein Erztropf genannt,
Es ist des Albernen Art.
104
Den alten Riesen besucht ich, nun bin ich zurück:
Mit Schweigen erwarb ich da wenig.
Manch Wort sprach ich zu meinem Gewinn
In Suttungs Saal.
105
Gunnlöd schenkte mir auf goldnem Seßel
Einen Trunk des theuern Meths.
Uebel vergolten hab ich gleichwohl
Ihrem heiligen Herzen,
Ihrer glühenden Gunst.
106
Ratamund ließ ich den Weg mir räumen
Und den Berg durchbohren;
In der Mitte schritt ich zwischen Riesensteigen
Und hielt mein Haupt der Gefahr hin.
107
Schlauer Verwandlungen Frucht erwarb ich,
Wenig misslingt dem Listigen.
Denn Odhrörir ist aufgestiegen
Zur weitbewohnten Erde.
108
Zweifel heg ich ob ich heim wär gekehrt
Aus der Riesen Reich,
Wenn mir Gunnlöd nicht half, die herzige Maid,
Die den Arm um mich schlang.
109
Die Eisriesen eilten des andern Tags
Des Hohen Rath zu hören
In des Hohen Halle.
Sie fragten nach Bölwerkr, ob er heimgefahren sei
Oder ob er durch Suttung fiel.
110
Den Ringeid, sagt man, hat Odhin geschworen:
Wer traut noch seiner Treue?
Den Suttung beraubt' er mit Ränken des Meths
Und ließ sich Gunnlöd grämen.
Loddfafnirs-Lied.
111
Zeit ists zu reden vom Rednerstuhl.
An dem Brunnen Urdas
Saß ich und schwieg, saß ich und dachte
Und merkte der Männer Reden.
112
Von Runen hört ich reden und vom Ritzen der Schrift
Und vernahm auch nütze Lehren.
Bei des Hohen Halle, in des Hohen Halle
Hört ich sagen so:
113
Dieß rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Steh Nachts nicht auf, wenn die Noth nicht drängt,
Du wärst denn zum Wächter geordnet.
114
Das rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
In der Zauberfrau Schooß schlaf du nicht,
So daß ihre Glieder dich gürten.
115
Sie bethört dich so, du entsinnst dich nicht mehr
Des Gerichts und der Rede der Fürsten,
Gedenkst nicht des Mals noch männlicher Freuden,
Sorgenvoll suchst du dein Lager.
116
Das rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Des Andern Frau verführe du nicht
Zu heimlicher Zwiesprach.
117
Das rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Ueber Furten und Felsen so du zu fahren hast,
So sorge für reichliche Speise.
118
Dem übeln Mann eröffne nicht
Was dir Widriges widerfährt:
Von argem Mann erntest du nimmer doch
So guten Vertrauns Vergeltung.
119
Verderben stiften einem Degen sah ich
Uebeln Weibes Wort:
Die giftige Zunge gab ihm den Tod,
Nicht seine Schuld.
120
Gewannst du den Freund, dem du wohl vertraust,
So besuch ihn nicht selten,
Denn Strauchwerk grünt und hohes Gras
Auf dem Weg, den Niemand wandelt.
121
Das rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Guten Freund gewinne dir zu erfreuender Zwiesprach;
Heilspruch lerne so lange du lebst.
122
Altem Freunde sollst du der erste
Den Bund nicht brechen.
Das Herz frißt dir Sorge, magst du keinem mehr sagen
Deine Gedanken all.
123
Das rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Mit ungesalznem Narren sollst du
Nicht Worte wechseln.
124
Von albernem Mann magst du niemals
Guten Lohn erlangen.
Nur der Wackere mag dir erwerben
Guten Leumund durch sein Lob.
125
Das ist Seelentausch, sagt Einer getreulich
Dem Andern Alles was er denkt.
Nichts ist übler als unstät sein:
Der ist kein Freund, der zu Gefallen spricht.
126
Das rath ich, Loddfafnir, vernimm die Lehre,
Wohl dir, wenn du sie merkst.
Drei Worte nicht sollst du mit dem Schlechtern wechseln:
Oft unterliegt der Gute,
Der mit dem Schlechten streitet.
127
Schuhe nicht sollst