DU GEHÖRST IHNEN.. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: 666 - Perfektion des Bösen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020050
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aufrappelnden Taucher an das Stellatum der rechten Seite seines Halses. Gleich darauf schoss das linke Bein des aktiv gewordenen Beobachters aus einer ganzen Körperdrehung heraus noch einmal mit voller Wucht in Schläfenhöhe an die linke Hälfte des Kopfes des verwirrten Mannes, der gar nicht erst dazu kam, auch nur ansatzweise Widerstand leisten zu können. Ein dumpfer, knackender, nicht gerade sehr freundlich klingender Ton beendete das Schauspiel im folgenschweren Dunkel der wolkigen Herbstnacht der pulsierenden Florida-Metropole, das insgesamt weniger als drei Sekunden gedauert hatte.

      Der Helfer des natürlichen Todes lag regungslos im Sand. Zum ersten Mal in seiner langjährigen Karriere hatte er versagt, das stand zu diesem Zeitpunkt außer Frage ... Ob er das in dem Augenblick seiner größten Demütigung allerdings noch nachvollziehen konnte, entzog sich dem zufrieden in sich hinein lächelnden kleinen Mann in Schwarz, der den – einseitigen – Fight ohne jegliche Gegenwehr des Eindringlings hatte gewinnen können. Und das unschöne Knacken am Kopf des Liegenden ließ darauf schließen, dass er, zumindest für einen langen, ganz ganz langen Augenblick nicht mehr würde klar denken können. Wenn überhaupt jemals wieder.

      Amen.

      Der heimliche Beschützer des Rockstars war nun seinerseits in großer Eile, denn er selbst wollte auf keinen Fall von den Gorillas der Schönheit festgenommen werden. Das harte, bösartige Knacken am Kopf des mit unschönen Absichten eingedrungenen Akademikers verursachte seinerseits in der Stille der Nacht regelrechten Lärm, war vielleicht von einem der aufmerksamen Bodyguards gehört worden. Unser fan in black konnte sich ausrechnen, dass es nicht lange dauern würde, bis ganze Hundertschaften das Strandstück absuchten.

      Also rannte er wie ein Wiesel zur rechten Begrenzung des Grundstückes, wo es durch hohe, dichte Bougainvilleabüsche zum Nachbarn abgeschottet war, bückte sich und zog hektisch, im Zickzack das große Strandstück ablaufend, alle paar Schritte etwas Undefinierbares aus dem Sand bis zur linken Begrenzung zum nächsten Grundstück.

      Mein Trick hat ihn erledigt! Mein Trick hat ihn erledigt!, jubilierte der Kleine dabei still in sich hinein. Wie einfach das alles war, nur ein lumpiger, dünner Nylonfaden brachte IHN, den großen Superprofi, den Geheimnis umwitterten Unbekannten ins Stolpern ... Oft sind es die einfachsten Mittel, die Erfolg bringen. Logik, Genie? Nur gut, dass ich den Faden gleich zwölf Mal kreuz und quer über die gesamte Breite des Strandstückes gespannt habe. Und wie der Erfolg beweist, war es auch richtig, den Faden so eng zu spannen, nur einen geringen Zwischenraum von jeweils zwanzig Zentimetern zu lassen, denn genau in dem engen Netz hat der sich verheddert ...

      Mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen, die feinen Schweißperlen über seinen Lippen abwischend, im Inneren jedoch richtig fröhlich, ausgelassen und fast schon überdreht, hatte er die letzten Splinte mit dem Nylonfaden in schneller Folge aus dem Sand gezogen, dankte im Stillen noch einmal Big Punk und den asiatischen Kampftechniken. Verschwand nun selbst im Wasser und schwamm, kraftvoll und rhythmisch, das Zucken im linken Augenlid hatte längst aufgehört, ins ruhige Binnenmeer hinaus.

      Miami, das Leben und die ganze Welt hatten ihn wieder.

      II

      JE ÄLTER EINE GITARRE WIRD,

      DESTO BESSER KLINGT SIE –

      GENAUSO IST ES AUCH MIT DEN ROLLING STONES

      Keith Richards, 1999

      Frankfurt am Main, einige Tage vorher,

      Stellas bejubeltes Konzert.

      Die Frankfurter Festhalle bebt. Mehr als zwölftausend Stella Henderson-Fans feiern ihre Königin.

      Wie ein Orkan tobt der Beifall der Massen, erreicht einen Lautstärkepegel, gegen den die Gitarristen ihrer Band während des Konzertes nur ein seichtes Geräusch-Lüftchen erzeugt hatten. Die nicht als schön zu bezeichnende, enge, akustisch schwierig zu bespielende Halle, die aber eine sehr intime, Publikum und Künstler faszinierende Stimmung erzeugen kann, bebte. Minutenlang. Von den Rängen der gleiche Jubel wie aus der unbestuhlten Arena. Völlig ausgelaugt steht Stella wie in Trance auf der Bühne, vorne, in der Mitte, verneigt sich immer wieder und wird von der mächtigen Sympathiewelle der rasenden Fans fast umgeworfen.

      Bis vor drei Stunden war sie in Deutschland nur die Prinzessin. Gut, aber sie war nie live zu hören und sehen. Tina Turner, die große alte Dame des Rock, galt selbst bei den Kids vom Hörensagen noch als die Königin, der man sich über Jahrzehnte fast widerspruchslos zu den musikalischen Füßen geworfen hatte, obwohl sie seit gut zehn Jahren nicht mehr on the road war. Der Nachwuchs ist dünn gesät. Zu dürftig die Stimmchen der Konkurrenz oder zu durchsichtig die von hechelnden Marketingstrategen der Plattenkonzerne und Managern ersonnene Bühnenerotik so mancher Sängerin. Zu manieriert, zu langweilig, zu unerotisch, harmlos die Stimmen, zu platt die Songs. Wo war sie, die echte Rockröhren-Konkurrenz? Eine schon längst vergessene Alanis Morrisette, die einfach keine balls hatte; was ist eigentlich aus Melissa Etheridge geworden, die ich sehr mochte? OK, da ist Pink. Die könnte es bringen, wenn sie sich konzentriert und sich nicht vom Mainstream einlullen lässt. Die hat was. Wenn sie Rockmusik macht. Nicht den Popmist wie derzeit. Die anderen machen guten Pop, Christina Aguilera, Shakira, Kelly Clarkson, Adele, Rihanna, aber ... Das ging Stella durch den Kopf, während sie den tosenden Applaus kaputt, aber glücklich in sich aufsog.

      Seit heute – Freitag, zehnter Oktober, 23:25 Uhr mitteleuropäischer Zeit – ist das anders. Stella weiß es: Jetzt bin ich die Königin des Rock. Auch in Europa. Deutschland gehört zu den wichtigsten Märkten im Musik-Business. Ihre erste Tournee durch das Land war restlos ausverkauft. England liebte sie, das hatten ihre drei gefeierten Konzerte der vergangenen Woche im Londoner Hammersmith erneut eindrucksvoll bestätigt. Frankreich und Italien eroberte sie schon vor drei Jahren; die Japaner lechzen nach Stella Herndon und lagen ihr zu Füßen und die Fans in ihrer Heimat, von der East- bis zur Westcoast des Landes der fast unbegrenzten Möglichkeiten, feierten sie sowieso seit etlichen Jahren als die Größte, den Superstar des neuen Millenniums.

      Keine zehn Schritte von ihr entfernt, eingekeilt von stark nach Schweiß und kaltem Tabakrauch riechenden Fans & Freaks, die vom Alter her zum Teil seine Kinder hätten sein können, stand Meerbold. Direkt vor der Bühne, ebenfalls heftig transpirierend. Von seinen widersprüchlichen Gefühlen überwältigt. Nicht fähig, sich äußerlich erkennbar zu freuen. Obwohl ihm das Konzert außergewöhnlich gut gefallen hatte. Die leicht glasigen Augen ununterbrochen auf Stella gerichtet, hat er die rechte Hand noch immer in der zu engen Jeans, um seine wilde, sich selbst zerstörende Gier zu mildern. Zu erregt war er noch immer, genauso wie während der ganzen einhundertsiebenundfünfzig Minuten des Konzertes. Er hat die Zeit gestoppt, weil er jede einzelne Sekunde genießen wollte. Nur gut, dass keiner sehen konnte, wie es um ihn stand. Die kleine Dralle in Schwarz mit den bunten Haaren und dem herrlich runden, festen Hintern hatte sicher nicht bemerkt, dass Meerbold sich in Ermangelung seines Idols, von dem er nur durch die Absperrung zur Bühne hin getrennt war, an IHR mit IHM gerieben hatte, dazu waren die Menschen einfach viel zu dicht aneinandergepresst.

      Stella! So nah war er seiner Göttin noch nie gewesen!

      Er wusste, seine Stunde war gekommen. Jahrelang hatte er auf diesen Augenblick warten müssen, denn die Henderson hatte bei ihren Tourneen stets einen Bogen um Deutschland gemacht und die Zeit, eines ihrer Konzerte im Ausland zu besuchen, konnte Meerbold einfach nicht aufbringen.

      Stellas schwedische Großmutter war auf die ´Germanen´, wie sie immer mit leicht sarkastischem Unterton zu sagen pflegte, durch schwere Schicksalsschläge, die sie als Jüdin in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts hinnehmen musste, auch heute noch nicht gut zu sprechen. Obwohl inzwischen weit mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen war und das Wassermannzeitalter* (Anhang) mit seinen enormen Umwälzungen in der Menschheitswerdung eingeläutet worden war. Ein neues Jahrtausend mit veränderten Vibrations, das trotz der entsetzlichen Kriege des letzten Jahrhunderts und der großen Veränderungen im arabischen Raum um einiges friedfertiger zu werden verspricht ...

      Staatssekretär Rudolf Meerbold, Mann mit eigenwilliger Karriere und dem Tick, jede Frau müsste ihm, Meerbold, rettungslos verfallen sein, kannte den Grund seines weiblichen Heros, Deutschland bei ihren Tourneen zu umgehen, bis dato nicht.

      Für