Im Ersten Weltkrieg wird der Kriegsfreiwillige Max Breunig, eingesetzt bei der Fuß-Artillerie Straßburg, verschüttet. Nur noch einmal läuft er auf, der Krieg bedeutet das Ende seiner fußballerischen Laufbahn. Hirsch sieht ihn ab 1921/22 als KFV-Trainer wieder, und 1930/31 erreicht Breunig mit 1860 München das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Zuletzt lebte der Fußballlehrer im Pforzheimer Stadtteil Arlinger; die Heimspiele des „Club“ (d.i. der 1. FC Pforzheim) hat er, da stark gehbehindert, nicht mehr besucht. Auch schien ihm der Fußball der Nachkriegszeit sehr weit entfernt von seinen idealistischen Vorstellungen. Am 4. Juli 1961 verstarb Max Breunig infolge eines Herzanfalls in seiner Pforzheimer Wohnung.
Rekordnationalspieler, beinamputiert
Nach dem vorerst letzten Länderspiel 1914 hieß der Rekordnationalspieler des DFB Eugen Kipp, 18-mal in die Nationalelf berufen und zehnmal Torschütze. Er kam aus der Stuttgarter Karlsvorstadt (heute Stuttgart-Heslach), sein Verein Sportfreunde beschäftigte den Ehrenspielführer als Platzwart. Als der Klub 1913 abstieg, meldete die Sportpresse „außerordentliche Ziehversuche“ und „höhere Angebote“. Kipp entschied sich gegen Fürth und Pforzheim und für „seinen persönlich und von seinem Verein bestgehassten Rivalen Stuttgarter Kickers“ (alle Zitate: „Süddeutsche Sportzeitung“).
Eugen Kipp war 30 Jahre alt, als er im Oktober 1915 als Soldat an der Westfront bei Ypern schwer verwundet wurde. Sein rechtes Bein musste oberhalb des Knies amputiert werden, weitere Verletzungen hatte der Stuttgarter durch Bajonettstiche in Kiefer und Schulter erlitten. Eugen Kipp starb an den Folgen der Kriegsverwundungen 1931 in seiner Heimatstadt im Alter von 46 Jahren.
Einer aus der „Generation Hirsch“ wurde sogar Bürgermeister. Das geschah von Mai bis August 1945, als die US-Amerikaner den offensichtlich politisch unbelasteten elfmaligen Nationalspieler Karl Burger (geb. 1883) in Waibstadt im nordbadischen Kraichgau einsetzten. „Karle“ Burger stammte wie der gerade erwähnte Rekordnationalspieler Kipp aus der Stuttgarter Karlsvorstadt. Via Augsburg hatte er den Weg nach Fürth gefunden, wo er mit Hirsch 1914 die Deutsche Meisterschaft gewann. Wie viele andere ergriff er den Beruf des Sportlehrers. Als Alterssitz wählte er das erwähnte Waibstadt und besaß dort das Hotel „Waibstadter Hof “, in dessen Saal die „Waibstadter Lichtspiele“ stattfanden, ein Kino, das nach Burgers Tod 1959 im Jahr 1965 geschlossen wurde.
Eugen Kipp, bis 1914 Rekordnationalspieler. Im Ersten Weltkrieg musste sein rechtes Bein amputiert werden.
Über den Krieg hinaus währte die Nationalmannschafts-Laufbahn des Adolf Jäger aus Altona, wurde er doch ab 1920 noch siebenmal berufen und erreichte damit 18 Länderspiele. 1944 wurde das Schicksalsjahr der Familie Jäger: Sohn Rolf, hochtalentierter Ligaspieler von Altona 93, kam am 10. Juni als Flaksoldat nach der Invasion der Alliierten auf einem französischen Flugplatz ums Leben. Vater Adolf starb als Luftschutzhelfer am 21. November durch eine britische Sprengmine am Altonaer Fischmarkt in Hamburg. Die Taufe der „Adolf-Jäger-Kampfbahn“ hatte er am 27. August 1944 noch miterlebt.
KAPITEL 7
Der Kronprinzenpokal, teils ungeliebt \\\ Schock auf dem „Zabo“ \\\ Hirschs Debüt 1911 und sein spätes Comeback 1923
Der deutsche Fußball kennt in seiner Anfangszeit drei wesentliche Wettbewerbe: die 1903 erstmals ausgetragene Deutsche Meisterschaft für Vereine, die Länderspiele seit 1908 und den für die Spielzeit 1908/09 eingeführten Kronprinzenpokal, bei dem nicht Vereine, sondern Auswahlmannschaften der DFB-Regionalverbände aufeinandertrafen.
Der Pokalwettbewerb, basierend auf einer Stiftung von Wilhelm von Preußen, den das DFB-Jahrbuch 1911 auf Seite 3 ganzseitig als aktiven Kicker abbildete, wurde nach seiner Entstehung noch sehr skeptisch beurteilt. Die Gründe: Er würde erheblich mehr Arbeit für die Verbände und noch mehr Begegnungen für die Auswahlspieler der Klubs bedeuten. Süddeutschland nominierte deshalb erst einmal nur eine B-Mannschaft, „der Eingeweihte hört manches Murren seitens der Verbands- und Vereinsleitungen“ (1909).
Mit der Zeit aber erkannten die regionalen Verbände die Bedeutung des Kronprinzenpokals für ihr Prestige (und als Einnahmequelle?). Hinzu kam, dass der Pokal als „Schaufenster“ für Nationalmannschafts-Kandidaten diente. Die Gewinner verteilten sich bis 1918 – eine Zeitlang fand der Wettbewerb infolge des Krieges nicht statt – auf Norddeutschland (dreimal), Süddeutschland (zweimal), Mitteldeutschland (Teile der früheren DDR, heute Ostdeutschland genannt), Westdeutschland und Brandenburg, das Berlin ersetzte (je einmal). Der stets nachdenkliche Sportjournalist Walther Bensemann, wieder einmal besorgt um die Belastung der berufstätigen Spieler, war der Ansicht, Nordostdeutschland (= Ostpreußen) und Südostdeutschland (Breslau, Cottbus etc.) hätten eine Teilnahme gar nicht verdient, da sie fast immer der Konkurrenz unterlegen seien.
Fünfstellige Besucherzahlen erreichte der Kronprinzenpokal lediglich bei zwei Berliner Endspielen am Ort des heutigen Olympiastadions, so 1913 anlässlich der Einweihung des Deutschen Stadion Berlin 10.000 und 1914 am selben Ort 15.000. Größere Einnahmen meldete auch sonst nur Berlin (7.000 auf dem Union-Platz Mariendorf und 9.000 auf dem Hertha-Platz).
Das erste Spiel, das erste Tor
Julius Hirsch, gewiss kaisertreu wie all seine Sportkameraden, debütiert in diesem zusätzlichen Pflichtprogramm am 12. November 1911 auf dem Sportplatz innerhalb der Leipziger Radrennbahn gegen Mitteldeutschland. Bosch, Breunig, Förderer und Fuchs aus seinem Verein KFV begleiten ihn, sein späterer Fürther Mannschaftskollege „Karle“ Burger ist ebenfalls vor Ort, und auch der wechselfreudige sächsische Nationalmannschafts-Kapitän Camillo Ugi, zu der Zeit beim FSV Frankfurt. Hirsch erzielt in der 52. Minute die Führung der Süddeutschen, drei Minuten später trifft Gottfried Fuchs, die Partie endet 2:1, womit der Süden das Kronprinzenpokal-Endspiel 1912 erreicht hat.
Das findet nun nicht am neutralen Ort, sondern am 18. Februar 1912 in Berlin statt; der Gegner ist Brandenburg. Die Brandenburger schicken ausschließlich Berliner aufs Feld, darunter acht Internationale, und spielen vor allem gegen Karlsruher (Hollstein, Breunig, Gros, Förderer, Fuchs, Hirsch vom KFV, Wegele vom Phönix).
Die 7.000 Zuschauer auf dem Union-Platz von Berlin-Mariendorf erleben das spektakulärste Kronprinzenpokal-Endspiel aller Zeiten. Julius Hirsch erzielt gleich nach Anpfiff in der ersten Spielminute das 1:0 für den Süden, er erhöht in der 28. Minute auf 3:1 und in der 70. auf 6:3. Zwei Tore steuert Gottfried Fuchs bei, eines Fritz Förderer, Endstand 6:5 für den Süden.
Nach einem Einsatz im Viertelfinale des Wettbewerbs 1912/13 in Fürth (Süd – Mitteldeutschland 3:1, 6.000 Zuschauer, Süddeutschland scheidet im Halbfinale in Berlin mit 1:2 gegen Westdeutschland aus) tritt Hirsch am 12. Oktober 1913 im Kronprinzenpokal gegen Westdeutschland vor 5.000 bis 6.000 auf dem Sportplatz bei der Eichbaumbrauerei des VfR Mannheim (später: VfR-Platz bei den Brauereien, 1959 beseitigt) infolge seines Vereinswechsels bereits als Fürther an.
Das dramatischste endspiel um den Kronprinzenpokal endete 1912 in Berlin mit 6:5 für Süddeutschland gegen Berlin. Die Erfolgself bildeten (v. l.) Förderer, Fuchs (beide KFV), Burger (Fürth), Kühnle (Stuttgarter Kickers), Wegele (Phönix Karlsruhe), Hollstein, Breunig (beide KFV), Kieferl (Wacker München), Höfler (FV Kaiserslautern), Hirsch, Gros (beide KFV).
Der süddeutsche Innensturm lautet wie zu KFV-Zeiten: Fritz Förderer – Gottfried Fuchs – Julius Hirsch. Auch Hirschs neuer Fürther Mannschaftskamerad Hans Schmidt, der spätere Nationalspieler, ist nominiert. Berichtet wird von „großer Begeisterung“ und „wunderbarem Spiel“. Die Westdeutschen führen zur Pause 2:0, dann erzielt der Karlsruher Gottfried Fuchs einen Hattrick (53., 60., 84. Min.) zum 3:2-Endstand.