Seewölfe Paket 35. Fred McMason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred McMason
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881098
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wieder hoch.

      „Warum sagst du das nicht gleich, Mann?“ Mac Pellew grabschte sich das nächstbeste Tau, verknotete ein Ende mit fliegenden Fingern an der Sturmlaterne und begann sie Hand über Hand abzufieren.

      Shane schlug ihm ermutigend auf die Schulter.

      „Siehst du, Mac, mit etwas gutem Willen geht alles.“

      Der Koch spitzte nur kurz außenbords, sah, daß die Laterne etwa drei Fuß über der Wasseroberfläche hing, nickte zufrieden und belegte die Leine an einer Klampe. Danach nahm er die Handangel, überprüfte den festen Sitz des Hakens und des darüber befestigten glitzernden Metallplättchens und warf die Schnur aus.

      „Ihr werdet staunen“, verkündete er.

      „He, Shane!“ rief Jan Ranse von der Querbalustrade her. „Gibt es hier Wale?“

      Nur Mac Pellew fand die Bemerkung nicht komisch. Er beugte sich übers Schanzkleid und suchte nach den Schuppenleibern, die vom Lichtschein angelockt wurden. Aber was da momentan dicht unter der Oberfläche dahinhuschte, war nicht der Rede wert.

      „Beißen sie schon?“ fragte Jan Ranse.

      Der Koch kochte innerlich. Er beugte sich noch weiter vor, sein Blick wanderte nach achtern – und im selben Moment erstarrte er. Der Lichtschein reichte gerade noch aus, ihn erkennen zu lassen, daß wassertriefende Gestalten hinter dem Heck aufenterten. Irgendwie hatten sie es geschafft, ein Tau über den Papageienstock zu werfen.

      „Alarm!“ brüllte er. „Wir werden angegriffen!“

      „Natürlich“, sagte Shane.

      „Von fliegenden Fischen?“ erkundigte sich der Niederländer vom Achterdeck her. Auch Sven Nyberg, der mit Jan Ranse zusammen Wache ging, hatte seinen Törn inzwischen unterbrochen.

      „Wenn Fische aussehen wie halbnackte Inder, dann meinetwegen“, erwiderte der Koch wild.

      Während die Wachen endlich begriffen, daß er es ernst meinte, versetzte er die Sturmlampe in schwingende Bewegung. Auf diese Weise entdeckte er noch vier Schwimmer unterhalb des Grätingsdecks, die darauf warteten, entern zu können. Drei oder vier Kerle hingen bereits am Tau, und der erste schwang sich soeben übers Schanzkleid.

      Er wurde herzlich empfangen. Sven Nyberg zerrte ihn binnenbords und rammte ihm sein Knie unters Kinn, daß er gleich ächzend auf die Planken sackte. Das war auch dringend nötig, denn die Männer, die hinter ihm in die Höhe hangelten, brauchten Platz.

      Jan Ranse knöpfte sich den nächsten vor, der wie der Leibhaftige hinter der Verschanzung hochfuhr und mit einem mächtigen Satz nach innen flankte. In der Rechten schwang er einen armlangen Säbel, zwischen den Zähnen hielt er einen blitzenden Krummdolch. Davon abgesehen, wirkte er tatsächlich wie ein Teufel, denn seine rotbraune Haut glänzte ölig, und die Haare hingen ihm wie Hörner in die Stirn. Unwillkürlich prallte der Niederländer zurück. Das genügte dem Angreifer, um mit dem Säbel auf ihn einzudringen.

      Nur um eine Fingerbreite zuckte die Klinge an Jan Ranse vorbei. Die Pistole aus dem Gürtel zu ziehen und den Hahn zu spannen, schaffte er nicht mehr. Ein zweiter Hieb zerschlitzte ihm das Hemd über der Brust und ritzte die Haut. Aber dann erreichte Jan Ranse die nächste Nagelbank und tastete blindlings nach einem freien Nagel. Den Inder ließ er nicht einen Moment aus den Augen, deshalb konnte er rechtzeitig reagieren, als die Klinge von oben niedersauste.

      Endlich waren Mac Pellew und die Wachen von der Back heran. Mac sprang den Mann von hinten an und preßte ihm die Arme an den Leib. Wahrscheinlich hätte er dem Kerl die Rippen gebrochen, hätte nicht Jan Ranse mit dem Belegnagel zugeschlagen.

      „Klingt hohl“, sagte Mac spöttisch, als der Inder in seinen Armen zusammensackte. Achtlos ließ er ihn auf die Planken sinken.

      Big Old Shane hatte das Tau über dem Papageienstock gekappt, nachdem der dritte Angreifer an Deck erschienen war. Nummer zwei und drei flogen soeben unfreiwillig und in hohem Bogen ins Hafenbecken zurück. Die vom Lärm alarmierten Arwenacks, die über die Niedergänge an Deck stürmten, erschienen zu spät, sie brauchten nicht mehr einzugreifen.

      Jan Ranse bückte sich nach dem noch besinnungslosen Rothäutigen. „Faß mit an!“ forderte er den Koch auf.

      Sie hoben den Kerl hoch, aber bevor sie ihn auf den Handlauf wuchteten, hielt Mac inne.

      „Warte!“ sagte er schnell. „Mir ist da was eingefallen.“

      „Und was?“

      Mac Pellew grinste breit. „Daß man sich eines lausigen Zahnes wegen die Köpfe einschlägt, finde ich lächerlich.“

      „War das alles?“

      „Hilf mir, den Burschen in die Kombüse zu schaffen.“

      „Was soll ich?“ Jan Ranse starrte den Zweitkoch an, als sehe er einen von Old Donegals Meeresgeistern leibhaftig vor sich.

      „Du hast schon richtig verstanden“, sagte Mac.

      „Aber was …?“

      „Laß das meine Sorge sein, Jan. Muß nicht gleich jeder erfahren, was ich mit dem Rotgesicht vorhabe.“

      Sie schleppten den Inder, der sich langsam wieder regte, zur Kombüse. Zwar traf sie der eine oder andere Blick, doch niemand stellte sich ihnen entgegen. Da die meisten Arwenacks die nähere Umgebung des Schiffes absuchten, achtete ohnehin kaum einer auf sie.

      Mac Pellew atmete auf, als das Kombüsenschott hinter ihnen zufiel.

      „Was soll der Unsinn?“ fragte Jan Ranse ärgerlich. Die Ungewißheit behagte ihm nicht.

      Mac schlug mit dem Fleischklopfer zu. Der Inder, eben im Begriff, sich aufzurichten, sackte erneut zurück und streckte alle viere von sich.

      „Du bleibst hier und paßt auf ihn auf! Ich bin sofort wieder da.“ Ehe Jan ihn zurückhalten oder energischer fragen konnte, schlängelte sich Mac davon.

      Einige Minuten vergingen. Dem Niederländer erschienen sie wie eine kleine Ewigkeit. Er schielte schon nach dem Fleischklopfer, den er womöglich ebenfalls benutzen mußte, um den Inder im Reich der Träume zu halten, da kehrte Mac endlich zurück.

      „Ist der Kerl wieder aufgewacht?“

      „Noch nicht, aber gleich. Willst du mir endlich verraten …?“

      „Hau ihm noch eine drauf, nur für alle Fälle!“

      „Wovon redest du?“

      Der Koch seufzte ergeben. „Wenn du mir nicht assistieren willst, sag’s beim nächstenmal lieber gleich. Dann suche ich mir einen, der weniger Fragen stellt.“

      Er breitete ein ledernes Etui auf dem Tisch aus, das er zweifellos dem Kutscher entwendet hatte. Eine Reihe chirurgischer Instrumente lagen darin. Zielstrebig griff er nach einer großen Krummpinzette.

      „Halte ihm das Maul auf! Möglichst weit.“

      Das Gebiß des Inders wies lediglich zwei Lücken auf. Mac Pellew faßte einfach zu und überprüfte den festen Sitz der Backenzähne.

      „Du willst ihm die Zähne ziehen?“ fragte Jan Ranse ungläubig.

      „Nur einen“, erwiderte Mac. „Wir brauchen einen Backenzahn, den wir dem Hauptmann präsentieren können.“

      Mit geübtem Griff setzte er die Krummpinzette an. Er rüttelte mit dem Ding hin und her, als gelte es, einen festgewachsenen Nagel aus einer mehrere Inches starken Planke herauszuziehen. Ein gräßliches Knirschen hob an, das den assistierenden Niederländer schaudern ließ.

      „Weit auf!“ blaffte Mac Pellew. „Wie soll ich sonst sehen können, welchen Zahn ich erwische?“

      Jan Ranse verdrehte die Augen. Er hätte jetzt einen Rum bitter nötig gehabt. Schon wenn er daran dachte, daß er vielleicht eines Tages an der Stelle des Inders sein würde, rebellierte sein Magen. Tapfer schluckte er die aufsteigende Säure wieder herunter und bemühte