Ein Traum von Freiheit. Thomas Flanagan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Flanagan
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711480380
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Mann, ohne damit so anzugeben wie manche anderen.«

      »Unten in Munster werden andere Schiffe ankommen«, sagte Elliott. »Aber nicht voll Branntwein.«

      Duggan nahm einen langen Schluck und leckte sich dann die Lippen. »Bei Gott, es schmeckt noch genauso. Ich hatte diesen Geschmack vergessen.« Er kippte das Glas über dem Lehmboden aus und stellte es wieder auf den Tisch.

      »Und wenn die Franzosen landen«, fuhr Elliott fort, »wird Munster sich erheben.«

      »Vielleicht«, sagte Duggan. »Aber Munster ist weit weg von Mayo. So weit wie Wexford.«

      »Im Süden und in der Mitte sind die United Irishmen stark«, antwortete Elliott. »Und auch in Galway und Sligo gibt es United Men. Nicht so viele, aber es werden immer mehr. Wenn sich die ganze Insel erhebt, können wir gewinnen.«

      »Was gewinnen, Mr. Elliott? Das ist mir ein Rätsel. Ihr seid ein Gentleman und ein Grundbesitzer. Was wollt Ihr denn noch mehr?«

      Elliott zögerte und wußte nicht so recht, wie er antworten sollte. »Freiheit«, sagte er schließlich.

      »Freiheit wovon?« fragte Duggan, und seine Verwirrung wirkte echt.

      »Von England«, antwortete Elliott. »Von einer Regierung und einem Parlament, die tun, was England wünscht.« Freiheit von der Vergangenheit, wollte er hinzufügen, aber das hätte für Duggan keinen Sinn ergeben.

      »Für Euch mehr Macht«, sagte Duggan. »Aber das bedeutet nichts für Mayo. Hier haben die Grundbesitzer ihre Hacken auf unseren Nacken gesetzt. Ihr habt doch sicher nicht vor, uns von den Grundbesitzern zu befreien. Ihr seid doch beide Grundbesitzer.«

      »Man weiß nie«, antwortete MacDonnell. »Bei einer Revolution weiß man nie. Sie fangen auf die eine Weise an und enden ganz anders.«

      Elliott warf ihm einen scharfen Blick zu. MacDonnell lächelte entspannt. »Es gibt Grundbesitzer, und es gibt Grundbesitzer. Nimm doch einen miesen Landraffer wie Cooper oder wie deinen eigenen Gibson. So einem würde es im ganzen Durcheinander wohl nicht zu gut gehen.«

      Elliott wollte etwas sagen, riß sich dann aber zusammen. MacDonnell und Duggan starrten einander an.

      »Bei einer Rebellion«, sagte MacDonnell, »wären wir auf der einen Seite und Männer wie Gibson und Cooper auf der anderen. Alle wären auf der anderen Seite – Falkiner und Saunders und der ganze Rest. Ihnen würde es übel ergehen, wenn die Männer von Mayo sich erheben würden. Schließlich können die Whiteboys nur Vieh umbringen und hier und da mal hinter einer Hecke einen Schuß abfeuern. Und ihr würdet ziemlich schnell zerschlagen werden, macht euch da nichts vor.«

      »Seht Ihr das auch so, Mr. Elliott?« fragte Duggan.

      MacDonnell legte seine Hand auf Elliotts Arm und drückte zu.

      »Auf meinem eigenen Land gibt es an die zwanzig Burschen«, sagte er, »die keine Zeit für die Whiteboys haben, aber wenn ich ein Wort sage, dann schwören sie den United-Eid, und ich kann sie anführen. Und das weißt du gut. Die Männer auf dem MacDonnell-Land sind immer den MacDonnells gefolgt. Und dasselbe gilt für Corny O’Dowd und Tom Bellew. Ich habe den United-Eid geschworen, und Corny und Tom auch. Wir werden keinen Finger rühren, wenn die Franzosen nicht kommen, aber an dem Tag stehen wir auf der Straße. Und dasselbe gilt für gewisse Männer an der Küste, in Westport, deren Namen dir bekannt sein sollten.«

      Duggan rieb sich mit der Hand über seinen steifen, drahtigen Haarschopf, sagte jedoch nichts.

      »Wir brauchen deine Männer, Malachi, und wir brauchen dich.«

      »Ich bin kein MacDonnell von Ballycastle«, sagte Duggan. »Die Whiteboys sind nur unwissende arme Teufel, und ich bin nur einer von ihnen. Wir haben doch gar keine Anführer. Wir sind nur eine Bande von unwissenden armen Teufeln.«

      »Erzähl das deiner Großmutter«, antwortete MacDonnell. Duggan lachte, eine schwere Kette schien aus seiner tiefen, muskulösen Brust hochgezogen zu werden.

      »Wenn Ihr den United-Eid ablegt«, mahnte Elliott, »müßt Ihr auf die Anweisungen der United Men hören. Und wir haben kein Interesse daran, Vieh abzustechen oder Steuereinnehmern die Ohren abzuschneiden. Diese Insel interessiert uns, nicht irgendeine Baronie in Mayo.«

      »Nun gut, Mr. Elliott«, sagte Duggan. »Ich will Euch sagen, was ich vielleicht tun kann. Ich werde nach Männern Ausschau halten, die Whiteboys sein könnten, und ich werde ihnen mitteilen, was Ihr gesagt habt und mich mit ihnen beraten.«

      »Mehr verlangen wir auch nicht, Malachi«, sagte MacDonnell. »Mehr verlangen wir nicht.« Er füllte ihre drei Gläser. »Nun nimm doch hiervon einen Schluck, auf unsere Abmachung.«

      »Ich werde gern auf Eure Gesundheit trinken«, erwiderte Elliott. »Aber eine Abmachung haben wir erst mit dem Eid.«

      »Ihr seid ein Gentleman mit sehr starren Regeln«, sagte Duggan. »Wie alle Gentlemen.«

      Als sie allein bei ihren Pferden auf der heißen, staubigen Straße standen, sagte Elliott: »Ich kann mit Eurem Duggan wenig anfangen. Er ist ein gerissener Rohling.«

      MacDonnell lächelte. »Stimmt. Er ist ein so übler Schurke, wie wir ihn auf einem Tagesritt überhaupt finden können. Was habt Ihr denn erwartet?«

      »Etwas besseres.«

      MacDonnell spuckte aus und scharrte dann geistesabwesend mit seinem Stiefel auf der Spucke herum. »Ihr solltet Euch dann wohl besser anderswo umsehen, Malcolm. Duggan ist das, was wir hier haben. Und wir können schlimmere als Duggan finden, und das werden wir vielleicht auch, ehe dieses Lied fertig gesungen ist. Habt Ihr Euch nie diese wilden Geschöpfe aus Belmullet angesehen, die nicht besser sind als Heiden? ›Christus ist nicht für Belmullet gestorben‹, heißt es in Erris.«

      Elliott lächelte. »Wenn Er für Malachi Duggan gestorben ist, dann hat Er ein schlechtes Geschäft gemacht.«

      MacDonnell brüllte vor Entzücken und legte seine Hand auf Elliotts Schulter. »Ihr seid ein schrecklich gotteslästerlicher Protestant, bei Jesus.«

      »Ihr seid auch nicht schlecht«, erwiderte Elliott, immer noch lächelnd.

      Es hatte eine Zeit gegeben, vor sieben oder acht Jahren, als er und MacDonnell sich sehr ähnlich gewesen waren, die besten Reiter der Jagd, die beim Rennen zusammen tranken, die letzten beiden, die in der frühen Dämmerung ein Fest verließen. Vor Dublin, vor London. Nun sah er MacDonnell als einen Mann, dessen Welt von seinem Horizont, von Bucht und flachen Feldern und entfernten Bergen begrenzt war. Belmullet war das letzte Ende seiner Welt, wie die leeren weißen Flekken auf der Karte eines Entdeckers.

      »Was sind wir doch für Idioten«, sagte MacDonnell. »Landbesitzer, die mit Whiteboys verhandeln. Wir haben Glück, wenn wir ohne Strick um den Hals aus dieser Sache herauskommen. In Wexford sind auch Grundbesitzer gehenkt worden. Bagenal Harvey war ein Landbesitzer und Grogan auch.«

      »Da habt Ihr durchaus recht«, sagte Elliott, und das Lächeln verließ seine Lippen. »Wir haben gute Chancen, gehenkt zu werden.«

      »Ich habe dem jungen Johnny Moore eine einfache Antwort gegeben, wenn Ihr versteht, was ich meine. Weder ja noch nein. Aber bei Jesus, als sie diese Burschen nach Ballina gekarrt haben, stand meine Entscheidung fest. Wir oder sie, sagte ich mir, und ich werde diese Angelegenheit nicht ohne einen Kampf auf sich beruhen lassen. Die Zeiten sind lange vorbei, als ein kleiner Scheißer wie Sam Cooper durch die Baronie reiten und sich wie der Großtürke aufführen konnte.«

      »Nun ja«, sagte Elliott. »Whiteboys. Bei Whiteboys hat es nie ein Pardon gegeben. Vor zwanzig Jahren hätten diese Burschen sich glücklich schätzen können, wenn sie Ballina lebend erreicht hätten.«

      »Bei Gott, das stimmt«, erwiderte MacDonnell. »Zur Zeit meines Vaters, oder des Euren. Aber das ist lange her. Und es gibt in diesem Land noch immer nicht genug Gerechtigkeit, um den Hut eines Pastors zu füllen. Vielleicht bringen Eure Franzosen uns welche, zusammen mit ihren Gewehren und ihren Soldaten.«