»Das haben sie in Wexford gemacht«, antwortete Moore.
»Ach, erzähl mir nichts von Wexford. Das spricht nun zu sehr gegen deine Sache.«
»Die Franzosen werden kommen«, sagte Moore. »Darauf können wir uns verlassen. Dann wird der Kampf sich lohnen.« Er nippte am Punsch. Der war süß, wie er befürchtet hatte. Aber er trank weiter und nahm einen größeren Schluck.
»Bei Gott, das klingt gut. Dieses Land braucht einen Kampf. Trink aus, John, trink aus.«
»Es wird ihn bekommen«, sagte John. »Und wenn der Kampf vorbei ist, dann ist es ein Land und nicht mehr Englands Kornkammer. Wird das Volk von Mayo dafür kämpfen?«
MacDonnell lachte und kippte alles, was sich noch in der kleinen Schüssel befand, in ihre Tassen. »Nora«, rief er. »Mehr Punsch!« Er wartete einen Moment, dann rief er wieder: »Nora!« Er nickte Moore zu. »Sie hält ihn schon bereit. Das Geheimnis bei Punsch ist, ihn heiß zu halten. Noch am heißesten Sommertag würde ich eher Punsch trinken als Whiskey. Er macht einen klaren Kopf.«
»Werden sie kämpfen?« wiederholte Moore.
»In diesem County gibt es wildere Burschen als in beiden Königreichen zusammengenommen«, sagte MacDonnell. »Jesus, bei den letzten Dorfkämpfen von den Männern aus Ballycastle und denen aus Killala haben sie Schädel aufgeschlagen, wie du oder ich ein Ei öffnen würden. Einige hatten Schlehenknüppel, so dick wie das Handgelenk eines dicken Mannes. Zwei Männer sind glatt getötet worden, und dabei haben diese Männer um nichts anderes gekämpft als die Ehre ihrer Städte. Jesus, die Ehre von Killala!«
»Ich kenne Dorfkämpfe«, sagte Moore. »Eine blöde, brutale Angelegenheit. George hat sie in Ballintubber verboten.«
»Auch nicht blöder, als eine Republik einem Dorfkämpfer vorkommen würde. Oder einem Whiteboy. Sie haben keine Vorstellung davon. Aber sie hassen gut. Sie werden gegen das kämpfen, was sie hassen.«
Nora brachte eine neue Schüssel mit Punsch und setzte sie neben die leere. Ehe sie sich wieder aufrichten konnte, hatte MacDonnell den Arm um ihre Taille gelegt und sie auf seine Sessellehne gezogen. »Habt ihr so was in Ballintubber, John?« Er legte die Hand auf ihre Rippen, dann schob er sie nach oben und preßte eine ihrer Brüste auf ihren Hemdrand zu. »Sieh dir so ein Geschöpf an, und es verdrängt jeden anderen Gedanken aus deinem Gehirn.« Sie lehnte sich an seine Schulter und lächelte John schüchtern an.
MacDonnell legte die Hand auf ihre Brust und streichelte sie sanft. »Geh jetzt«, sagte er. »Wir haben Geschäfte zu besprechen.«
Als sie gegangen war, warf MacDonnell einen Blick auf die geschlossene Tür. »Aber trotz allem ist sie eine verdammt faule Magd. Sie heißt Nora Duggan und ist die Nichte eines dicken Farmers namens Malachi. Er ist einer von Gibsons Pächtern. Die Männer in Kilcummin halten sich an Duggan. An Duggan und einen Burschen namens Ferdy O’Donnell. Ferdy ist in Ordnung. Wir sind irgendwie verwandt, schon seit Jahrhunderten. Du kannst dich darauf verlassen, daß diese beiden in der Whiteboygeschichte mit drinhängen. Bei Gott, wenn dieser Ärger auf Ballycastle übergreift, dann werde ich ihnen dankbar sein, wenn sie sich auf Protestanten beschränken.«
»Ich wüßte gern«, sagte Moore ruhig, »ob wir uns nicht bei diesen Whiteboys nach Rekruten umsehen sollten.«
MacDonnell nickte. »Ich hab mir schon gedacht, daß wir zu dieser Frage kommen würden.« Er beugte sich vor und berührte die Schüssel, zog die Hand aber schnell zurück. »O Jesus, ich hab mich verbrannt. Wie zum Teufel hat dieses Mädchen sie getragen? Sie muß Hände aus Leder haben.« Er zog ein schmutziges Taschentuch hervor und wickelte es sich um die Hand. »Weißt du, diese Burschen da unten in Wexford; nach allem, was wir gehört haben, müssen das doch Tausende gewesen sein, und ich kann mir nicht vorstellen, daß das allesamt United Men waren. Vielleicht haben sie denselben Eid geschworen wie du, aber im Herzen waren sie alle Whiteboys. Ein Bauernbursche in Wexford ist auch nicht anders als einer aus Mayo, und ich kann mir nicht vorstellen, daß er für ein Ding namens Republik gekämpft hat. Er hat seine Pike genommen und gegen das gekämpft, was er haßt – gegen Miliz, Landwehr, protestantische Richter.«
Moore schüttelte den Kopf. »Ich würde es wirklich sehr bedauern, wenn ich das hier oder sonst irgendwo in Irland miterleben müßte. Es ist das erste Ziel der Gesellschaft, diese elenden religiösen Schranken abzubauen.«
MacDonnell lachte, als er Punsch einschenkte. »Bei Gott, wir haben Jahrhunderte gebraucht, um sie aufzurichten. Da habt ihr euch wirklich eine Riesenaufgabe gestellt. Ich weiß nicht viel über Rebellionen, aber ich weiß, daß man mit dem arbeiten muß, was man hat. Vor hundert Jahren war das noch anders, als jemand wie Corny O’Dowd einfach losreiten konnte und seine Bauern folgten ihm. Wenn es jetzt eine Rebellion gibt, dann machen die Bauern sie, und sie werden einen Whiteboykrieg machen.«
Moore schüttelte wieder mit zusammengepreßten Lippen den Kopf. »Nein. Die Gesellschaft muß alles unter Kontrolle haben. Die Franzosen kommen nicht herüber, um Bauernpöbel zu unterstützen.«
»Die Franzosen! Die haben sich doch nie um uns gekümmert. Wenn die Franzosen kommen, dann, weil sie England einen Dorn in die Flanke bohren wollen. Ich habe auch ein bißchen was von einem Whiteboy, John, und wenn ich mit dir reite, dann deshalb. Seit über hundert Jahren haben diese protestantischen Bastarde hier den großen Mann markiert, machen sich auf Feldern breit, die von rechts wegen den Iren gehören, reißen alle Macht und alles Land an sich. Die alten Leute können sich noch immer an die Zeit erinnern, wo ein Sohn seinem Vater das Land abnehmen konnte, wenn er Protestant wurde. Die Priester wurden wie wilde Wölfe gejagt, auf ihren Kopf war ein Preis von fünf Pfund ausgesetzt, und die Leute mußten in wilden Höhlen mit Wachtposten die Messe besuchen. Warum, glaubst du, besteht die Miliz von Tyrawley nur aus Protestanten? Ich kann Sam Cooper in Castlebar beim Rennen treffen, und dann trinken und wetten wir zusammen, aber wenn es zum Kampf kommt, dann mache ich ihn fertig, oder er mich.«
Er sprach mit einer, wie Moore fand, beeindruckenden und beunruhigenden Gelassenheit, als ob er Tatsachen ausspräche, die so klar waren, daß sie nicht mehr extra betont zu werden brauchten. Moore wandte seinen Blick von ihm ab und ließ ihn durch den kahlen, schmucklosen Raum wandern. An den Wänden hingen nur einige unbeholfene Portraits, die Arbeit wandernder Maler, die auf Auftragssuche mit Leinwand und Farben von County zu County zogen. Es gab eine starke Familienähnlichkeit, lange, hervortretende Kiefer, hohe, grobe Wangenknochen. Der Groll, den MacDonnell hegte, war ererbt, ein Familienerbe, vom Vater auf den Sohn. In diesem Zimmer waren 1641 und 1691 so neu wie gestern, bestimmten das Verhalten und beeinflußten die Leidenschaften. Es war eine Geschichte ohne Triumphbögen oder nach Siegen benannten Plätzen. Diese Geschichte hing an den kargen, baumlosen Mooren und den niedrigen, schroffen Hügeln, eine Geschichte von Niederlagen und Enteignungen, vom Rauch, der sich über ausgebrannten Häusern erhob.
»Die Franzosen sollen unten in Munster landen«, sagte MacDonnell. »Und die Leute hier werden sich erheben. Wenn dann niemand als die Tyrawley-Miliz Mayo verteidigt, dann, bei Jesus, werden wir sie verprügeln. Damit mußt du dich zufrieden geben, John.«
»Blake, Bellew«, sagte Moore. »Sprichst du auch für die?«
»Sicher«, antwortete MacDonnell. »Wir haben darüber gesprochen, weißt du, hin und her. Wir haben nichts dagegen, den Eid deiner Gesellschaft abzulegen, und mir ist ziemlich egal, was darin steht. Ich bin sicher, daß es ein sehr schöner Eid ist. Aber deine Gesellschaft sollte verdammt noch mal begreifen, daß hier in Mayo nicht viel auszurichten ist.«
»Das wissen wir«, sagte Moore. »So gut wie du.« Er lächelte, ein junger Mann, der sich aufs tiefe Wasser gewagt hatte. »Dann bin ich nicht umsonst hergekommen. Das hättest du mir auch gleich sagen können.«
»Ach« erwiderte MacDonnell. »Hier, laß uns den Punsch austrinken. Viel hast du nicht – vier Junker und vielleicht ein paar andere, die Corny und ich auftreiben können.«
»Die beiden Männer, die du erwähnt