Ein Traum von Freiheit. Thomas Flanagan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Flanagan
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711480380
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einen Papisten tief genug, und heraus kommt irgendein nagender Ehrgeiz. Ein Sitz im Parlament oder auf der Gerichtsbank. Alles und jedes, was das Gesetz ihnen verbot.

      »Das ist durchaus keine konfessionelle Frage«, versicherte er Moore auf eine Weise, die er für versöhnlich hielt. »Es ist Whiteboy-Ärger, und wir wissen beide, was das bedeutet. Aber wenn wir erst ein paar Burschen hinter den Karren gebunden und Riemen aus ihrem Hintern geschnitten haben, dann sind wir der Sache schon sehr nahe gekommen. Und die Angelegenheit wird vorbei sein, ehe sie richtig angefangen hat. So muß man’s machen.«

      Moore starrte ihn ungläubig an. »Und das versteht Ihr unter ›freier Hand‹? Habe ich Euch richtig verstanden? Ihr seid um Hilfe gekommen, um Eure Miliz auf die Bauern der Baronie hetzen zu können?«

      »Nicht Eure Hilfe, Mr. Moore. Aber Ihr steht Euch sehr gut mit Dennis Browne. Alle wissen, daß die Brownes und die Moores seit undenklichen Zeiten befreundet sind.«

      »Ihr seid ein törichter Mann«, sagte Moore.

      »Vielleicht seid Ihr hier der Törichte, Moore«, sagte Cooper. Diese plötzlichen, unerwarteten Worte beleidigten ihn weniger als die lässige Art, in der sie ausgesprochen worden waren. »Ihr kennt Mayo noch nicht.«

      »Ich kenne es gut genug, um entsetzt zu sein«, erwiderte Moore. »Und Dennis Browne wäre das auch, wenn ich ihn nicht gänzlich falsch beurteile. Alle Männer von Umsicht und Diskretion wären entsetzt. Habt Ihr Eure Vorstellungen mit George Falkiner diskutiert? Er scheint ein vernünftiger Mann zu sein.«

      »Ihr kennt Mayo nicht«, wiederholte Cooper stur. Und er hatte den ganzen Nachmittag mit dem Ritt hierher vergeudet, um sich von einem Papisten beleidigen zu lassen, der keine Ahnung von diesem County hatte. Umsicht und Diskretion in einem County, den die Hunde und Pistolen des Landadels, die bleiernen Peitschen der Mittelsmänner und die Keulen der Bauern regierten.

      »Ihr seid ein Richter, Captain Cooper, wie auch Eure Freunde, und die Richter dieses Landes haben mehr Macht, als ich früher für möglich gehalten hätte. Benutzt sie, und haltet Eure Tyrawley-Miliz aus der Sache heraus. Das letzte, was wir im Moment brauchen, ist die Verwüstung des Landes durch Protestanten in roten Uniformen.«

      »Protestanten, ja?« fragte Cooper und stürzte sich glücklich auf dieses Wort. »Jetzt sind wir endlich so weit.«

      Moore seufzte. »Ich will Euch keine Vorträge über Moral und Gesetz halten, es wäre eine Kraftverschwendung. Ihr habt gesagt, mein Rat sei Euch willkommen, und Ihr sollt ihn erhalten. Teile dieser Insel haben rebelliert, und die Gefahr ist noch nicht vorbei. Die Franzosen könnten einen weiteren Versuch unternehmen. Wir haben in Mayo sehr viel Glück gehabt, und wir sollten unser Glück schützen. Ihr müßt natürlich mit diesen Whiteboys fertig werden, aber es wäre höchst unklug, das Land aufzureizen. Ich bin ziemlich sicher, daß Dennis Browne Euch ebenfalls diesen Rat geben würde.«

      »Welchen Rat?« fragte Cooper, den seine Gereiztheit würgte wie der Kragen seiner Uniform. »Ruhig hier herumzusitzen, bis ich ruiniert bin und von meinem eigenen Land vertrieben werde?«

      »Ich bin sicher, daß es nicht ganz so schlimm um Eure Angelegenheiten steht«, sagte Moore. »Ihr habt Zeit genug, um ruhig und im Rahmen des Gesetzes zu handeln. Muß dieser County denn in diesen unruhigen Zeiten auf den Kopf gestellt werden, weil ein Grundbesitzer schwer verschuldet ist?«

      »Bei Gott«, sagte Cooper, aufs neue von Moores unerträglich kühlem Wesen beleidigt. »Und wenn ich denke, daß ich aus der Güte meines Herzens hergekommen bin, um Euch ein wenig in die Angelegenheiten dieses Countys hineinzuziehen!«

      »Das war nett von Euch«, erwiderte Moore. »Ich nehme so weit teil an den Angelegenheiten dieses Countys, wie Eure Gesetze es mir gestatten.«

      »Diese Gesetze«, sagte Cooper, dessen Zorn nun endlich seinen Damm durchbrochen hatte, »sind zu dem sehr sinnvollen Zweck erlassen worden, Papisten da zu halten, wo sie hingehören.«

      »Ganz recht«, stimmte Moore zu. »Ich bin da, wo ich hingehöre. In Moore Hall. Und ich wünsche mir das Land um mich herum so ruhig wie möglich.«

      Cooper blies die Wangen auf und stieß dann die Luft in einer Geste erstaunter Niederlage heraus. Was wußte denn dieser Mann, dessen blaue Decken mit nackten Göttinnen verziert waren, von den Problemen eines armen Mannes, der zwischen den Hütten und den Hypothekenmaklern eingeklemmt war und keinen Ausweg sah?

      »Nun kommt«, sagte Moore. »Es ist töricht von uns, uns so gehen zu lassen. Laßt uns weiter diskutieren, während Ihr noch ein Glas Sherry kostet.« Er zog die Uhr aus der Tasche, klappte sie auf und informierte sich ausgiebig über die Uhrzeit.

      »Wir beide haben immer schon wenig genug zu diskutieren gehabt«, sagte Cooper würdevoll. »Und jetzt haben wir weniger als je zuvor.« Er erhob sich und glättete seinen scharlachroten Mantel. Das schien ihn zu besänftigen, aus der Wolle ging Autorität in seine Fingerspitzen über. »Ich muß jetzt aufbrechen. Es ist ein weiter Ritt.«

      Moore hob sein Glas, und Spanien verbreitete sich auf seiner Zunge. In einem hatte Cooper recht: Spanien war weit weg von hier. Er schaute durch das Fenster auf den See und versuchte, sich die brennende Sonne über gewundenen Straßen mit weißen und ockerfarbenen Mauern vorzustellen. »Tut nichts Übereiltes, Captain«, sagte er, ohne den Kopf zu wenden. »Seid vorsichtig.«

      »Ich werde vorsichtig sein«, antwortete Cooper. »Darauf könnt Ihr Euch verlassen. Wir haben nun schon viele Jahre für diesen County gesorgt und wissen, was getan werden muß.«

      Moore beugte sich plötzlich zu ihm herüber, mit seinen dünnen Lippen und seinen glitzernden blauen Augen. »Seid Ihr sicher? Kann dieses Land denn nicht anders regiert werden als mit Peitsche und Knüppel, ohne andere Justiz als den blutigen Rücken eines Bauern und den schmierigen Sovereign in der Hand des Denunzianten?«

      Überrascht starrte Cooper Moore an.

      »Der Stäuppfahl und die Peitsche und der Galgen, das ist Euer Gesetz«, sagte Moore und spuckte seine Worte aus. »Egal, welche Gesetze in Dublin erlassen werden. Kein Wunder, daß Eure zum Vieh gemachten Bauern Eure Verwalter ermorden und ihre Leichen ins Moor werfen. Und Ihr habt die Unverschämtheit, meine Unterstützung für Eure dreckigen Pläne zu verlangen.«

      »Seid Ihr verrückt?« fragte Cooper. Diese Frage war ernst gemeint. Der abrupte Wechsel von Moores sonstiger eisiger Gleichgültigkeit war verwirrend. Es war idiotisch von ihm gewesen, sich an Kates Rat zu halten und Moore damit die Möglichkeit zu geben, ihn zuerst mit kühler Ironie zu verhöhnen und ihm dann wie ein presbyterianischer Prediger die Leviten zu lesen.

      »Vielleicht«, antwortete Moore und gewann mit einiger Mühe wieder die Kontrolle über sich. »Wo ich doch hier gesessen und mir Euer törichtes Gerede angehört habe.«

      »Und es war töricht von mir, herzukommen«, sagte Cooper.

      »Vergeßt das hier nicht«, sagte Moore und reichte ihm den Whiteboy-Brief. Clownischer Knecht. Wer immer diesen Brief geschrieben hatte, wußte sich auszudrücken. Wirklich ein höchst kurioses Dokument. Er begleitete Cooper zur Tür und verabschiedete sich höflich von ihm. Cooper war sprachlos vor Empörung.

      Auf seinem kastanienbraunen Wallach ritt er in düsterer Stimmung die Allee hinab. Vielblättrige Ebereschen warfen fleckige Schatten auf seinen Weg. Sie waren alle gleich, Fogarty, Moore, trickreiche, gerissene Männer, die einen derben, offen sprechenden Protestanten immer in Grund und Boden reden konnten. Er stellte sich die Reden vor, die er hätte halten können, um Moore zum Schweigen zu bringen, gab den Versuch aber auf. Was war er denn überhaupt für ein Papist, mit seinen feinen Manieren und seiner englischen Redeweise? Was konnte er denn für ein Gentleman sein, der Sohn eines Krämers, der in alten Zeiten in Kilcummin Wein an Land geschmuggelt hatte? Es würde ihm guttun, wenn ihm solche Worte an den Kopf geworfen würden, diesem Mann, der niemals auf der Richterbank sitzen oder ein königliches Amt einnehmen würde. Ach, was würde ihm das schon ausmachen, mit seinem schönen Haus, seinem vielen Land und seiner Viertelmillion Pfund. Der alte Joshua Cooper hätte ihm seinen Platz gezeigt. Coopers Stimmung hob sich etwas,