»Du bist jetzt einer von uns, Owen, mein Junge«, sagte Hennessey und schlug ihm auf die Schulter. »Dieser Brief war scharf wie ein Messer.«
»Verdammt will ich sein«, sagte MacCarthy. »Ich habe euch doch gesagt, daß ich nicht zu euch gehöre.«
»Duggan möchte sicher nur, daß du einen mit uns trinkst. Du solltest dich mit Malachi lieber gut stellen. Er wird die Baronie regieren.«
»Die Richter regieren die Baronie«, sagte MacCarthy. »Die Richter und die Miliz.«
»Cooper reitet seit zwei Tagen zu allen anderen Grundbesitzern«, fuhr Hennessey fort. »Er wird ihnen eine Höllenangst einjagen. Er ist sogar zu den papistischen Grundbesitzern gegangen.«
»Grundbesitzer haben ihre eigene Religion«, erwiderte MacCarthy.
Im westlichen Zimmer hatten sich Quigley und O’Carroll und neun oder zehn andere Männer versammelt, einige in den Dreißigern, die anderen wesentlich jünger. Einige waren Bauern, einige Landarbeiter. Was hatten Spalpeens sich in einen Streit zwischen Bauern und Grundbesitzern zu mischen? Der Raum war von ihrem Geruch erfüllt. O’Carroll reichte ihm ein großes Glas Whiskey, und Duggan begrüßte ihn, ohne zu lächeln.
»Du bist ein Mann, der sein Wort hält«, sagte MacCarthy. »Du hast in dieser ruhigen Ecke von Mayo einen Whiteboy-Krieg entfacht.«
»Die Whiteboys von Killala«, sagte Duggan. Der pompöse Name verstopfte seinen Mund. Wir werden die Leute dieser Baronie vor den protestantischen Grundbesitzern schützen.«
»Ein religiöser Krieg, ja? Du bist ehrgeiziger geworden.« Guter Whiskey, perlfarben, mit in sich begrabenem Feuer.
»Was war es denn jemals anderes?« fragte einer der Spalpeens. Achtzehn oder neunzehn, gebaut wie MacCarthy selber, lange Arme und schwere, gebeugte Schultern. Wir sind ein eigener Stamm, dachte MacCarthy, für den Spaten geformte Körper. Er setzte zu reden an, überlegte es sich dann jedoch anders.
»Das kannst du wohl sagen«, sagte Duggan und nickte zu dem Spalpeen hinüber. »Er ist einer von den armen Leuten, die letztes Jahr von den protestantischen Orangemen aus Ulster vertrieben worden sind. Er und seine ganze Familie, und ihre Hütte ist abgebrannt worden.«
»Tut mit leid«, sagte MacCarthy zu dem Jungen. »Du hast eine harte Zeit hinter dir.«
»Das könnte hier auch passieren«, sagte Duggan. »Das wissen wir alle.« Er richtete seine Bullenaugen auf die anderen, und sie nickten.
»Schlimmeres könnte passieren«, sagte MacCarthy.
»Oder besseres«, meinte Hennessey. »Trinkt schon, Jungs.« Er deutete mit seinem Krug auf sie. »Diese Jungs haben gerade den Eid abgelegt, Owen. Du solltest das auch tun. Der Schulmeister sollte zum Volk halten.«
MacCarthy leerte sein Glas, damit es leer wäre, wenn der Krug bei ihm ankam.
Quigley streckte seinen kahlen Mond von einem Kopf vor. »Der Schulmeister in Kilcummin hat den Eid geschworen.«
MacCarthy sah zu, wie der Whiskey sein Glas füllte. »Der Schulmeister von Kilcummin ist ein unwissender, verdreckter Mann, eine Schande für die Bildung. Er ist wegen seines Unwissens aus Ballintubber vertrieben worden, und das weiß jeder Schulmeister in Mayo. Die Leute in Ballintubber sind keine Idioten. Sie sind anständige Männer mit Respekt vor der Bildung. Aber für Kilcummin ist er sicher gut genug. Sie haben nichts besseres verdient.«
»Er ist ein Mann, der Bücher in seinem Haus hat«, widersprach Quigley hitzig. »Und er hat ein ungeheures Wissen über die Geschichte der Gälen seit Noahs Zeiten.«
»Noah, mein Arsch«, sagte MacCarthy. »Warum habt ihr euren Brief denn nicht von diesem Wunderkind schreiben lassen?«
»Du bist mehr als ein Schulmeister, Owen. Du bist ein Dichter und der Verfasser berühmter Verse.«
»Und ihr wollt meine Feder an euren groben Pflug schirren«, erwiderte MacCarthy. Er spürte den Whiskey, sein Kopf tanzte.
»Es hat doch keinen Sinn«, sagte Duggan, »daß so jemand herumläuft, ohne den Eid zu schwören, und unsere Namen alle weiß. Er würde uns für einen Krug verkaufen.«
»Ich bin kein Denunziant«, widersprach MacCarthy. »Ich will nichts mit euch zu tun haben.«
»Es würde dir doch nichts schaden, den Eid abzulegen, Owen«, sagte Hennessey. »Es gibt gute Männer in Kilcummin und Killala, die ihn geschworen haben, und andere werden ihnen folgen. Diese Männer hier sind so gut, wie du es dir überhaupt wünschen kannst, und sie sind Männer mit Freunden.«
»Was du neulich getan hast«, sagte MacCarthy, »war, einem schamlosen, gemeinen kleinen Bastard Gottesfurcht einzujagen. Laß es darauf beruhen.«
Duggan schüttelte den Kopf. »Wenn du den Eid nicht ablegen willst, dann brauchen wir auch deinen Rat nicht. Unsere Pläne stehen fest.«
»Bei Gott, das tun sie«, stimmte ein Bauer zu. »Wir werden die Baronie regieren.«
»Schinderkarren und Galgen werdet ihr nicht regieren«, sagte MacCarthy. »Und so wird es enden, eure schwarzen Zungen werden euch aus dem Mund hängen, und eure Hosen werden besudelt sein.«
Wieder setzte die Musik ein, und das Getrampel der Füße auf dem festgestampften Lehmboden war zu hören. Ich sollte da draußen sein, dachte MacCarthy. Meinen Kopf mit Musik und Whiskey füllen, nicht mit Streitigkeiten. Er trank noch einen Schluck.
»Bei Gott, Owen«, sagte ein Bauer, »du solltest ein Gedicht über den Überfall der Whiteboys von Killala auf Cooper machen.«
»Kommt nicht in Frage«, erwiderte MacCarthy zornig. »Meine Gedichte handeln nicht von Knechten, die durch die Felder kriechen, um Rindern die Beine durchzuschneiden. Meine Kunst hat edle Themen und edle Sprache.«
»Vielleicht bist du zu gut für uns«, meinte Duggan. »Du solltest deine Tage und Nächte mit Treacy in Bridge-end House verbringen, mit deinen Gedichten über die gälische Glorie.«
Die Gälische Armee. In Wexford hatten sie gegen Armeen gekämpft, Städte eingenommen, waren hinter ihren Bannern hermarschiert, und ihre Signalfeuer waren auf Hügeln aufgelodert. Weit weg in Frankreich wurden große Schiffe bereit gemacht. Nicht hier, nicht in diesem nassen, sumpfigen Land unter düsteren Hügeln.
»In Bridge-end House werde ich immer willkommen geheißen«, sagte er, »und bekomme Branntwein und Silbermünzen in die Hand gedrückt. Thomas Treacy weiß, welche Ehren einem Dichter gebühren, der sein Handwerk meistert.«
»Es ist keine große Ehre, in Killala eine Schule zu halten«, meinte Duggan verächtlich. »Du lebst so wie wir. Schlechter als manche von uns.«
»Was kannst du denn schon wissen?« fragte MacCarthy. »Verkriechst dich in einer Ecke von Mayo. Ich habe die ganze Welt gesehen. Ich bin ein weitgereister Mann, und ich bin ehrenvoll empfangen worden. Ich habe das große Wasserrrad von Clonmel und Dunboy Castle an der Küste von Cork gesehen, wo Murtough O’Sullivan die Soldaten des englischen Königs abgewehrt hat, und Dunluce Castle in Antrim inmitten der schwarzen Presbyterianer.« Leere, leere Worte klapperten wie Muscheln in seinem Kopf. Ich bin betrunken, dachte er gleichgültig. Musikklänge zwängten sich zwischen die Muscheln.
»Du hast das alles vielleicht gesehen«, erwiderte Quigley. »Aber du wirst es nicht wiedersehen. Es heißt, du wärest nicht überall, wo du gewesen bist, willkommen.« Mondkopf nickte. »Ich will kein Wort gegen deine Poesie sagen. Aber Malachi hat recht. Es ist ein seltsamer Ort für einen Mann, der sich so wichtig nimmt wie du.«
»Ein Dichter findet immer sein Willkommen«, sagte MacCarthy. »In den Häusern des alten Landadels und in den Betten der jungen Frauen. Ohne Dichter wären wir ein Volk ohne Stimme, und wer würde