»Nein, Ma’am. Als wir Sqint O’Malley verjagt und seine Hütte abgerissen haben, stand ein Haufen von ihnen jammernd auf der Straße, aber das ist immer so. Ihr habt schon recht, Ma’am. Jetzt sind’s nur eine Handvoll Männer, aber sie werden schnell mehr werden.«
»Hast du das gehört, Sam? Es gibt nur einen Ausweg, und zwar mußt du dafür sorgen, daß sie vor dir mehr Angst haben als vor den Whiteboys. Und du kannst ihnen nur Angst einjagen, wenn du ein paar Hütten abreißt und einige von ihnen in einem Karren nach Castlebar schickst.«
»Jesus, was bist du für eine harte Frau, Kate.«
»Irland ist hart. Ich habe gelernt, hier zu leben, indem ich meinen Vater beobachtet habe. Das war ein Mann, von dem man etwas lernen konnte. Auf der einen Seite hatte er die Protestanten und auf der anderen die Whiteboys, und alles, was er auf dieser Welt besaß, als er anfing, waren ein paar hundert Hektar schlechtes Pachtland, das er an Leute vermietete, die nichts besseres bekommen konnten. Und er hatte nichts zu seiner Verteidigung als eine Peitsche mit Blei im Griff.«
»Jetzt ist nicht die richtige Zeit für Geschichten über deinen Vater«, sagte Cooper. Zottig, riesenhaft, behaarte Ohren und Nasenlöcher, die bleierne Peitsche, über die es viele Sagen gab.
»Ihr erinnert Euch doch an meinen Vater, nicht wahr, Tim?«
»Selbstverständlich, Ma’am«, sagte Fogarty ehrerbietig. »Selbstverständlich.«
Sie ähnelten einander sehr, ihr Vater und Fogarty. Irgendwo im Strohdach von Fogartys Hütte war ein Ledersack voller Silberschillinge und Goldsovereigns versteckt, jedes Jahr kam etwas dazu, und er hatte ein Stück Land im Auge, vielleicht einen Teil von Coopers Land. Sie hungerten nach Land wie andere Männer nach Frauen oder Whiskey. Irgendwann würde Fogarty erscheinen, das graue, fettige Band seines Hutes streicheln, über eine langfristige Pacht reden, und den Sack einfach auf den Tisch hauen. Dann könnte er sein Geschäft als Mittelsmann beginnen. So hatte der alte Mahoney, Kates Vater, vor vierzig Jahren angefangen, als Papisten kein eigenes Land kaufen durften. Sie klagen über die ketzerischen Grundbesitzer, aber ihresgleichen läßt sie am ärgsten bluten. Die schlimmsten Pachtwucherer sind die papistischen Mittelsmänner. Knechte werden schlechte Herren.
»Castlebar ist nicht einmal nötig«, sagte Kate. »Laß doch die Richter ein paar von den wahrscheinlichsten Schurken festnehmen und ins Gefängnis von Ballina werfen. Und wenn sie bei der Auswahl zu vorsichtig sind, werden sie den Schaden davontragen. Es wirkt Wunder, einen Kerl ins Gefängnis zu sperren und ihm die Peitsche unter die Nase zu halten.«
»Das ging vor vierzig Jahren, Kate. Jetzt gehört eine Anklage dazu.«
»Bist du denn nicht jetzt das Gesetz in Killala? Ist die Miliz von Tyrawley nicht das Gesetz? Wieso hast du sonst das bitter nötige Geld für rote Uniformen aus dem Fenster geworfen?«
»Das ist doch etwas ganz anderes«, sagte Cooper, plötzlich steif. Er schien auf seinem Stuhl zu wachsen. »Die Miliz ist gegründet worden, um diese Baronie für Seine Majestät den König zu halten.«
»Was immer das heißen mag«, sagte Kate beißend.
»Nun, du weißt, was das heißt. Es ist unsere Aufgabe, diese Küste gegen die Franzosen zu verteidigen und diese Baronie vor Rebellen zu schützen.«
Kate mußte plötzlich lachen. »Hört ihn Euch an, Tim. Hört ihn Euch an!« Sie packte Fogartys Arm, als wollten sie gemeinsam ihr Urteil über ihren Mann fällen. »Ich schwöre bei Gott, daß alle Männer Kinder sind.«
Alle, außer ihrem Vater.
»Du Riesentrottel«, sagte sie zu Cooper. »Was ist denn ein Whiteboy anderes als ein Rebell?«
»Aber nicht gegen die Krone«, erklärte Cooper und zwang sich zur Geduld. »Hast du denn keine Ohren im Kopf? Hast du nichts über den Süden dieser Insel und ihren Norden gehört? Die Bauern haben sich gegen die Krone erhoben. Sie haben Wexford zerstört. Die Engländer mußten eine Armee herüberschicken, um sie niederzuschlagen. Gott sei Dank gibt es in Mayo keine United Irishmen, es gibt keine Rebellen. Es gibt nur Whiteboys.«
»Nur Whiteboys«, wiederholte Kate verächtlich. »Es sind die Whiteboys, nicht die Rebellen von Wexford, die dich nackt und hungrig auf die Straße jagen können. Die Whiteboys rebellieren gegen dich, und du hast hundert Männer, die dir ihre roten Jacken verdanken.«
Cooper schüttelte den Kopf. »Ein Whiteboykrieg mitten in der Rebellion. Mein Gott, was für ein Land!«
»Kaum ein Unterschied«, meinte Kate. »Dieses Jahr Whiteboys, nächstes Jahr Rebellen. Wenn es jemals in Mayo eine Rebellion gäbe, wären dann deine Whiteboys nicht mittendrin?«
»Doch, bei Gott«, antwortete Cooper.
»Na also! Nimm deine Miliz und stell die Baronie auf den Kopf. Bring den Zorn Gottes auf dieses Pack herab. Das hätte dein Vater getan. Er war ein gemeiner, gelbhäutiger Protestant, aber er wußte, wie er mit Whiteboys umzugehen hatte.«
»Kannst du mir nicht zuhören, wenn ich dir erkläre, daß die Zeiten meines Vaters vorbei sind, und die Zeiten deines Vaters erst recht? Ich bin von Dublin aus eingesetzt und Dublin verantwortlich.«
»Du hast einfach Angst, die Miliz einzusetzen, nicht wahr? Warum muß ich dir sagen, was du zu tun hast? Sprich mit Dennis Browne. Er ist der High Sheriff von Mayo und Parlamentsabgeordneter für Mayo und Bruder von Lord Altamont. Wenn es einen Mann gibt, der Mayo mit einem Fingerschnippen regieren kann, dann ist es Dennis Browne.«
»Dennis Browne, ja?« Er lachte und wandte sich an Fogarty, der mit einem Lächeln reagierte. »Du weißt wenig über die Angelegenheiten deines eigenen Ehemannes. Erst vor fünf Jahren standen Dennis Browne und ich auf dem Feld und schossen mit Pistolen aufeinander.«
»Nein, das wußte ich wirklich nicht. Was war denn in euch beide gefahren?«
»Es berührte die Ehre einer jungen Dame. Und damit ist genug über diese Angelegenheit gesagt.«
»Es berührte die Ehre einer Dame?« wiederholte Kate. »Das ist doch der einzige Teil einer Frau, den Dennis Browne niemals berühren würde. Er ist genauso schlimm wie MacCarthy unten in Killala.«
»Es gab gewisse Umstände«, erklärte Cooper. »Sehr delikate Umstände. Aber alles war aus und vorbei, als ich dich kennengelernt habe, Liebste.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, sagte Kate.
»Aus und vorbei«, wiederholte Cooper. »Aber es gibt wenig Zuneigung zwischen uns. Ach, und was konnte er denn je mit Leuten wie mir oder Gibson oder Saunders oder den anderen kleinen Grundbesitzern anfangen? Er interessiert sich nur für die reichen Männer, für seinen Bruder, den Hohen Lord und ihresgleichen. Und sein Bruder und er selber sind da draußen in Westport sicher.«
»Niemand wird sicher sein.« Kate biß sich nachdenklich auf die Lippe. »Gibt es denn hier niemanden, auf den er hört?«
»Nur einen«, antwortete Cooper. »George Moore von Moore Hall.«
»Ein gutaussehender Mann«, sagte Kate. »Ist nicht sehr gesellig, aber er ist ein gutaussehender Mann. Und er ist römisch-katholisch.«
»Die Brownes sind doch selber halbe Papisten. Sie sind weder Fisch noch Fleisch. Und George Moore ist verrückt. Ein Mann, der mitten in Mayo sitzt und Bücher schreibt, ist verrückt.«
»Anders als du«, sagte sie, »hat er nie versucht, Dennis Browne umzubringen, und anders als du gehört er zum Landadel!«
»Landadel, ja? Bei Gott, das ist eine feine Rede für Mick Mahoneys Tochter.«
»Schön, daß sie dir gefällt. Ich kann dir noch viel mehr erzählen.«
»Fogarty, warum zum Teufel sitzt Ihr hier und glotzt bessere Leute als Euresgleichen an, während die Angelegenheiten der Baronie