Der Omega im Turm. Jay Boss. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jay Boss
Издательство: Bookwire
Серия: Burg der Wölfe
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969877791
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sich besser überlegen, wie er Ranghöheren begegnet.«

      Förmlich war der. Finn betrachtete das steife Gesicht, die kantigen Gesichtszüge und die Bartstoppeln. Der Mann wirkte, als würde seine Haut sich wie Felsen anfühlen. Kalt und leblos. Ein Hauch wehte in Finns Nase. Eine Spur des betörenden Geruchs, der auch in dem Mantel wohnte, den er auf dem Schoß trug. Er fuhr ihm direkt zwischen die Beine und fachte die Wut in seinem Bauch neu an.

      »Der Fuchs respektiert nur die, die seinen Respekt verdienen.« Er sah der alten Felsenfresse direkt ins Gesicht. Der jungen Felsenfresse. Überrascht stellte Finn fest, wie faltenfrei der Mann vor ihm war. Die bittere Miene hatte ihn getäuscht. Dieser Caelan schien kaum ein paar Jahre älter zu sein als er.

      »Der Fuchs entscheidet nicht, wen er respektiert. Das tut die natürliche Ordnung.« Kalte Worte aus einem harten Mund. »Myles, Fraser. Wir gehen.«

      Brummelnd erhoben die beiden sich. Dieser Caelan blieb noch einen Moment. Ein herrisches Nicken und seine Augen deuteten auf Finns Schoß. Dessen Wangen wurden heiß. Konnte MacKay sehen, was sich dort verbarg? Was Finn quälte, seit er diesen verdammten Umhang angezogen hatte?

      Oh, richtig. Der Umhang. Den meinte der Mistkerl.

      Finn griff in den Stoff und warf ihn dem MacKay zu. »Vielen Dank«, brummte er.

      Er bekam keine Antwort. Wortlos drehte der Blödmann sich um und ging zurück zum Tisch des Rudel-Chiefs.

      Leighton seufzte leise. Sein Atem streifte Finns Ohr und plötzlich konnte der sich nicht mehr bewegen.

      »Finn.« Gequältes Stöhnen. »Ich bin so hart.«

      »Was«, stotterte Finn. »Warum?«

      »Warum wohl?« Leighton deutete auf Caelan MacKay, der wieder saß. »Der Mann bringt mich um den Verstand.«

      Hass brodelte in Finns Bauch, kochte über und riss alles mit sich. »Der ist ein Arschloch.«

      »Ein wunderschönes Arschloch.« Leightons Augen glänzten. »Ich hab mich entschieden. Caelan Mac Kay ist mein Gefährte.«

      »D-das kann man nicht einfach entscheiden.« Panik griff nach Finns Herzen. »Das spürt man.«

      »Ich spüre es.« Zähne blitzten. »Ganz deutlich.«

      Nein! Finn wollte heulen vor Angst und Wut. Nein, nicht der! »Aber der ist ein blöder Mistkerl! Schau doch mal, wie abgerissen der rumläuft.« Er deutete auf die einfachen Kleider und die dreckbespritzten Stiefel des Alphas. Ein billiges Argument, aber sein Herz tat so weh, dass sein Kopf nicht mehr mitspielte. »Der kann doch gar nicht für dich sorgen.«

      Leighton blinzelte, dann erschien das spöttische Lächeln, das Finn so gut kannte. »Hast du nicht kapiert, wer er ist?«

      »Caelan MacKay?«

      Leighton seufzte. »Das kommt dabei heraus, dass Declan dich immer nur die Vergangenheit abschreiben lässt. Caelan MacKay ist der Sohn des Rudel-Chiefs der MacKays.«

      »Oh.« Finn zögerte. »Wie kommt es dann, dass ich noch nie von ihm gehört habe?«

      »Seine Brüder sind die, von denen alle reden. Geredet haben.« Leightons Augen verfolgten Caelan. Der sprach mit Harris. Natürlich verstanden die beiden Drecksäcke sich.

      »Was?« Finn sah seinen Freund an. »Was ist mit seinen Brüdern?« Er zögerte. Wie hießen die MacKay-Stammhalter nochmal? »Ruben und Connor, richtig? Sind die … oh.«

      »Ja.« Leighton klang ernst. »Umgebracht von den Sutherlands.«

      »Beide?« Mitleid wallte in Finn auf. Der Mistkerl, der ihm Leighton wegnehmen wollte, wirkte auf einmal richtig menschlich. »Der Arme. Kein Wunder, dass der so böse schaut.«

      »Wieso?«, fragte Leighton. »Wenn die nicht gestorben wären, wäre er jetzt nicht der Nächste in der Rangfolge. Als Dritter hätte er nie eine Chance gehabt.«

      »Aber selbst einem Alpha ist es nicht egal, wenn sein Bruder stirbt. Schätze ich.«

      »Wer weiß, vielleicht haben die sich gehasst.« Leighton zuckte mit den Achseln. »Oh, dieser Mann …« Seine Schwärmerei wurde von einem tiefen Stöhnen unterbrochen. Sie wandten sich um. Albie, ein dunkelhaariger Omega krallte die Hände in die Tischplatte. Sein Gesicht war feuerrot.

      »Geht es los?«, fragte der Omega neben ihm mitfühlend.

      Albie nickte. Er presste die Lippen fest aufeinander und atmete stoßweise. Schauer durchliefen seinen Körper.

      Die Hitze hatte begonnen.

      Finn unterdrückte die Angst in seinem Magen und streckte Albie die Hand hin. »Komm, Leighton und ich bringen dich in den Turm.«

      Dankbar nahm Albie die Hand und nun roch Finn ihn. Schwerer, süßlicher Geruch ging von ihm aus. Verführerisch wie eine reife Frucht. Die ersten Alphas wandten bereits die Köpfe nach ihnen.

      »Schnell«, murmelte Finn.

      »Finn, die werden nicht hier über ihn herfallen«, zischte Leighton. Aber er nahm Albies andere Hand und half ihm, aufzustehen. Der Geruch reizte selbst Finn. Wenn ein Omega in Hitze geriet, folgten die anderen wenige Tage später. Albies Hand in seiner war schweißnass. Unter seinem Kilt zeichnete sich der Umriss seiner Härte ab und er leckte sich fast zwanghaft die Lippen.

      »Schnell«, flüsterte er. Sie strebten dem Ausgang zu.

      Ein Omega in Hitze hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Bei seiner ersten Hitze hatte Finn sich vor Leighton auf den Boden geworfen und gebettelt, dass er ihm die Rute lecken durfte. Ein anderer hatte sich beim Abendessen befriedigt, vor allen anderen, weil er den Trieb nicht mehr unterdrücken konnte. Manche warfen sich vor den Alphas auf die Füße und flehten darum, genommen zu werden. Das Furchtbare war, dass das eine rein körperliche Reaktion war. Der Geist sah die ganze Zeit fassungslos zu, was der Körper trieb und nach der Hitze kam die Scham.

      Aber das Schlimmste war die Reaktion der Alphas. Nach jeder Hitze gab es verletzte Omegas, oft schwer. Von dem Geruch zur Raserei getrieben, kämpften sie um die Omegas und wenn sie sie in die Finger bekamen, immer noch angepeitscht vom Kampf, kannten sie kein Halten. Finn hatte Würgemale gesehen, blutige Striemen von Fingernägeln und auch Wolfsklauen. Es gab selbst Gefährten, die sich schwere Wunden zufügten. Andere sehnten die Hitze das ganze Jahr über herbei und sperrten sich drei Tage lang gemeinsam ein.

      Letztes Jahr hatte ein Alpha Finn im Flur in einen Erker gedrängt und versucht, ihn mit Gewalt zu nehmen. Er erinnerte sich immer noch an das hungrige Maul, den Speichelfaden, der dem Mann über das Kinn gelaufen war. Ja, Finn war hart und rallig gewesen, aber er wollte nicht mit einem Alpha schlafen. Nie. Doch der Alpha hatte ihm nicht geglaubt, und nur die Tatsache, dass Eric zufällig vorbeigekommen war, hatte ihn gerettet. Der hatte dem anderen Alpha klargemacht, dass er sich so nur im Alpha-Turm verhalten durfte und Finn in den Omega-Turm geschickt.

      Albies Wimmern hallte von den Wänden, als sie durch den düsteren Flur gingen. Es roch nach feuchtem Stein und Moder und sie froren. Fackeln erleuchteten die grob gehauenen Felsen, aber die Lücken dazwischen blieben rabenschwarz.

      »Oh, verdammt«, jammerte Albie. »Warum denn jetzt? Ich habe gerade angefangen ein neues Stück zu lernen. Das kann ich mir nie merken, bis die Hitze vorbei ist.«

      »Nimm den Dudelsack doch mit in den Turm«, sagte Finn. Zu ihrer eigenen Sicherheit wurden sie während der Hitze in den Omegaturm gesperrt.

      »Bist du verrückt?« Albie lachte kläglich. »In einen Turm voll ralliger Omegas? Die stecken sich die Pfeifen doch überall rein, wenn es sie überkommt. Die kriege ich nie wieder sauber.«

      Finn und Leighton lachten. Ihre Stimmen wurden zu einem gruseligen Echo verzerrt und ein Schauer rann durch Finns Magen.

      Sie kamen nur langsam voran. Albie jammerte, dass seine Beine weich seien, dass er kaum laufen konnte, weil seine Eier sich wie Zementsäcke anfühlten. Und dann blieb er ganz stehen.

      »Es geht nicht mehr.« Seine