Ein Liller Roman. Paul Oskar Höcker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul Oskar Höcker
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711445464
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Schwesterntracht mit den weissen Flatterhauben eintraten, ging er ihnen mit ausgebreiteten Armen entgegen. Und in der Wiedersehensstimmung küsste er sie auch wirklich beide herzhaft ab. Die Blondköpfe kreischten vor Vergnügen darüber. Frau Laroche hatte sich in den moosgrünen Lehnstuhl am Kamin gesetzt. Sie musste sich immerzu die Augen wischen. Die strahlende Art ihres Mannes ergriff sie wieder so sehr und rührte sie zu Tränen.

      Laroche war in allerlei hohe Pläne eingeweiht, über die er nicht sprechen durfte. Wenn jetzt vorübergehend die französischen Truppen da oder dort zurückwichen, so hatte das weiter gar nichts Bedenkliches. Die Engländer landeten immer neue Verstärkungen. Man nahm die Deutschen in die Zange, und wenn sie weit genug vorgedrungen waren, so fasste man sie sogar im Rücken.

      „Nur keinen Kleinmut! Jetzt ist es patriotische Pflicht zu vertrauen!“

      Und dann erzählte er von Paris. Es ging bunt durcheinander. Das war aber nicht seine Schuld, die Ungeduld der Kinder, die ihn mit Fragen bestürmten, liess keine Ordnung zu. Lächelnd willfahrte er. Zwischendurch blätterte er in einem Merkbüchlein, in dem er sich allerlei Aufzeichnungen gemacht hatte. Auch unbedeutende Geschehnisse befanden sich darunter, aber er hatte sie vermerkt, weil sie auf die Liller Pessimisten — derer er doch eine ganze Anzahl kannte — aufmunternd wirken konnten.

      „Ja — da, nur eine Kleinigkeit, irgendeine unwichtige Person, aber ich habe mir den Namen aufgeschrieben — ein Deutscher namens Philippe Boening hat sich am 7. August in Paris das Leben genommen, aus Verzweiflung darüber, Frankreich verlassen zu müssen. — In Antwerpen sind deutsche Offiziere eingebracht worden, die in belgischen Uniformen steckten. — Neue Meldungen über die Hungersnot in Deutschland, die Demoralisation der Truppen ... Kinder, die Haare stehen einem zu Berge ...“

      „Papa, bitte, bitte, erzähle nochmal das von der Fahne! Madame Dedonker und Madame Martin müssen es auch hören!“ bat Madeleine. Und Louise klatschte in die Hände.

      „Eine erbeutete deutsche Fahne?“ rief Helene, und sie fühlte nun doch wieder ihr Herz pochen.

      „Ja, vom hundertzweiunddreissigsten Regiment. Unsere Truppen haben sie im Oberelsass erbeutet, jeder Pariser kann sie sehen. Sie ist auf dem Balkon vom Kriegsministerium aufgehängt. Eine Gefangene. Und davor — wie eine Wache — flattert unsere Trikolore.“

      Die Blondköpfe freuten sich. „Wie hübsch und sinnig du es ausdrückst, Papa,“ sagte Geneviève stolz. „Und das mit dem Sieg in Serbien hat sich bestätigt?“

      „Ein grandioser Sieg. Aber gegenwärtig wird in Belgien schwer gekämpft. Die Sache steht gut für uns und die Engländer.“

      „Aber doch sehr fatal — nicht, Camille? — dass sie in Brüssel sind, die Boches?“ warf Frau Laroche ein, wie stets in weinerlichem Ton. „Der Maire soll einen grossen Appell an die Bürgerschaft gerichtet haben: nur Ruhe, Ruhe, Ruhe! Ich habe so das Zittern bekommen!“

      Laroche lachte leicht verärgert. „Zittern. Ja. Das ist jetzt das Ungeeignetste, meine Liebe. Während wir uns in Belgien schlagen, rückt das ungeheuere Heer der Russen mit Riesenschritten auf Berlin los. Was? Das lässt sich hören? In hunderfünfundsiebenzig Kilometern Front haben dreizehn russische Armeekorps Tilsit und Insterburg überrannt, aus Ostpreussen und Posen jagt die deutsche Bevölkerung in wilder Flucht ins Innere von Deutschland. Nun, und dort werden sie bald auf die Unsrigen stossen. Jedenfalls rechnet man damit, dass in zwei Wochen fünf Millionen Russen auf deutschem Boden stehen.“

      Sie jubelten. Geneviève legte ihre Hände auf seine Schultern.

      „Man braucht dich nur wieder zu hören, nur deine zuversichtliche Miene zu sehen — gleich weicht alle Beängstigung von einem.“

      Dann kam der Tumult in den Strassen zur Sprache, die Bedrohung der deutschen Geschäfte. Laroche fand die Schritte, die die Damen getan hatten, um George Martins Fabrik vor ungerechtfertigtem Verdacht und vor Angriffen zu schützen, ausgezeichnet.

      „Und das Schönste habe ich mir bis zuletzt aufgespart,“ sagte er, Helenens Hand nehmend und streichelnd. „Ich glaube, ich darf Ihnen eine Freude in bestimmte Aussicht stellen.“

      „Lieber — lieber Freund — Sie bringen eine Nachricht?“ Helene hatte jäh die Farbe gewechselt. „Sie wissen von George ...?!“

      „Alles ist in bestem Gange. Er hat gestern aus dem Konzentrationslager abreisen dürfen — muss sich nur noch in Paris vorstellen — und dann darf er flink zu seiner hübschen kleinen Frau!“

      „Oh, oh, oh!“ Helene umarmte ihn und küsste ihn ab. Und wieder jubelten die Blondköpfe, und Frau Laroche wischte sich die Augen.

      Manon war mit Geneviève ans Fenster getreten. Plötzlich erfasste sie ein Weinkrampf. „Und Henri ist tot — Henri ist tot!“ schluchzte sie.

      Da hielt auch Helene erschreckt in ihrem Freudenausbruch inne, ging zu ihr, schlang ihre Arme um ihren Nacken und lehnte ihre heiss gewordene Wange an ihre weisse Haube.

      Laroche war’s, der schliesslich auch auf Manons Stimmung wieder belebend einwirkte. Wenigstens wusste er sie abzulenken. Auf der Durchfahrt durch Armentières hatte er André Ducat flüchtig gesprochen.

      „Ach — warum ist das Regiment nicht hier geblieben!“ sagte Manon, noch leise in ihr Spitzentüchlein weinend.

      „Er ist selbst furchtbar unglücklich darüber. Kann sein, dass die Truppen noch weiter zurückgezogen werden. Wir sind hier an einer exponierten Stelle, das ist schon wahr. Aber es handelt sich ja nur um Tage, höchstens um ein, zwei Wochen ... Was hat Ihr Vater für letzte Nachrichten aus Dünkirchen mitgebracht, Manon? Hat er etwas verlauten lassen?“

      „Er ist noch nicht zurück.“ Sie trocknete ihre Augen. „Aber ich muss nun heim. In meine Verlassenheit.“

      „Bleibe doch den Abend bei uns,“ bat Geneviève.

      „Unmöglich, Herz, ich habe ja noch eine Anprobe. Die Luthin wartet mit der Trauerrobe, da muss ich Wort halten.“

      Sie wurde von den Blondköpfen bis ans Haustor gebracht. Geneviève und Helene schoben die seidenen Scheibengardinen zur Seite, um ihr noch durchs Fenster zuzuwinken.

      „Wunderhübsch ist sie doch!“ sagte Geneviève in ehrlicher Bewunderung.

      „Freilich nicht ganz so Pariser Typ wie unsere schöne Frau Helene,“ sagte Laroche galant.

      Geneviève hängte vertraulich bei der Freundin ein. „Papas Komplimente verfangen heute nicht,“ sagte sie lächelnd, „in deinen Augen steht nur George.“

      Helene nickte. „Ich bin glücklich, Geneviève. Ich bin euch ja so viel Dank schuldig. Wie kann ich das je wett machen.“

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