Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Chefarzt Dr. Norden Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975135
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sind hier nicht auf dem Heiratsmarkt.« Diese Bemerkung war auf Matthias’ ewige Suche nach einer passenden Frau gemünzt. »Welche Stelle muss denn nun am dringendsten besetzt werden?«, wandte sich Dieter jovial lächelnd an Daniel Norden.

      »Am besten engagieren Sie eine eierlegende Wollmilchsau«, erwiderte Matthias ungefragt.

      Hinter seinem Rücken rollte Fuchs mit den Augen.

      »Also einen Chirurgen. Wunderbar. Da hätte ich jemanden.« Er griff nach der Bewerbungsmappe, die zuoberst auf dem Stapel lag. »Dr. Adrian Wiesenstein. Zwei Jahre Basischirurgie, davon je sechs Monate Ambulanz, Intensivmedizin, Stationsdienst und variabler Einsatz. Danach ein Jahr assoziierte Dienste und eine dreijährige Ausbildung zum Facharzt in allgemeiner Chirurgie. Im Anschluss daran hat unser Kandidat mehrere Jahre in verschiedenen Häusern gearbeitet und sein Wissen in den unterschiedlichen Bereichen der Chirurgie erweitert«, berichtete er so stolz, als hätte er selbst diese Karriere hingelegt.

      Das entging auch Dr. Weigand nicht.

      »Ist das Ihr Sohn? Oh, Entschuldigung. Sie sind ja gar nicht verheiratet. Ihr Neffe?«

      »Ich habe keine Geschwister«, ätzte Dieter Fuchs.

      Weigand schnitt eine Grimasse.

      »Ein bedauernswertes Einzelkind. Ich hätte es wissen müssen.« Er zog den imaginären Hut und verabschiedete sich von Daniel und Dieter. Auf dem Weg nach draußen griff er noch einmal in die Keksschale.

      Dieter Fuchs zuckte zusammen, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.

      »Was hat er denn?«, wandte er sich an Daniel.

      »Ich schätze mal, er ist chronisch überarbeitet. Wie wir alle übrigens.«

      »Nicht mehr lange.« Triumphierend schwenkte Fuchs die Mappe durch die Luft.

      Daniel nahm sie ihm aus der Hand und schlug sie auf. Er überflog den Lebenslauf des Kollegen. Die Qualifikationen, die der Verwaltungsdirektor so vollmundig anpries, waren nichts weiter als der ganz normale Werdegang eines Chirurgen. Doch es gab einen Punkt, der dem Klinikchef ins Auge stach.

      »Alleinerziehender Vater eines achtzehnjährigen Jungen.« Nachdenklich wiegte er den Kopf. Selbst Vater von fünf Kindern war ihm diese anstrengende Zeit noch lebhaft im Gedächtnis. »Wenn das mal gut geht.«

      »Sie finden wohl immer ein Haar in der Suppe, was?«, schimpfte Dieter Fuchs und nahm ihm die Unterlagen aus der Hand. »Das ist unser Mann. Er kommt morgen zum Vorstellungsgespräch.«

      *

      Dr. Sophie Petzold durchtrennte den Faden und betrachtete zufrieden ihr Werk.

      »Dafür würdest du glatt einen Schönheitspreis gewinnen.« Ihrer Miene war anzusehen, dass sie es ernst meinte.

      »Selbstbewusst wie eh und je.« Bastian lächelte versonnen. »Dabei sind so viele Jahre seit unserem letzten Treffen vergangen.«

      »Damals war ich zwanzig.« Sophie legte die Instrumente in eine Nierenschale.

      »Wer hätte gedacht, dass ich ein Auto zu Schrott fahren muss, bis ich dich wiedersehe …«

      »Ich finde, das ist ein durchaus angebrachter Preis.«

      Diesmal lachte Bastian nicht.

      »Stimmt. Ich hätte noch viel mehr getan. Meine erste Liebe … Ich weiß ja nicht, wie es dir ergangen ist. Aber ich für meinen Teil habe dich nie vergessen.«

      Sophie lachte abfällig.

      »Und warum hast du mir dann damals deine Heiratsanzeige geschickt?« Wie heute erinnerte sie sich an die Karte, die ihr nur ein halbes Jahr nach der Trennung ins Haus geflattert war. Wie eine Ohrfeige hatte sich diese Nachricht angefühlt. »Schnee von gestern!«, winkte sie plötzlich ab. An solche Niederlagen wollte sie gar nicht erst denken. »Übrigens hast du nur eine einfache Gehirnerschütterung. Kein Grund zur Aufregung. Wenn der Wundschmerz einsetzt, rufst du die Schwester. Sie gibt dir ein Schmerzmittel. Morgen früh kannst du wieder ins heimische Kuschelnest zurückkehren.«

      Bastian schnitt eine Grimasse. Sie sollte komisch wirken. Aber er war ein schlechter Schauspieler.

      »Wenn das so einfach wäre«, seufzte er bedrückt. »Jutta und ich hatten einen schlimmen Streit.«.

      Sophie wollte gerade nachfragen, als die Tür zum Behandlungsraum aufgerissen wurde.

      »Du bist ja immer noch hier!«, herrschte Matthias die Assistenzärztin ungehalten an. »Während du hier nach allen Regeln der Kunst flirtest, geht draußen die Welt unter. Wir haben eine entgleiste Straßenbahn mit mehreren Verletzten. Ich brauche dich auf der 4.« Im nächsten Augenblick war er auch schon wieder verschwunden.

      Sophie sah auf Bastian hinab.

      »Du hast es ja gehört. Die Kollegen kommen ohne mich nicht zurecht.« Sie erhob sich vom Hocker und machte Anstalten, den Raum zu verlassen.

      »Sehen wir uns wieder?«, rief Bastian ihr nach.

      An der Tür drehte sie sich noch einmal um.

      »Heute ist dein Glückstag!« Damit verschwand sie und ließ ihre Jugendliebe mit klopfendem Herzen zurück.

      *

      Judica Holzapfel betrat das Café ›Schöne Aussichten‹ und sah sich suchend um. Der Hilferuf ihrer Schwester hatte sie vor einer halben Stunde erreicht. Wie immer hatte sie auch diesmal alles stehen und liegen gelassen und war zu Jutta geeilt. Doch mit jedem Mal fiel es ihr schwerer.

      An einem der Tische am Fenster entdeckte sie sie. Jutta saß mit dem Rücken zum Eingang und starrte aus dem Fenster.

      »Hey, Süße!« Von hinten trat Judica zu ihr. Sie beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

      Jutta zuckte zusammen.

      »Ach, du bist es«, seufzte sie, als sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte.

      Judica setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches und bestellte Tee und Torte. Erst dann hatte sie Zeit, sich auf ihre Schwester zu konzentrieren.

      »Wie geht es dir?«

      »Wie soll es mir schon gehen?«

      Judica verdrehte die Augen. Sie hätte es wissen müssen!

      »Warum hat dich Bastian hier allein gelassen?«

      Wenn möglich, verdüsterte sich Juttas Miene noch mehr.

      »Er muss noch etwas erledigen.« Es war mehr als offensichtlich, dass es sich um eine Ausrede handelte. Trotzdem fragte Judica: »Und da konntest du ihn nicht begleiten?«

      Jutta winkte ab.

      »Mit dem Rollstuhl bin ich doch nur ein Hindernis für ihn.« Sie griff nach ihrem Glas und trank einen Schluck Wein.

      »Ist es nicht ein bisschen früh für Alkohol?«, fragte Judica besorgt.

      »Bist du meine Mutter?« Juttas Stimme war scharf. Etwas leiser fügte sie hinzu: »Außerdem geht es mir heute nicht besonders gut.«

      Judica bedankte sich bei der Bedienung, die Roibuschtee und Erdbeertorte servierte.

      »Wann in letzter Zeit ist es dir denn überhaupt gut gegangen?« Sie löffelte Zucker in ihren Tee und rührte um.

      »Jetzt fängst du schon genauso an wie Bastian«, fauchte Jutta. Sie bemerkte die Verstimmung ihrer Schwester und lenkte sofort ein. »Tut mir leid.« Ihr Seufzen kam aus tiefster Seele. »Du weißt doch, dass ich seit einem Jahr keinen Spaß mehr am Leben habe.«

      Judica unterdrückte ein Seufzen und trank einen Schluck Tee. Sie wusste gar nicht mehr, wie oft sie dieses Gespräch schon geführt hatte.

      »Denkst du nicht, es ist an der Zeit, dich mit deinem Schicksal abzufinden?«

      Jutta lachte bitter.

      »Das sagst du so einfach. Du hast ja keine Ahnung,