AGAMEMNON
Was sagt Achill? Begehrt er was von uns?
NESTOR
Wollt Ihr, mein Fürst, etwas vom Feldherrn?
ACHILLES
Nein!
NESTOR
Nichts, Feldherr!
AGAMEMNON
Um so besser!
Agamemnon und Nestor gehen ab.
ACHILLES
Guten Tag! Guten Tag!
MENELAUS
Wie gehts? Wie gehts?
Geht ab.
ACHILLES
Was, spottet mein der Hahnrei?
AJAX
Wie stehts, Patroklus?
ACHILLES
Guten Morgen, Ajax!
AJAX
He?
ACHILLES
Guten Morgen!
AJAX
Ja, und guten Tag dazu!
Geht ab. [Sie gehn vorüber. ]
ACHILLES
Was heißt das? Kennt das Volk Achilles nicht?
PATROKLUS
Sie tun ganz fremd! Sonst bückten sie sich tiet
Und sandten dir entgegen schon ihr Lächeln,
Demutig nahnd, als wenn zur Tempelweihe
Sie schlichen!
ACHILLES
Ha! Bin ich verarmt seit gestern?
Zwar, Größe, wenn sie mit dem Glück zerfällt,
Zerfällt mit Menschen auch. Der Hingestürzte
Liest sein Geschick so schnell im Blick der Menge,
Als er den Fall gefühlt. Die Menschen zeigen,
Wie Schmetterlinge, die bestäubten Schwingen
Dem Sommer nur, und keinen Menschen gibts,
Der, weil er Mensch ist, irgend Ehre hat;
Er hat nur Ehre, jener Ehre halb,
Die Zutat ist, als Reichtum, Rang und Gunst,
Des Zufalls Lohn so oft, wie des Verdienstes;
Wenn diese fallen, die nur schlüpfrig sind,
Muß Lieb, an sie gelehnt und schlüpfrig auch,
Eins mit dem andern niederziehn, und alle
Im Sturze sterben. Nicht so ists mit mir;
Das Glück und ich sind Freunde; noch genieß ich
In vollem Umfang, was ich sonst besaß,
Bis auf die Blicke jener, die, so scheint mirs,
An mir gefunden, was so reichen Ansehns
Wie sonst nicht würdig ist. Da kommt Ulyß,
Ich will sein Lesen unterbrechen.
Wie gehts, Ulyß?
ULYSSES
Nun, großer Thetis-Sohn?
ACHILLES
Was lest Ihr da?
ULYSSES
Nun, ein seltsamer Geist
Schreibt hier: Ein Mann, wie trefflich ausgestattet,
Wie reich begabt an äußerm Gut und innerm,
Rühmt sich umsonst zu haben, was er hat,
Noch fühlt ers sein, als nur im Widerschein;
Als mußte erst sein Wert auf andre strahlen
Und dann das Feuer, das er jenen lieh,
Dem Geber wiederkehrn.
ACHILLES
Das ist nicht seltsam!
Die Schönheit, die uns hier im Antlitz blüht,
Kennt nicht der Eigner; fremdem Auge nur
Empfiehlt sie sich. Auch selbst das Auge nicht,
Das geistigste der Sinne, schaut sich selbst
Für sich allein; nur Auge gegen Auge
Begrüßen sich mit wechselseitigem Glanz.
Denn Sehkraft kehrt nicht zu sich selbst zurück,
Bis sie gewandert und sich dort vermählt,
Wo sie sich sieht. Das ist durchaus nicht seltsam!
ULYSSES
Der Satz an sich ist mir nicht aufgefallen;
Er ist nicht neu; die Folgrung nur des Autors,
Der, wie er ihn erörtert, dartun will,
Niemand sei Herr von irgendeinem Ding
– Obgleich in ihm und für sich selbst bestehend –,
Bis ers als Gabe andern mitgeteilt,
Noch hab er selbst Begriff von ihrem Wert,
Eh er sie abgeformt im Beifall sieht,
Der sie auffaßt und, einer Wölbung gleich,
Rückwirft die Stimme; oder wie ein Tor
Von Stahl die Sonn empfängt und wiedergibt
Ihr Bild und ihre Glut. – Ich war vertieft
In den Gedanken; alsbald fiel mir ein
Ajax, so unbeachtet.
O Himmel, welch ein Mann! Ein wahres Pferd,
Das hat, es weiß nicht was. Natur, wie manches
Wird schlecht geschätzt und ist, genutzt, so teuer!
Wie steht ein andres in erhabnem Ansehn,
Das arm an Wert ist! Morgen sehn wir nun
Durch Tat, die ihm das Los nur zugeworfen,
Ajax berühmt. Himmel, was mancher tut,
Indessen andre alles Tun verschmähn!
Wie der zum Saal der launigen Fortuna kriecht,
Wenn jener ihr vor Augen müßig spielt den Narrn!
Wie der sich in den Ruhm einschwelgt des andern,
Wenn jener macht den Müßiggang zum Schmaus! –
Seht unsre Griechenfürsten! Wie sie schon
Dem Tölpel Ajax auf die Schulter klopfen,
Als stemmt' er seinen Fuß auf Hektors Brust
Und laut schon schriee Troja!
ACHILLES
Ich glaub es wohl; sie gingen mir vorüber,
Wie Geizge Bettlern, gönnten mir auch nicht
Wort oder Blick. So ward ich schon vergessen?
ULYSSES
Die Zeit trägt einen Ranzen auf dem Rücken,
Worin sie Brocken wirft für das Vergessen,
Dies große Scheusal von Undankbarkeit.
Die Krumen sind vergangne Großtat, aufgezehrt
So schleunig als vollbracht, so bald vergessen
Als ausgetührt. Beharrlichkeit, mein Fürst,
Hält Ehr im Glanz; was man getan hat, hängt
Ganz aus der Mode, wie ein rostger Harnisch,