Die FROST-Chroniken 1: Krieg und Kröten. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: FROST-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691346
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wenigen Gelegenheiten für mich, unter Leute zu kommen.«

      »Ist das immer noch das gleiche Waisenhaus?«

      »Das, aus dem du ein Dutzendmal abgehauen bist, ja. Nur inzwischen mit besseren Lebensbedingungen für die Kinder.«

      Die Spur seiner Berührung war immer noch in ihrem Gesicht zu sehen. Er suchte in seinen Taschen nach einem Taschentuch, fand aber keines.

      »Du hast Ruß am Kinn«, sagte er befangen. »Tut mir leid.«

      Sie lächelte ihr sanftes Sonnenaufgangslächeln.

      »Damit muss ich rechnen, wenn ich mich mit einem Salamander einlasse. Holst du mich am Tag der Götter mittags ab?«

      »Mit dem größten Vergnügen.«

      Sie raffte ihre Röcke um sich und deutete einen Knicks an. Er erwiderte den Gruß mit einer leichten Verbeugung, sah ihr dann hinterher, wie sie mit wiegenden Hüften davonging, und konnte sein Glück kaum fassen.

      ***

      Das Mittagsläuten war längst verklungen, als Yuriko durch die Eingangshalle der Arkania schlenderte. Am Anschlagsbrett hielt er kurz inne. Die Hochzeit war weg, dafür bat der Gastwirt der Goldenen Schlange um die Beseitigung von gepanzerten Riesenspinnen, die seinen Keller besiedelt hatten. Yuriko nahm den Zettel mit. Der gegrillte Fisch in der Goldenen Schlange war vorzüglich.

      Ein wenig mühsam, das verletzte Bein nachziehend, arbeitete er sich die Treppe hinauf, humpelte dann die obere Galerie entlang, widerstand der Versuchung, sich auf eine der steinernen Bänke in die Sonne zu setzen – der Arkane Rat hatte seine Zeit sicher auch nicht gestohlen – querte dann über den Laubengang hinüber in den Altbau, nickte unterwegs freundlich einigen Schülern zu, die ihn vor lauter Ehrfurcht gar nicht grüßten, sondern nur anstarrten, und machte sich dann schließlich an den Aufstieg den Weißen Turm hinauf. Manche Dinge änderten sich nie, und dazu gehörte, dass der Arkane Rat im ältesten, kältesten, höchsten Turmzimmer zum Gespräch bat.

      Sein verletztes Bein schmerzte höllisch, als er die Treppen endlich hinter sich gebracht hatte. Am Treppenaufgang erwartete ihn ein junger Hilfszauberer.

      »Meister Frost? Ihr seid reichlich spät dran. Der Rat hat bereits mehrfach nach Euch gefragt.«

      »Ich weiß. Tut mir leid. Ich bin nicht sehr gut zu Fuß, seit ich die Stadt vor größerem Unheil bewahren musste.«

      Er zeigte auf sein Bein, wo tatsächlich gerade Blut durch den Verband sickerte.

      »Darüber möchten die hochverehrten Ratsmitglieder mit Euch sprechen«, sagte der Hilfszauberer. »Also – über das Unheil, das Ihr beinahe heraufbeschworen habt.«

      »Das ist eine Verwechslung, Junge, aber mach dir keine Sorgen. Ich kläre das.«

      Er zog sich ein freundliches Lächeln aufs Gesicht, marschierte an dem Hilfszauberer vorbei, der noch den Mund öffnete und eine Hand nach ihm ausstreckte, riss die Tür zum Besprechungsraum auf und trat ein.

      »Bin ich hier richtig? Anhörung zum Zwecke, keine Ahnung, das sagt Ihr mir bestimmt gleich?«

      Drei Personen hinter einem mächtigen Tisch musterten ihn. Zwei davon waren Yuriko von früher vage bekannt: ein sauertöpfisch dreinblickender Zauberer mit faserigem braunem Haar und ein Greis mit spiegelnder Glatze, der in seinen Roben schier versank und ihm kurzsichtig entgegenblinzelte. Der dritte war Ksantho Malrandir Kraka.

      Yuriko wusste nicht, was ihn mehr anfasste – die Tatsache, dass man sich wegen ihm nicht einmal die Mühe gemacht hatte, den kompletten Rat einzuberufen, oder dass der schmucke Speichellecker sich nicht nur Yurikos Posten, sondern auch gleich noch einen Ratssitz gekrallt hatte.

      »Schön, dass Ihr es einrichten konntet, Meister Frost«, sagte Flusenhaar ohne spürbare Wärme. »Seid so gut und schließt die Tür hinter Euch.«

      Einen Stuhl hatten sie ihm nicht hingestellt. Sie wollten, dass er vor diesem Gremium stand und seine Finger knetete wie ein Lehrling, der seinen ersten Auftrag versaut hatte.

      »Momentchen«, sagte Yuriko heiter. Er ging raus in den Vorraum, schnappte sich den Stuhl des Jungzauberers ungeachtet dessen Protests, nahm den Stuhl mit in den Besprechungsraum, schubste die Tür hinter sich ins Schloss wie gewünscht, schob den Stuhl über den polierten Fliesenboden an den Riesentisch und ließ sich darauf fallen, dass das Holz krachte. Er faltete die Hände auf der Tischplatte und strahlte die versammelte Mannschaft an.

      »Bin ganz Ohr«, sagte er.

      Thronräuber Kraka räusperte sich und raschelte in ein paar Papieren. Vermutlich nur, um ihn jetzt seinerseits warten zu lassen, aber er hatte ja Zeit.

      »Yuriko Mandorak Frost, Geburtsdatum und -ort unbekannt, ehemaliger Zirkelmeister für Siegelkunde, Inhaber des siebten Arkanen Gradienten … wie immer Ihr den erworben habt …«

      »Durch angeborene Genialität und unermüdlichen Fleiß«, sagte Yuriko. »Aber versucht ruhig, es mir nachzutun. Vielleicht reicht Fleiß allein ja auch.«

      »Wie auch immer«, sagte Kraka. »Euretwegen ist gestern eine Abteilung Wasserelementaristen vom Katastrophenschutz ausgerückt. Ihr habt im Dritten Quartier, Südlicher Hang, ein Anwesen niedergebrannt ...«

      »Mein eigenes.«

      »… sowie erheblichen Schaden an den umliegenden Häusern angerichtet.«

      »Wenn Ihr einen Birnbaum und ein Dach als erheblichen Schaden bezeichnen wollt. Und alles war gelöscht, bevor auch nur ein Elementarist vor Ort war. Die hätten sich das Ausrücken sparen können.«

      »Sie wurden von besorgten Anwohnern verständigt.«

      »Dafür kann ich nichts.«

      »Eine kleine Frage, Meister Frost, wenn Ihr gestattet«, ließ sich der Greis mit papierdünner Stimme vernehmen. »Was ist das da auf Eurer Schulter?«

      »Das ist Meister Padda, mein Tiergefährte. Eine Grünblatt-Erdspringkröte.«

      »Aha, interessant. Kommt näher, kommt näher.« Eine knöchrige Greisenhand unterstrich die Aufforderung, und Yuriko erhob sich, beugte sich zu dem Alten und setzte Padda vor ihn auf den Tisch.

      Kraka wich angewidert zurück.

      »Die Frage sollte eher lauten, was Euch bewogen hat, Euer eigenes Anwesen niederzubrennen«, sagte er.

      »Ganz einfach«, sagte Yuriko freundlich. »Sorge ums Gemeinwohl. Ich hatte dreihundert Untote auf meinem Dach. Wenn die sich im Quartier verteilt hätten – nicht auszudenken.«

      »Prachtvolles Tier«, murmelte der Greis, der sich inzwischen Aug in Aug mit Padda befand. »Aber ungewöhnliche Wahl. Nimmt man sich heutzutage nicht mehr Hunde, Hirsche oder Falken zum Begleiter?«

      »Wo die Liebe hinfällt«, sagte Yuriko. »Und so ein Hirsch ist ja auch schrecklich unhandlich.«

      »Da habt Ihr recht«, sagte der Greis und kitzelte Padda mit einem dünnen Finger am Kehlsack, was dieser ungerührt über sich ergehen ließ.

      »Können wir bitte beim Thema bleiben«, sagte Kraka ungeduldig. »Dreihundert Untote?«

      »Schätzwert.«

      »Und woher sollen die gekommen sein?«

      »Die hat eine Zauberin beschworen, die unangemeldet auf meiner Schwelle auftauchte. Aus sehr fremden Landen, wenn ich ihr Äußeres richtig deute.«

      »Abrantes?«, warf der Greis ein. »War dort nicht auch einmal eine Frau Vorsitzende des Arkanen Rates? Unfassbar. Wie war noch ihr Name? Mathilda … Mechthild … von …«

      »Minna von Leuenstein«, half Kraka aus. »Aber zurück zu der Zauberin auf Eurer Türschwelle, Meister Frost.«

      »Die kam jedenfalls nicht aus Abrantes. Dafür waren die beide viel zu fremd. Ihre Kleidung, ihre Art zu zaubern. Und sie bedienten sich eines Sprachenzaubers. Den hätten Abrantiner auch nicht gebraucht.«

      »Also