Die FROST-Chroniken 1: Krieg und Kröten. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: FROST-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691346
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      »Du hast jetzt im Übrigen keine Zeit, dich aufzuregen. Du hast dort unten dringend etwas zu putzen.«

      »Hab ich?«, fragte Galina verwirrt. Yuriko nahm sie beim Ärmel und zog sie mitsamt dem Besen mit sich.

      »Wir müssen uns beeilen. Ich habe sicher ein paar Leute misstrauisch gemacht mit meinem auffälligen Interesse.«

      Die Abteilung für arkane Nachsorge war ein flacher steinerner Bau mit kleinen Fenstern, abseits auf dem Gelände, noch hinter den Stallungen der Abteilung für arkane Mischwesen. Padda wurde zu einem harten Klumpen ängstlicher Anspannung, als sie die Stallungen passierten. Der Geruch, der von dort kam, war auch wirklich merkwürdig.

      In Sichtweite des Gebäudes, unter ein paar Bäumen, blieb Yuriko stehen.

      »Geh rein und sieh dich um«, sagte er. »Zähl vor allem die Wachen. Halte Ausschau nach Siegeln.«

      »Aber wenn sie dich nicht zu ihm lassen, dann doch mich erst recht nicht«, widersprach Galina. Yuriko verdrehte die Augen.

      »Du willst ja auch gar nicht zu ihr. Du willst doch nur Papierkörbe ausleeren oder was auch immer. Jetzt geh.«

      Endlich begriff Galina, packte ihren Besen und marschierte davon. Im Sichtschutz der Bäume sah Yuriko ihr nach. Das Gelände um die Abteilung war verlassen. Niemand war an den Fenstern. Ungehindert verschwand Galina durch die Tür nach drinnen.

      Es dauerte nicht lange, bis sie zurückkam.

      »Ich wurde sofort weggeschickt«, berichtete sie. »Bis auf weiteres soll ich in der Ana nicht saubermachen, hieß es.«

      »Was hast du gesehen?«

      »Es ist auffällig leer. Die Ärztezimmer sind abgeschlossen. Wenn man reingeht, rechts den Gang hinter, steht ein Wachmann. Der hat mich auch weggeschickt. Im Übrigen kannte ich ihn nicht, und ich kenne eigentlich jeden in der Arkania, zumindest vom Sehen.«

      »Bewaffnung?«

      »Schwert, aber er hat es abgegürtet. Er sieht ziemlich gelangweilt aus.«

      »Perfekt. Warte hier.«

      Yuriko ließ die protestierende Galina unter den Bäumen zurück. Beschwingt marschierte er hinüber zum Haus, stieß die Tür auf und ließ sie lärmend hinter sich ins Schloss fallen. Rein und rechts, hatte Galina gesagt. Durch einen gemauerten Bogen betrat er einen langen Gang, von dem zur Linken lauter gleichförmige Türen abgingen. Krankenzimmer, vermutete Yuriko, und dann sprang auch schon der Wachmann von seinem Stuhl auf. Yuriko zauberte sich das breiteste Grinsen aufs Gesicht.

      »Ah! Inthisira Alistis! Ein Glück, dass ich Euch hier antreffe! Ich soll Euch von Eurer Frau ausrichten – bezauberndes Wesen im Übrigen, ganz ungemein reizvoll …«

      Während er sprach, hielt er Padda seine Handfläche hin. Padda fuhr die Zunge aus und beleckte das, was sich darin befand. Dann war Yuriko an dem überraschten Wachmann dran.

      »Das muss eine Verwechslung sein«, sagte der Wachmann. »Ich bin nicht …«

      »Macht nichts«, sagte Yuriko strahlend und hielt dem Wachmann die Hand hin. »Freut mich sehr, Eure Bekanntschaft zu machen.«

      Unwillkürlich ergriff der Wachmann die dargebotene Hand. Das mit Krötenspucke versehene Siegel klebte sofort an ihm fest. Die Körperklammer wirkte so plötzlich, dass Yuriko Mühe hatte, sich aus dem Zugriff zu befreien.

      An dem erstarrten Wachmann vorbei betrat er den Gang. Die Türen zu seiner Linken waren aus dicken Holzbohlen gefertigt und mit schweren Schlössern versehen. Im oberen Bereich hatten sie Klappen, die vom Gang aus einen Blick in den Raum ermöglichten.

      »Arkadis?«, sagte Yuriko laut. »Bist du hier?«

      Ein rasches, leichtes Klopfen war die Antwort. Es kam von einer Tür weiter hinten.

      Yuriko öffnete die Klappe. Hinter der Klappe waren Gitterstäbe, und hinter den Gitterstäben war Arkadis, blass und mit großen, angsterfüllten Augen. Sie klammerte sich ans Gitter und starrte Yuriko beschwörend an.

      »Geht es dir gut?«

      Sie schüttelte den Kopf und rüttelte demonstrativ am Gitter.

      »Ich kann dich nicht rauslassen. Ich müsste die Tür abbrennen, und dann kämen wir niemals vom Gelände runter, am helllichten Tag. Ich bin nur gekommen, um …«

      Ja, warum eigentlich?

      »Galina macht sich Sorgen. Sie hat Angst, du würdest denken, sie hätte dich verpfiffen. Aber sie ist unschuldig. Ich war’s. Unabsichtlich, das schwöre ich. Und wir arbeiten daran, dich hier rauszuholen. Haben sie dir etwas getan? Haben sie an dem Siegel herumgespielt?«

      Arkadis schüttelte den Kopf. Eine steile Falte hatte sich über ihrer Nasenwurzel gebildet. Sie streckte die Zunge heraus, das Siegel war unverändert.

      »Gut. Brauchst du etwas? Soll ich dir etwas bringen lassen?«

      Arkadis machte eine ausholende Geste, von der Yuri durch die Klappe nur einen Teil sehen konnte, die sich aber offenbar auf die Gesamtheit ihrer kleinen Zelle bezog.

      »Ja, Freiheit. Ich verstehe. Mir tut das schrecklich leid, Arkadis.«

      Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, tröstete sie das wenig.

      »Ich kümmere mich«, versprach Yuriko. »Ich kriege dich hier raus. Es kann nur noch ein paar Tage dauern. Und ich glaube nicht, dass ich dich nochmal besuchen kann – der Trick funktioniert bestimmt kein zweites Mal. Aber wir finden einen Weg. Wir lassen dich nicht hängen.«

      Arkadis nickte zögernd. Yuriko machte einen Schritt rückwärts und wollte schon die Klappe schließen, als ihr dünner Arm zwischen den Gitterstäben hindurchfuhr. Sie packte ihn am Schopf und zog ihn näher.

      »Aua«, presste Yuriko hervor. »Haare! Was habt ihr nur immer!«

      Arkadis ließ ihn los, hielt sich die flache Hand vors Gesicht und bewegte leicht den Kopf hin und her. Eine zweite Geste – sie wischte – nein, sie blätterte ein unsichtbares Buch um.

      »Lesen? Ich soll dir Bücher bringen lassen?«

      Heftiges Nicken, flehender Blick.

      »Das lässt sich bestimmt einrichten. Heute noch. Ich kümmere mich darum.«

      Nachdrückliches Nicken. Dann entfernte Arkadis sich vom Gitter, und Yuriko schloss die Klappe.

      Der Wachmann stand noch am gleichen Fleck, die Hand zum Gruß nach vorne ausgestreckt. Yuriko fischte ein zweites Siegel aus der Tasche, ließ Padda es anlecken und klebte es über das Körperklammersiegel. Dann verließ er die Abteilung für arkane Nachsorge und schloss zu Galina auf, die ihn ungeduldig erwartete.

      »Und?«

      »Es geht ihr gut. Sie ist körperlich unversehrt, nur sehr gelangweilt. Sie wünscht sich Bücher. Kümmer dich drum, ja?«

      Galina nickte. »Was hast du mit dem Wachmann gemacht?«

      »Körperklammersiegel. Und einen Auflöser, der inzwischen anfangen sollte zu wirken, also stehen wir hier besser nicht unnötig herum.«

      »Aber was, wenn er Bericht erstattet? Er hat uns beide gesehen und kann uns sicher beschreiben.«

      Yuriko grinste und setzte sich in Bewegung. »Und dabei zugeben, dass er sich von einem alten Mann hat übertölpeln lassen? Ich wette, dafür hat er seine Arbeit viel zu gern. Nein. Wenn er schlau ist, schmeißt er die Siegel weg und verrät niemandem ein Sterbenswörtchen.«

      »Ich hoffe, du hast recht«, brummte Galina. »Sonst bin ich meine Anstellung los. Dir kann das ja egal sein, du hast ja sowieso keine.«

      »Macht es dir eigentlich Spaß, mir ständig Salz in offene Wunden zu reiben?«

      »Das ist der einzige Spaß, der mir geblieben ist, Meister Yuri.«

      Einigermaßen einträchtig kehrten sie zurück