Die FROST-Chroniken 1: Krieg und Kröten. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: FROST-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691346
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so viel zu verdanken habt. Findet Ihr das nicht fahrlässig, geradezu verwerflich?«

      »Moment mal«, sagte Yuriko ungehalten. »Ich hatte mit den beiden Grazien überhaupt nichts zu schaffen! Hab die nie zuvor gesehen! Sie wollten im Übrigen auch gar nicht zu mir, sondern zu einer jungen Frau, der ich Unterschlupf gewährte und die … oi.«

      Die Art, wie sie ihn plötzlich alle anstarrten, verriet ihm, dass er sich gerade um Kopf und Kragen redete.

      »Es ist nicht, was Ihr denkt«, beeilte er sich zu versichern. »Sie ist ein Studienobjekt, nichts weiter.«

      »Die Studien, die Ihr an jungen Frauen vornehmt, sind hinlänglich bekannt«, sagte Kraka.

      »Und keine der Damen hat sich je über meine Methoden beschwert«, hielt Yuriko dagegen.

      »Ihr lebt also in kupplerischen Verhältnissen mit einer Frau unter einem Dach?«, setzte der Flusenhaarige nach.

      Eine unsichtbare Schlinge legte sich um Yurikos Hals und zog sich zu. Es hielt ihn nicht länger auf seinem Stuhl. Er stand auf, brachte Padda an sich und maß mit einem Blick die Entfernung zum Fenster ab. Der Turm war höher als die umliegenden Gebäude. Drei, vier Mannslängen mochte es zum nächsten Dach hinuntergehen. Das war bei bester Gesundheit riskant, mit einem verletzten Bein halsbrecherisch.

      »Hätte ich nur ein Dach«, sagte er bemüht ruhig. »Aber das habe ich ja dem Gemeinwohl geopfert. Es sind im Übrigen genug Knochenreste übrig, falls Ihr einen Beweis für meine Worte braucht. Arkadis – die, äh, Person, die ich bei meiner Rückkehr in meinem Haus vorfand - die im Übrigen genauso gut ein junger Mann sein könnte, das ist nicht ganz eindeutig …«

      »Schwacher Versuch«, sagte Flusenhaar. »Ganz schwach.«

      »Sie trägt ein Siegel, das zu untersuchen sie mich bat. Unsere Beziehung ist rein geschäftlich.«

      »Siegel?«, fragte Kraka interessiert. »Was für ein Siegel?«

      »Ein fremdartiges. Keine Ahnung, was es bewirkt.«

      Kraka bohrte seinen Blick in den von Yuriko. Yuriko machte ein unschuldiges Gesicht.

      »Meister Frost, Ihr habt nicht die Verpflichtung gespürt, der Arkania Meldung zu machen?«

      »Wem? Ach, Ihr meint, dem Laden, der mir den Stuhl vor die Tür gesetzt hat, nur weil ich eine Weile weg war? Nein, da hab ich gar nichts gespürt.«

      »Natürlich nicht. Stattdessen beschwört Ihr Unheil über einen ganzen Straßenzug herauf, was sag ich, über eine ganze Stadt!«

      »So war das doch überhaupt nicht!«

      »Dreihundert Untote!«

      »Mit denen ich spielend fertiggeworden bin, und das ist nur einer von vielen Beweisen für meine Größe!«

      »Wo ist die Frau mit dem Siegel jetzt?«, unterbrach Flusenhaar.

      »Sag ich nicht«, sagte Yuriko trotzig.

      »Ihr seid dem Rat Rechenschaft schuldig, das wisst Ihr.«

      »Gar nichts bin ich.«

      Flusenhaar hob beschwichtigend die Hände.

      »Verehrte Anwesende, lasst uns nicht streiten. Seht, Meister Frost, was Ihr uns über diese Siegelträgerin berichtet, ist höchst interessant, und umso bedauerlicher, dass Ihr damit so lange zurückgehalten habt. Und wenn tatsächlich sie es ist, die Gesindel in unsere schöne Stadt lockt – und nicht etwa Ihr selbst – dann ist es Euch nicht zuzumuten, ganz alleine und jederzeit für ihre Sicherheit einzustehen.«

      Frakis´ Worte geisterten durch Yurikos Kopf. Wenn es nach ihm ginge, hätte Yuriko schon längst Meldung gemacht. Andererseits – wer wusste schon, was mit Arkadis passierte, wenn die Arkania sie einmal verschlungen hatte. Frakis war vielleicht zu nah dran, um die Gefahr zu erkennen.

      »Die junge Dame steht unter meinem Schutz und hat die Arkania überhaupt nicht zu interessieren«, sagte er. »Wen ich unter meinem Dach aufnehme, ist mein Privatvergnügen.«

      »Die junge Dame trägt ein Siegel und wird von machtvollen fremdländischen Zauberern verfolgt«, sagte Flusenhaar und betonte jedes Wort. »Zauberinnen zu allem Überfluss. Selbstverständlich sind ihre Belange von höchstem Interesse für uns.«

      »Ich kann gelegentlich Bericht erstatten, wenn’s Euch so interessiert.«

      Kraka legte die Fingerspitzen aneinander.

      »Das wird nicht genügen, Herr Kollege. Aber ich will Euch eine Brücke bauen. Ihr verratet uns den Aufenthaltsort dieser Siegelträgerin, und wir werten das als Zeichen Eures guten Willens und verzichten darauf, die Sittenkommission von den näheren Umständen Eures … Zusammenlebens mit dieser Person … zu informieren. Wie es eigentlich unsere Pflicht wäre.«

      »W… was?« Yuriko stand wie mit kaltem Wasser übergossen. »Die Sitte? Euer Ernst? Für ein paar Nächte unter einem Dach mit jemandem, von dem ich nicht mal sicher weiß, ob’s eine Frau ist?«

      »Das könnt Ihr dann ja dem Sittenkommissar erklären.«

      In Yurikos Kopf wirbelten die Gedanken, zerstoben dann wie Funken und ließen einen Namen zurück, mit Feuerschrift in sein Herz gebrannt.

      Florine.

      »Sie ist bei meiner Schülerin. Ich habe das Haus versiegelt, sie sollte dort wirklich sicher sein. Wenn … wenn es Euch beliebt, kann ich ein Treffen in die Wege leiten.«

      Kraka wechselte einen Blick mit Flusenhaar, und Yuriko hatte das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein, aus der es kein Entrinnen gibt.

      »Habt Dank für Eure Zeit«, sagte Flusenhaar. »Wir werden Euch benachrichtigen, welche Vorgehensweise wir wünschen.«

      Die Audienz war beendet. Kraka erhob sich. Flusenhaar tat es ihm gleich und half dem Greis in die Höhe, der sich noch irritiert umsah und mit brüchiger Stimme nach der Kröte fragte. Yuriko schluckte hitzige Wut und brennende Hilflosigkeit. Er drehte sich auf dem Absatz um und stürmte grußlos nach draußen, die Schmerzen im Bein missachtend. Die Treppe hinunter, einmal quer durch die Arkania wie im Nebel, ins Vordergebäude, Säulengang, Kellertreppe, Torbogen, letzte Tür ganz hinten im Gang.

      Auf Frakis´ Besucherstuhl brach er zusammen, presste die Hände gegen das Gesicht und stöhnte durch die Finger.

      »Keine Feuerzauber. Keine freilaufenden Tiere. Kein Blut auf meine kostbaren Dokumente. Was ist eigentlich los?«

      »Sie haben mir mit der Sitte gedroht, und ich habe ihnen verraten, wo Arkadis ist. Ich bin ihnen auf den Leim gegangen. Das ist los.«

      Frakis´ leichter Schritt, dann das Rascheln seiner Gewänder direkt neben Yuriko.

      »Hast du denn etwas getan, was die Sitte verärgern könnte?«

      »Du meinst, außer zu existieren?«

      »Guter Punkt.«

      »Ich kann mir keinen Zwischenfall mit der Sitte erlauben, Frakis. Florine will, dass ich mit ihr ausgehe. Am Tag der Götter im Stadtgarten. Sie kann sich doch nicht mit einem Mann sehen lassen, dem die Sitte in den Nacken atmet!«

      Er hörte Frakis leise seufzen. Spürte die Hand seines Freundes auf seiner Brust.

      »Dein Herz, Yuri. Immer dein Herz.«

      Yuriko nahm die Hände vom Gesicht und ließ sie hilflos in den Schoß fallen.

      »Wie haben sie denn überhaupt von Arkadis erfahren?«, erkundigte Frakis sich.

      »Ich habe mich verplappert«, sagte Yuriko dumpf.

      Frakis schüttelte den Kopf. »Du Trottel. Aber vielleicht ist es nicht zum Schlechtesten. Wenn mehr Zauberer sich für das Siegel interessieren, kommt die Entschlüsselung vielleicht schneller voran. Und ich denke immer noch, dass wir sie hier in der Arkania besser vor Angriffen schützen können als in Galinas Dachkammer.«

      »Ich hoffe so sehr,