»Na klar«, erwiderte Donovan einfach und bog rechts Richtung Innenstadt ab. »Was noch?«
»Wir haben ein System. Der Polizist, der das Verhör führt, hat einen Knopf im Ohr, sodass ich ihm von der anderen Seite des Verhörspiegels aus Hinweise geben kann. Normalerweise hält jemand das Walkie-Talkie für mich, oder wir kleben es irgendwo an. Von jetzt an ist das dein Job.«
Donovan nickte, während er an der letzten Ampel vor dem Parkplatz des Polizeireviers abbremste. »Was ist denn für dich ein sicherer Abstand?«
»Fünf Meilen«, scherzte ich und musste grinsen, als er die Augen verdrehte. »Nein, ganz im Ernst – am besten so weit wie möglich. Mindestens dreißig Zentimeter von mir weg, wenn das geht.«
»Dreißig Zentimeter?« Wir fuhren über die erste Rüttelschwelle, die im Humvee kaum zu spüren war, und Donovan lenkte den Wagen flüssig auf zwei Plätze am hinteren Ende des Parkplatzes. Dieses Monster war einfach zu groß für einen einzigen Parkplatz. »Ernsthaft, so elektrisch bist du?«
»Leider ja«, seufzte ich und kippte den Rest meines lauwarmen Kaffees hinunter. »Eine Sache solltest du noch wissen. Die Beamten hier sind uns wohlgesinnt, die meisten jedenfalls, aber ein paar Ausnahmen gibt es auch. Lass dich von denen nicht ärgern. Wir wurden von Detective Borrowman einbestellt. Er ist ein Freund von mir, also sollte es dieses Mal keine Probleme geben. Trotzdem. Wenn jemand anfängt, mich zu provozieren, sagst du am besten nichts dazu und guckst ihn einfach böse an.«
Donovan hielt inne, als er die Tür schon aufgestoßen hatte, das eine Bein noch in der Luft. Sein Blick war wieder so durchdringend, dass ich das Gefühl hatte, er könnte durch mich hindurchsehen. »Ich vermute, dazu gibt es eine Geschichte.«
»Ja, und es waren ruinierte Telefone, ein Laptop, das ich vielleicht, vielleicht auch nicht mit Absicht angefasst habe, und Vernachlässigung polizeilicher Dienstpflicht mit im Spiel«, erwiderte ich mit einer Grimasse. »Das kann ich dir später alles in Ruhe erzählen. Jetzt gehen wir erst mal rein. Oh, und bevor ich es vergesse – du bist offiziell Kriminalberater, und wenn jemand fragt, nennst du deinen Namen und sagst, dass du bei der Agentur arbeitest. Dann bekommst du keinen Stress.«
»Verstanden.«
Ich wurde das Gefühl nicht los, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Hoffentlich würde es mir wieder einfallen, bevor wir in Schwierigkeiten gerieten. Ich stieg aus, warf mir meine Ledertasche über die Schulter und ging vor durch die schmierige Hintertür der Polizeistation. Keine Ahnung, warum, aber dieses Revier sah für mich immer irgendwie dreckig aus. Ich wusste, dass hier regelmäßig sauber gemacht wurde, und man roch auch die Putzmittel, aber hier hatten fünfzig Jahre Schmutz ihre Spuren hinterlassen, und um den Laden wieder blitzblank zu bekommen, würde es mehr brauchen als eine Behandlung mit dem Wischmopp. Eine Bombe vielleicht.
Bei einer Beamtin, die allein an einem der hinteren Schreibtische saß, setzten wir unsere Unterschriften auf ein Klemmbrett und bekamen dafür Besucherpässe ausgehändigt. Es sah so aus, als ob Donovan sie etwas beunruhigte, aber sie stellte seine Anwesenheit als mein Begleiter nicht infrage und zog einfach eine Kopie von seinem Führerschein. Ich tauschte ein weiteres Mal meine Sonnenbrille, diesmal gegen eine hellere, mit der ich hier in den etwas dämmrigen Räumen besser sehen konnte. Wir befestigten die Besucherpässe an unseren Hemdkragen, und ich ging durch das Großraumbüro voraus zu Borrowmans Arbeitsplatz.
Da es keine Trennwände gab, sah er mich schon von Weitem, stand winkend auf und kam uns um den Schreibtisch herum entgegen. Ich scannte kurz seine Aura, um festzustellen, ob es Ärger geben würde, aber sie leuchtete gleichmäßig und klar, wenn auch mit leichten Verfärbungen der Frustration wegen des Falles. Violett blitzte seine Neugier auf, als er den Mann erblickte, der mir auf dem Fuß folgte.
»Bane. Sie sind ja früh dran, sehr schön. Und wen haben wir hier?«
»Das ist mein neuer Partner, Donovan Havili«, stellte ich mit großer Geste vor. »Donovan, Detective Harry Borrowman.«
»Ist ja toll«, platzte Borrowman heraus, die grauen Augen weit aufgerissen, als er zu Donovan aufsah. Der Detective war alles andere als klein, aber selbst er musste den Kopf heben, um Donovan in die Augen zu schauen. »Wow, das freut mich aber sehr. Wirklich, das meine ich ganz ernst. Ich hatte schon überlegt, selbst eine Anzeige aufzugeben, um einen Partner für Bane zu finden.«
Donovan wirkte ein wenig geschmeichelt ob dieser herzlichen Begrüßung und streckte die Hand aus. »Dann bin ich Ihnen ja zuvorgekommen.«
»Allerdings.« Borrowman schüttelte ihm offensichtlich erleichtert die Hand. »Passen Sie gut auf ihn auf, ja? Ich weiß, dass er manchmal anstrengend sein kann …«
»Hey!«, protestierte ich lächelnd, bevor ich das Aufziehen nickend hinnahm. »Kann sein, dass da etwas Wahres dran ist.«
Borrowman ignorierte mich komplett. »… aber er ist mein Freund und außerdem der Grund dafür, dass ich abends meist halbwegs pünktlich nach Hause gehen kann. Er macht meine Arbeit um einiges einfacher. Also, passen Sie auf, dass Sie ihn nirgends verlieren, und lassen Sie nicht zu, dass jemand noch mehr Löcher in ihn macht.«
»Ein Mal. Ein einziges Mal werde ich angeschossen, und kein Tag vergeht, an dem es mir nicht unter die Nase gerieben wird.«
»Weil Sie eins Ihrer Leben damit aufgebraucht haben«, gab Borrowman gereizt zurück, »obwohl Sie leider gar kein zweites haben. Blödmann.«
»Wie jetzt, als ob ich eine Katze wäre?«, brummte ich.
»Machen Sie sich um ihn keine Sorgen«, beruhigte Donovan den Detective mit einem kleinen Lächeln, das sogar das Herz eines grimmigen alten Mannes zum Schmelzen gebracht hätte. »Ich gebe gut auf ihn acht.«
»Sehr schön. Hat er Ihnen schon gesagt, worum es heute geht? Wunderbar, dann können wir ja anfangen.« Borrowman raunte uns halblaut zu: »Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er unser Mann ist. Er hat zwar ein Motiv, na klar. Schließlich hatte seine Frau schon den Verdacht, dass er eine Affäre hatte, noch bevor Marsha Brown verschwunden ist. Aber er hat ein Alibi für die Tatzeit, kein hieb- und stichfestes, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass er es nicht gewesen ist. Was ich herausfinden muss, Bane, ist, ob er überhaupt darin verwickelt war oder nicht.«
»Beihilfe zum Mord, oder vielleicht hat er jemanden dafür bezahlt?« Ich rieb mir nachdenklich übers Kinn. »Dazu müsste ich ihn erst mal sehen, und selbst dann ist nicht sicher, was sich dabei wirklich zeigen wird. Wenn er schuldig erscheint, kann das auch Beihilfe, Betrug oder sonst was bedeuten.«
»Ich hatte schon befürchtet, dass Sie so etwas sagen würden. Wir nehmen ihn uns einfach mal vor.« Borrowman griff sich eine Akte vom Schreibtisch und reichte das Walkie-Talkie Donovan, während er sich den Knopf ins Ohr schob. »Raum 1. Kanal 3, Mr Havili.«
»Roger.« Donovan stellte mit routiniertem Griff den richtigen Kanal am Walkie-Talkie ein, dann hob er es an die Lippen. »Hören Sie mich?«
»Laut und deutlich«, bestätigte Borrowman, offensichtlich erfreut, dass er von allein darauf gekommen war, den Test zu machen. »Folgen Sie einfach Bane. Sie finden mich dann auf der anderen Seite des Spiegels.«
Die Verhörräume des Reviers waren im zweiten Stock, also gingen wir nach oben und bogen auf dem Treppenabsatz rechts ab. Borrowman trat in den Verhörraum, und wir schlüpften in den Nebenraum. Donovan ließ mich meinen Instruktionen gemäß nicht mal in die Nähe der Türklinke. Die Haustechniker würden ihn lieben.
Der Raum auf unserer Seite des Spiegels war bis auf ein Schaltpult mit Aufnahmegerät und zwei Stühle leer. Die Wände waren in einem zutiefst deprimierenden Grauton gestrichen. Außerdem roch es in diesem spärlich eingerichteten Raum stark nach Kaffee,