Dr. Sonntag Box 3 – Arztroman. Peik Volmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peik Volmer
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Sonntag Box
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740970581
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Kind! Muss verwöhnt werden«, belehrte Ayse den Chefarzt. »Oma immer verwöhnen!«

      Egidius dachte an das Verhältnis seiner Mutter zu seinem Sohn.

      »Ich freue mich jetzt schon für ihren Enkel, Frau Ayse. Sie zur Großmutter zu haben, ist bestimmt ein besonderes Glück!«

      »Genau so, wie dich als Mutter zu haben!« Hatice und Vroni hatten ihren Tanz beendet, sich dem Tisch genähert und Egidius’ letzten Satz mitbekommen.

      *

      »Das will ich auch!«

      »Liebe Frau Tauber, bitte bedenken Sie, dass sie doch schon in etwas fortgeschrittenem Alter sind. Ich denke nur daran, dass wir den gynäkologischen Kollegen die Krebsfrüherkennungsuntersuchung erschweren. Außerdem, wenn Sie gestatten … Sie sind doch von Mutter Natur gar nicht so schlecht ausgestattet!«

      »Aber sie sind nicht mehr straff!«

      »Bitte, gnädige Frau, was glauben Sie denn? Dass uns Männern nur diese bedrohlich aufgerichteten, straffen Brüste gefallen? Also, ich persönlich gebe der sanften Sinnlichkeit und Natürlichkeit einer weichen, nicht operierten Brust den Vorzug. Haben Sie denn mit ihrem Gatten darüber gesprochen?«

      »Der weiß gar nicht, dass ich hier bin. Er ist übrigens ein Kollege von Ihnen, ich bitte um Diskretion!«

      »Ach, richtig! Jetzt weiß ich, warum ich Sie kenne. Klinik St. Bernhard, nicht wahr? Aber, liebe gnädige Frau, Diskretion müssen Sie nicht extra einfordern! Das ist ja schon ein Gebot der Schweigepflicht!«

      Nein, Felix Antretter wusste nicht, dass Aglaja sich bei dem freundlichen plastischen Chirurgen am Tegernsee vorgestellt hatte. Eine beidseitige Lidkorrektur, ein Facelift, Fettabsaugung aus Bauchdecke und Oberschenkeln waren bereits besprochen.

      »Wenn Sie darauf bestehen, Frau Tauber, dann machen wir das natürlich. Aber vertrauen Sie mir: Benötigen tun Sie diesen Eingriff sicher nicht! Sie sind eine schöne und attraktive Frau. Ich trenne das gern, weil das eine nicht zwangsläufig die Voraussetzung für das andere ist. Und generell gebe ich Ihnen zu bedenken, dass Ihr Gatte Sie vermutlich genau so liebt, wie Sie sind.

      Bitte, denken Sie noch einmal über alles nach. Und vereinbaren Sie dann erst den Termin!«

      »Nein, Herr Doktor, ich bin mir da ganz sicher. Gut, auf die Implantate verzichte ich. Aber Lider, Gesicht und Fettabsaugung machen wir. Nein, je schneller, desto besser! Am liebsten morgen!«

      »Das besprechen Sie bitte mit meiner Helferin, gnädige Frau! Ich danke Ihnen sehr für Ihr Vertrauen!«

      Aglaja erhielt den Termin eine Woche später. Leider erst. Sie konnte es kaum erwarten. Gewiss, so wie diese Zwanzigjährige, die sich an Richard rangeschmissen hatte, konnte sie natürlich nicht mehr aussehen, trotz aller Schönheitschirurgie. Aber sie würde sich aufmöbeln lassen. Richard würde staunen. Und bedauern, was ihm mit ihr entging! Immerhin – wie lange würde er denn mit dem jungen Ding mithalten können? Die hatte ja schließlich auch ihre Bedürfnisse! Vermutlich würde er schachtelweise Viagra konsumieren müssen, der Arme! Ha!

      Was hatte der Chirurg gesagt? Eine ›schöne und attraktive‹ Frau. Tja, Richard! Das wäre dein Preis gewesen! Eines Tages, wenn dich das Flittchen mit einem Mann betrügt, der dein Enkel sein könnte, wirst du angekrochen kommen, demütig und verzweifelt! Aber dann wird es leider zu spät sein. Weil diese schöne und attraktive Frau hier in festen Händen ist. Pech gehabt, mein Lieber!

      Schmeiße ich dich einfach hinaus, wenn du vor meiner Tür stehst? Nein! Auf keinen Fall. Ich werde dir zuhören. Verständnisvoll. Zugewandt. Voller Mitgefühl. Freundlich werde ich mit dir zusammen dein Schicksal beklagen. Und dann auf die Uhr schauen, und sagen, oh, so spät schon? Felix muss morgen früh raus, und er kann nicht einschlafen, wenn ich nicht neben ihm liege, bitte verzeih! Und wenn ich dich hinausbegleite, werde ich deine Hände nehmen und dich tapfer lächelnd ansehen. Ich bin immer für dich da, wenn du ein offenes Ohr brauchst, werde ich zu dir sagen, während ich innerlich Freudentänze aufführe!

      *

      Dagmar freute sich. Endlich mal ein etwas ruhigerer Vormittag. Und sie hatte nicht ein einziges Mal ›Rommert‹ gesagt. Gott sei Dank. Das war auf die Dauer doch recht kostenintensiv geworden. Schwester Nasifa verfügte mittlerweile über die am besten gefüllte Kaffeekasse der Klinik!

      Dagmar tupfte sich etwas von ihrem teuren ›First‹ hinter die Ohren und prüfte argwöhnisch ihr Spiegelbild. Komisch. Seit sie mit Anton verheiratet war, fand sie sich häufig vor einem Spiegel wieder. Dabei war sie nicht eitel. Aber – die Konkurrenz schlief nicht. Und sie gehörte nicht zu den Frauen, die sich, kaum, dass sie den ›Richtigen‹, was auch immer das bedeuten mochte, gefunden hatten, gehen ließen. Wo hatte sie bloß diese beunruhigende Statistik gelesen, in der es um Gewichtszunahme, Körperpflege, Kleidungsstil ging? Nicht mit ihr. Auf keinen Fall. Anton war ein smarter, attraktiver Mann, dessen Anziehungskraft sich durch seine Zurückhaltung noch steigerte. Und wie das weibliche Personal mit ihm schäkerte, verriet ihr, dass er reichlich Gelegenheit hatte, der einen oder anderen Kollegin näher zu treten, als es ihr, Dagmar Schattenhofer, recht sein konnte.

      Andererseits wollte sie ihn nicht mit Eifersucht aus dem Haus treiben. Eifersucht war etwas Entsetzliches. Anton war ja nicht ihr Besitz. Es war doch viel schöner, zusammen zu sein, weil man sich jeden Tag aufs Neue freiwillig dafür entschied, oder? Anton gab ihr stets das Gefühl, dass sie für ihn der wertvollste Mensch war. Endlich konnte sie zur Ruhe kommen. Das Thema, das sich durch ihr Leben zog – immer wieder verlassen, im Stich gelassen zu werden war endgültig beendet. Sie vertraute ihm. Voll und ganz. Absolut. Nein, wirklich.

      Aber es konnte auch nichts schaden, ein wenig auf sich zu achten, oder? Und die Konkurrenz unauffällig im Auge zu behalten – Männer waren doch ziemlich leicht zu erobern!

      »Frau Doktor, wie schaut’s mit einem Kaffee aus, bevor der Krankentransport kommt? Eben kam der Anruf! Eine akut erblindete Frau aus dem Dorotheenstift, glaube ich!«

      »Gern, Schwester Nasifa! Schwarz und süß – wie es zu mir passt!«

      Nasifa lachte. »Ihre Mama trinkt ihn auch so! – Vorsicht! Heiß!«

      Dagmar pustete auf die dampfende Oberfläche und nippte vorsichtig. In diesem Moment glitten die Flügel der Milchglas-Tür zur Seite, und die Sanitäter rollten die Trage mit der angekündigten Patientin herein.

      »Patientin, 57 Jahre alt, bekannter Diabetes mellitus, insulinpflichtig, arterieller Hypertonus, mit ACE-Hemmern und Betablockern eingestellt. Jetzt akuter Verlust des Sehvermögens, sonst keine Auffälligkeit. Sie hat einen venösen Zugang mit NaCl, RR 140/90, Herzfrequenz 80/min, das EKG scheint in Ordnung!«

      »Danke, Kollegen! Dann wollen wir mal!«, erklärte die Notärztin forsch.

      »Mein Name ist Rom… – verflixt! – Schattenhofer! Haben Sie bitte keine Angst, Frau … « Sie suchte in den Papieren den Namen der Patientin.

      »Mein Name ist Kettel. Schwester Stefanie Kettel. Ich bin Krankenschwester im Dorotheenstift!«

      »Frau Kettel, also. Bitte bleiben Sie ganz ruhig. Wir finden heraus, was ihnen fehlt. Und dann reparieren wir alles, was kaputt ist!«

      »Sie sind ja lustig! Da hätten Sie bei mir aber viel zu tun! Der Herr in Orange hat Ihnen noch nicht mal die Hälfte erzählt!«

      »Ich verspreche Ihnen: Wenn Sie uns verlassen, sind Sie wie neu. Mit ein paar Gebrauchsspuren, vielleicht!«

      Die Damen lachten. »Danke, dass Sie mir die Angst nehmen, Frau Doktor«, sagte Schwester Stefanie. »Es ist wirklich erschreckend, wenn man innerhalb von Sekunden nicht mehr gucken kann!«

      »Das glaube ich Ihnen! – Frau Kettel, ich würde bei Ihnen gern eine CT vom Schädel machen. Und während das läuft, besorge ich uns einen netten Augenarzt. Wir haben zwar keine entsprechende Abteilung, aber wir sind gut ausgestattet! Der Mann kann Sie hier konsiliarisch untersuchen. Einverstanden?«

      »Ich mache alles, was sie wollen.«

      »Zur