Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963668
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drehe ich mich um!«

      »Ich kann im Augenblick nur den Fahrer erkennen«, sagte der Butler, »ein jüngerer Mann, der eine Son-nenbrille trägt.«

      »Und im Fond?«

      »Nichts zu sehen, Mylady. Aber bald dürfte mehr zu erkennen sein. Mein Wagen wird jetzt ein wenig Öl verlieren.«

      Parker ließ seine rechte Hand über das Zusatzinstrumentenbrett gleiten und legte einen kleinen Kipphebel um. Augenblicklich ergoß sich eine gehörige Portion Autoöl auf die Straße und machte sie glatt wie Schmierseife. Mit diesem Trick hatte der Butler sich in der Vergangenheit schon häufig unliebsame Verfol-ger vom Hals gehalten. Der Motorradfahrer wurde völlig überrascht, sah sich plötzlich der Öllache gegen-über, wollte ausweichen und verlor die Kontrolle über seine Maschine. Er schlitterte durch das hochsprit-zende Öl, drehte sich, wackelte bedenklich und – erklomm dann mitsamt seiner Maschine eine relativ steile Böschung.

      Oben angekommen, endete seine Fahrt auf dem Motorrad, doch der Fahrer selbst blieb in Bewegung. Er schoß kopfüber über den Lenker, segelte etwa vier Meter durch die Luft und landete anschließend in dich-tem Strauchwerk, das ihn verschlang.

      Der Fahrer des Rover hatte inzwischen voll die Bremse betätigt und rechnete sich echte Chancen aus, dem Unheil zu entgehen. Doch er hatte sie nicht, drehte sich wie ein Brummkreisel und landete dann ebenfalls oben auf der Böschung. Dabei verbeulte sich die Karosserie ein wenig.

      »Ich kann wirklich nur hoffen, Mylady, daß es keine Unschuldigen getroffen hat«, bemerkte Parker ge-messen, »ich müßte mir sonst immerhin einige ernste Vorwürfe machen!«

      *

      Sie hatten Kathy Porter in dem kleinen Vorort zurückgelassen, bevor sie zu Ruth Glaters gefahren waren. Sicherheitshalber war Lady Simpsons langbeinige und hübsche Sekretärin weit vor dem Ort aus Parkers hochbeinigem Monstrum gestiegen und hatte den Rest mit einem normalen Linienbus zurückgelegt. Kathy Porter sollte in diesem Vorort auskundschaften, was von Interesse war.

      Sie trug einen einfachen Trenchcoat, knielange Stiefel und hatte sich eine Schultertasche umgehängt. Sie hoffte, hier in Kew Gardens nicht aufzufallen.

      Kathy Porter schlenderte auf die Kurve zu, wo ihr Mini-Cooper den Geist aufgegeben hatte. Sie entdeckte den kleinen Milchladen, dessen Schaufenster und Eingang mit Brettern zugenagelt worden waren. Die großzügige Abfindung des Schadens hatte dem jungen Mr. Walt Perkins wohl jede Lust genommen, sich noch weiterhin mit Butter, Milch, Eiern und Käse zu befassen.

      In der Nähe des Milchladens fand Kathy eine Teestube, betrat sie und bestellte sich Tee und ein paar Kekse. Sie war allein in dem kleinen Raum und wurde von einer älteren Frau bedient, die gemütlich und schwatzhaft aussah.

      »Eine Bombe?« fragte Kathy und deutete hinüber auf den Milchladen, »Terroristen, nicht wahr?«

      »Bereden Sie’s nur nicht«, entsetzte sich die Frau, »nein, nein, das war ein Autounfall gestern.«

      »Ach so«, sagte Kathy und tat enttäuscht.

      »Eine komische Geschichte«, redete die Frau prompt weiter, »Walt, das ist der Inhaber des Milchladens, war anschließend bei mir. Stellen Sie sich vor, er hat seine Schwester an zwei Stellen zugleich gesehen! Der Junge war noch völlig durcheinander.«

      »Bilokation?« fragte Kathy, um die Schwatzhaftigkeit der Frau weiter anzuheizen.

      »Biooo was?« fragte die Frau irritiert.

      »Bilokation«, wiederholte Kathy noch mal, »ein und derselbe Mensch ist zur gleichen Zeit an zwei ver-schiedenen Stellen.«

      »Das muß es genau gewesen sein«, sagte die Frau und ließ sich unaufgefordert auf einem Stuhl nieder, »er sah, daß seine Schwester vor einen Sattelschlepper lief und überfahren wurde, aber dann erschien sie ’ne Minute später hinter ihm und kam runter aus ihrer Wohnung, da über dem Milchladen.«

      »Er wird sich getäuscht haben«, winkte Kathy lächelnd und gespielt ungläubig ab.

      »Er sagt, daß auch andere Leute das mitbekommen haben«, berichtete die Frau weiter, »richtig unheim-lich, nicht wahr?«

      »Gespenster hier in Kew Gardens?« Kathy lachte leise.

      »Sie leben hier ja nicht«, legte die Frau los, »hier ist in letzter Zeit eine Menge passiert. Richtig komische Geschichten. Leute spielen verrückt, sind überhaupt nicht mehr wiederzuerkennen, tun Dinge, die sie sonst nie getan haben und dann diese Geschichte mit den Mosdale-Mädchen.«

      »Mosdale-Mädchen?« Kathy gähnte gekonnt und tat weiterhin desinteressiert, obwohl sie sehr hellhörig war.

      »Richtig nette Dinger, diese Mosdales«, holte die Schwatzhafte weit aus und nickte nachdrücklich, »gut erzogen, keine Flittchen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Am vergangenen Wochenende war Tanz bei Will Hazers. Solide Sache, gehe ich sogar noch hin. Und wissen Sie, was die beiden Mosdales getan haben? Sie werden es nie erraten! Ziehen diese jungen Dinger sich doch plötzlich splitternackt aus, was sagen Sie dazu?«

      »Das muß ja eine Aufregung gegeben haben«, lächelte Kathy.

      »Worauf Sie sich verlassen können!

      Will dreht fast durch, denn er ist mit June schließlich verlobt.«

      »Dann allerdings.« Kathy ließ sich von diesem Thema kaum erwärmen, wenigstens tat sie so. »Kann ich noch eine Tasse Tee bekommen? Er ist sehr gut.«

      »Die Verlobung ging am Abend noch in die Brüche«, redete die Frau von der Kuchentheke her weiter, »und June wollte Selbstmord begehen.«

      »Warum taten die beiden Mädchen das?« fragte Kathy jetzt beiläufig, »handelte es sich um eine Wette?«

      »Sie behaupten, von nichts gewußt zu haben, als man sie zur Rede stellte«, erzählte die Frau weiter, als sie den Tee brachte, »taten völlig ahnungslos und unschuldig. Aber ich bitte Sie, wer zieht sich schon nackt aus, wenn ein Lokal überfüllt ist?«

      »Vielleicht eine geheimnisvolle Krankheit?« tippte Kathy an.

      »Kann schon sein«, meinte die Frau, »aber dann hat’s auch Gwen Perkins erwischt.«

      »Und wer ist das?« fragte Kathy, obwohl sie es sehr genau wußte.

      »Walts Schwester, die da drüben aus dem Milchladen«, lautete die eifrige Auskunft, »seit gestern ist sie nämlich wie vom Erdboden verschwunden. Walt ist heute morgen schon zur Polizei gegangen. Er kann sich ihr Verschwinden nicht erklären.«

      Kathy Porter konnte sich wirklich nicht beklagen. Die Auskünfte, die sie beiläufig erhalten hatte, konnten sich hören lassen. Sie unterstützten die Theorie Mr. Parkers, daß hier in Kew Gardens der Ausgangspunkt der seltsamen Erscheinungen war.

      Die schwatzhafte, gutmütige Frau setzte gerade an, um weitere Auskünfte zu geben, als sie sich plötzlich steil aufrichtete und nicht mehr rührte. Sie schien in sich hineinzuhorchen, öffnete ein wenig die Lippen und lächelte, als habe sie das Paradies erschaut. Dann stand sie auf und ging vom Tisch weg, ohne eine Erklärung abzugeben.

      Kathy Porter wußte sofort, was das zu bedeuten hatte. Sie hatte sich mit Agatha Simpson und Butler Par-ker ausgiebig über das Phänomen der Massenhypnose unterhalten und wußte, welch starke Kraft hier am Werk war. Nach Parkers Ansicht hatte man es nicht mit einem Amateur zu tun, auch nicht mit einem norma-len Könner, dieser Hypnotiseur mußte über mächtige innere Kräfte verfügen, die er dazu noch gezielt auf Einzelpersonen oder Menschengruppen richten konnte.

      Kathy fürchtete sich ein wenig, als sie allein am Tisch saß. Sie ahnte, daß auch sie bereits belauert wurde, daß starke, unsichtbare Kräfte sie umgaben und ihren schwachen Punkt suchten. Darauf deutete schon jetzt das deutlich zu spürende Pochen und Klopfen in ihren Schläfen hin.

      Der Dämon pirschte sich mittels seiner Gedankenkraft bereits an sie heran, hatte sie zum Ziel auserkoren. War die junge Frau tatsächlich immun gegen die Fernhypnose oder geriet sie bereits innerhalb der nächsten Sekunden und Minuten in den Bann