H. G. Wells – Gesammelte Werke. Herbert George Wells. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962813628
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so furcht­bar, wie schwar­ze Kä­fer. Nur! – vor al­lem wür­de zu­nächst eine Sal­ve kom­men. Ich dach­te an eine Kriegs­list. Ich riss mir im Lau­fen mei­ne Fla­nell­ja­cke vom Lei­be.

      »Bed­ford!«, keuch­te Ca­vor hin­ter mir.

      Ich blick­te zu­rück. »Was?«, sag­te ich.

      Er zeig­te über die Käl­ber in die Höhe. »Wei­ßes Licht!«, sag­te er. »Wie­der wei­ßes Licht!«

      Ich blick­te hin und es war wirk­lich so: eine blas­se wei­ße Spur von Zwie­licht in dem fer­ne­ren Höh­len­da­che. Das schi­en mir dop­pel­te Kraft zu ge­ben.

      »Blei­ben Sie nah«, sag­te ich. Ein lan­ger fla­cher Se­le­nit blitz­te aus dem Dun­kel auf, quiek­te und floh. Ich hielt an und ge­bot Ca­vor mit der Hand halt. Ich hing mei­ne Ja­cke über das He­be­ei­sen, tauch­te um den nächs­ten Leich­nam, ließ Ja­cke und Stan­ge fal­len, zeig­te mich und schoss zu­rück.

      »Ssss – scht!«, kam ein ein­zi­ger Pfeil. Wir wa­ren nahe an den Se­le­ni­ten, und sie stan­den in ei­nem Hau­fen, brei­te, kur­ze und lan­ge zu­sam­men, und eine klei­ne Bat­te­rie ih­rer Schuss­ge­rä­te zeig­te die Höh­le hin­ab. Drei oder vier wei­te­re Pfei­le folg­ten dem ers­ten, und dann hör­te ihr Feu­ern auf.

      Ich steck­te den Kopf hin­aus und kam um Haa­res­brei­te da­von. Dies­mal lock­te ich ein Dut­zend Schüs­se oder mehr her­vor, und ich hör­te die Se­le­ni­ten beim Schie­ßen wie vor Auf­re­gung ru­fen und zwit­schern. Ich hob Ja­cke und Stan­ge wie­der auf.

      »Jetzt!«, sag­te ich und hielt die Ja­cke hin­aus.

      Ssss – sss –sss – ssst! In ei­nem Mo­ment war mei­ne Ja­cke zu ei­nem dich­ten Bart von Pfei­len ge­wor­den, und über der gan­zen Lei­che hin­ter uns zit­ter­ten sie. Im Nu zog ich die Stan­ge aus der Ja­cke her­aus, ließ die Ja­cke fal­len – nach al­lem, was ich weiß, liegt sie noch da oben auf dem Mond – und stürm­te auf sie los.

      Eine Mi­nu­te lang viel­leicht war es ein Blut­bad. Ich war zu wild, um Un­ter­schie­de zu ma­chen, und die Se­le­ni­ten wa­ren wahr­schein­lich zu er­schreckt, um zu flie­hen. Auf je­den Fall kämpf­ten sie in kei­ner Wei­se ge­gen mich. Ich sah schar­lach, wie man zu sa­gen pflegt. Ich er­in­ne­re mich, es war, als wa­te­te ich un­ter die­sen le­dri­gen, dün­nen We­sen, wie ein Mensch durch ho­hes Gras wa­tet, und ich mäh­te und traf, erst rechts, dann links; klatsch, klatsch. Klei­ne feuch­te Trop­fen flo­gen um­her. Ich trat auf Din­ge, die zer­bra­chen, schri­en und schlüpf­rig wur­den. Die Men­ge schi­en sich wie Was­ser zu öff­nen und zu schlie­ßen und zu strö­men. Sie schie­nen kei­ner­lei ge­mein­sa­men Plan zu ha­ben. Mich um­flo­gen Spee­re; ei­ner streif­te mich am Ohr. Ein­mal wur­de ich in den Arm ge­sto­chen, und ein­mal in die Ba­cke, aber das fand ich erst spä­ter her­aus, als das Blut Zeit ge­habt hat­te, zu flie­ßen und ab­zu­küh­len, so­dass es sich feucht an­fühl­te.

      Was Ca­vor tat, weiß ich nicht. Eine Zeit lang war es, als hät­te die­ses Kämp­fen seit Ewig­keit ge­dau­ert und müs­se ewig so wei­ter­ge­hen. Dann war plötz­lich al­les vor­bei, und es war nichts mehr zu se­hen als Hin­ter­köp­fe, die auf und nie­der­hüpf­ten, wäh­rend ihre Be­sit­zer in al­len Rich­tun­gen da­von­lie­fen … Ich schi­en ganz un­ver­letzt. Ich lief schrei­end ein paar Schrit­te vor­wärts und wand­te mich dann um. Ich war ver­blüfft.

      Ich war in rie­si­gen, flie­gen­den Sät­zen ge­ra­de durch sie hin­durch­ge­kom­men; sie wa­ren alle hin­ter mir und rann­ten hier­hin und dort­hin, um sich zu ver­ste­cken.

      Ich fühl­te ein großes Er­stau­nen über die Ver­duns­tung des großen Kamp­fes, in den ich mich ge­stürzt hat­te, und nicht ge­rin­ges Frohlo­cken. Mir schi­en nicht, dass ich ent­deckt hat­te, die Se­le­ni­ten sei­en un­er­war­tet zer­brech­lich, son­dern ich sei un­er­war­tet stark. Ich lach­te stumpf­sin­nig. Die­ser fan­tas­ti­sche Mond!

      Ich blick­te einen Mo­ment auf die zer­schmet­ter­ten und sich win­den­den Lei­ber, die über den Höh­len­bo­den zer­streut la­gen, und hat­te eine un­be­stimm­te Idee von wei­te­rer Ge­walt­tat; dann eil­te ich hin­ter Ca­vor her.

      1 Ich ent­sin­ne mich nicht, ir­dend­wel­che Din­ge aus Holz auf dem Mon­de ge­se­hen zu ha­ben; Tü­ren, Ti­sche, al­les, was un­se­rer ir­di­schen Schrei­ner­ar­beit ent­spricht, war aus Me­tall, und ich glau­be, zum großen Teil aus Gold, das sich als Me­tall – wenn die an­de­ren Din­ge gleich wa­ren – durch die Leich­tig­keit sei­ner Be­ar­bei­tung, sei­ne Zä­hig­keit und Dau­er­haf­tig­keit ganz von sel­ber emp­fahl. <<<

      18 – Im Sonnenschein

      Bald sa­hen wir, dass die Höh­le sich auf eine neb­li­ge Lee­re öff­ne­te. Im nächs­ten Mo­ment wa­ren wir auf eine Art schie­fer Ga­le­rie hin­aus­ge­taucht, die in einen rie­si­gen kreis­run­den Raum vor­sprang, einen un­ge­heu­ren zy­lin­dri­schen Schacht, der senk­recht auf und ab lief. Um die­sen Schacht lief die schie­fe Ga­le­rie ohne jede Brust­wehr und ohne Schutz an­dert­halb Win­dun­gen her­um und tauch­te dann hoch oben wie­der in den Fel­sen hin­ein. Ir­gend­wie er­in­ner­te sie mich da­mals an einen je­ner großen Spi­ral­tun­nels der Ei­sen­bahn durch den St. Gott­hard. Es war al­les un­ge­heu­er rie­sen­haft. Ich kann kaum hof­fen, die ti­ta­ni­schen Ver­hält­nis­se die­ses gan­zen Rau­mes klarzu­ma­chen, sei­ne ti­ta­ni­sche Wir­kung. Un­se­re Au­gen folg­ten dem un­ge­heu­ren Ab­sturz der Schacht­mau­er, und zu Häup­ten weit oben er­blick­ten wir eine run­de Öff­nung, die mit blas­sen Ster­nen be­setzt war, und ihre hal­be Lip­pe na­he­zu blen­dend durch das wei­ße Licht der Son­ne. Da schri­en wir gleich­zei­tig auf.

      »Kom­men Sie!«, sag­te ich und führ­te.

      »Aber da?«, sag­te Ca­vor und trat dem Ran­de der Ga­le­rie sehr vor­sich­tig nä­her. Ich folg­te sei­nem Bei­spiel und reck­te mich vor und blick­te hin­ab, aber ich war von dem Licht­glanz oben ge­blen­det und konn­te nur eine bo­den­lo­se Dun­kel­heit mit dar­in schwim­men­den ro­ten und pur­pur­nen Spek­tral­fle­cken se­hen. Aber wenn ich nicht se­hen konn­te, so konn­te ich hö­ren. Aus die­ser Dun­kel­heit drang ein Schall her­aus, ein Schall wie das zor­ni­ge Sum­men, das man hö­ren kann, wenn man das Ohr an einen Bie­nen­korb legt, ein Schall aus je­ner un­ge­heu­ren Höh­le, viel­leicht vier Mei­len un­ter un­se­ren Fü­ßen …

      Ei­nen Mo­ment lausch­te ich, dann fass­te ich mei­ne Stan­ge fes­ter und führ­te die Ga­le­rie hin­auf.

      »Dies muss der Schacht sein, in den wir hin­un­ter­geblickt ha­ben«, sag­te Ca­vor. »Un­ter dem De­ckel.«

      »Und da un­ten, da ha­ben wir die Lich­ter ge­se­hen.«

      »Die Lich­ter!«, sag­te er. »Ja – die Lich­ter der Welt, die wir nun nie se­hen wer­den.«

      »Wir kom­men wie­der«, sag­te ich, denn jetzt, da wir so weit ent­kom­men wa­ren, war ich über­eilt san­gui­nisch in dem Glau­ben, dass wir die Sphä­re wie­der­fin­den wür­den.

      Sei­ne Ant­wort hör­te ich nicht.

      »Eh?«, frag­te ich.

      »Es kommt nicht drauf an;« sag­te er und wir eil­ten schwei­gend wei­ter.

      Ich glau­be, die­ser schrä­ge Weg war, sei­ne Kur­ve be­rück­sich­tigt, vier oder fünf Mei­len lang, und