Und es ist seltsam, dass wir Menschen eben diese Vegetation, die uns noch vor einer kleinen Weile so unheimlich und furchtbar erschienen war, jetzt mit der Bewegung anblickten, die ein heimkehrender Verbannter beim Anblick seines Heimatlandes fühlen mag. Wir bewillkommneten selbst die Dünne der Luft, unter der wir im Laufen zu keuchen hatten, und bei der das Sprechen nicht mehr so leicht war, wie es gewesen war, sondern zu einer Anstrengung wurde, um sich vernehmbar zu machen. Größer wurde der sonnenerleuchtete Kreis über uns und größer, und der ganze nähere Teil des Tunnels versank in einen Rand von ununterscheidbarem Schwarz. Wir sahen den Bajonettstrauch nicht mehr mit dem geringsten Anflug von Grün darin, sondern braun und trocken und dick, und der Schatten seiner oberen Zweige, die hoch außer Sicht waren, warf ein dicht verschlungenes Muster auf die krausen Felsen. Und unmittelbar an der Mündung des Tunnels lag ein weiter niedergetretener Raum, wo die Mondkälber gekommen und gegangen waren.
Wir kamen schließlich in ein Licht und in eine Hitze auf diesen Raum hinaus, die uns bedrückten und quälten. Wir gingen mühsam über die kahle Fläche und kletterten zwischen den Strauchstämmen einen Hang hinauf, und setzten uns schließlich atemlos an einer hohen Stelle unter dem Schatten einer wirren Lavamasse nieder. Selbst im Schatten fühlte der Fels sich heiß an.
Die Luft war intensiv heiß, und wir spürten großes physisches Unbehagen, aber trotz alledem waren wir nicht mehr in einem Alb. Wir schienen wieder in unsere Provinz gekommen zu sein, unter die Sterne. All die Angst und die Anstrengung unserer Flucht durch die dunklen Gänge und Spalten war von uns gefallen. Jener letzte Kampf hatte uns, soweit die Seleniten in Frage kamen, mit ungeheurem Selbstvertrauen erfüllt. Wir blickten fast ungläubig auf die schwarze Öffnung zurück, aus der wir eben aufgetaucht waren. Da unten war es, in einem blauen Schein, der uns jetzt in der Erinnerung gleich nach dem absoluten Dunkel zu kommen schien, dort waren wir Wesen begegnet, die wie tolle Hohnbilder auf Menschen waren, helmbehäupteten Geschöpfen, und dort waren wir in Angst vor ihnen einhergegangen und hatten uns ihnen unterworfen, bis wir uns nicht mehr unterwerfen konnten. Und siehe, sie waren wie Wachs zerspritzt, wie Spreu verweht, waren wie die Geschöpfe eines Traumes geflohen und geschwunden!
Ich rieb mir die Augen und zweifelte, ob wir nicht geschlafen hätten und diese Dinge infolge der Pilze, die wir gegessen hatten, geträumt, und plötzlich entdeckte ich das Blut auf meinem Gesicht, und dann, dass mir das Hemd schmerzhaft an Arm und Schulter klebte.
»Zum Henker!«, sagte ich und bemaß meine Schäden mit einer untersuchenden Hand; und plötzlich wurde die ferne Tunnelmündung gleichsam ein beobachtendes Auge.
»Cavor!«, sagte ich, »was werden Sie jetzt tun? Und was wollen wir tun?«
Er schüttelte den Kopf, die Augen auf den Tunnel geheftet. »Wie kann man wissen, was sie tun werden?«
»Es kommt darauf an, was sie von uns denken, und ich sehe nicht, wie wir es anfangen können, das zu erraten. Und es hängt davon ab, was sie in Reserve haben. Es ist, wie Sie sagten, Cavor, wir haben bloß erst die Außenseite dieser Welt berührt. Selbst schon mit diesen Schießapparaten könnten sie uns die Hölle heiß machen …«
»Aber schließlich«, sagte ich, »selbst wenn wir die Sphäre nicht finden, bleibt eine Möglichkeit für uns. Wir könnten durchhalten, selbst bei Nacht. Wir könnten wieder hinuntergehn und die Sache durchkämpfen.«
Ich blickte mit spekulativen Augen um mich. Der Charakter der Szenerie war infolge des ungeheuren Wachstums und nachherigen Vertrocknens der Büsche völlig verändert. Der Kamm, auf dem wir saßen, war hoch und beherrschte eine weite Aussicht auf die Kraterlandschaft, und wir sahen sie jetzt ganz dürr und trocken im späten Herbst des Mondnachmittags. Hintereinander erhoben sich lange Felder niedergestampften Brauns, wo die Mondkälber geweidet hatten, und weithin sonnte sich schläfrig eine Herde von ihnen, zerstreute Gestalten, jede mit einem Schattenfleck neben sich, Schafen gleich auf einem Dünenhang. Aber kein einziges Zeichen von einem Seleniten war zu sehen. Ob sie bei unserem Auftauchen aus den inneren Gängen geflohen waren, oder ob sie gewohnt waren, sich zurückzuziehen, wenn sie die Mondkälber hinausgetrieben hatten, das kann ich nicht sagen. Damals glaubte ich das erstere.
»Wenn wir all dies Zeug anzündeten«, sagte ich, »könnten wir die Sphäre unter der Asche finden.«
Cavor schien mich nicht zu hören. Er blickte unter seiner Hand her nach den Sternen, die immer noch, trotz des intensiven Sonnenscheins, am Himmel sichtbar waren. »Wie lange, meinen Sie, sind wir hier?«, fragte er schließlich.
»Wo?«
»Auf dem Monde.«
»Vielleicht zwei irdische Tage.«
»Näher an zehn. Wissen Sie, die Sonne ist über den Zenith hinaus und sinkt im Westen. In vier Tagen oder noch weniger wird es Nacht sein.«
»Aber – wir haben nur einmal gegessen.«
»Das weiß ich. Und – – Aber da sind die Sterne!«
»Und warum sollte die Zeit anders erscheinen, wenn wir auf einem kleineren Planeten sind?«
»Ich weiß nicht. Es ist so!«
»Wie zählt man die Zeit?«
»Hunger – Ermüdung all das ist anders. Alles ist anders – alles. Mir scheint, seit wir die Sphäre verlassen haben, das ist nur eine Frage von Stunden – langen Stunden – höchstens!«
»Zehn Tage«, sagte ich, »da bleiben – –« Ich blickte einen Moment zur Sonne auf und sah dann, dass sie vom Zenith halbwegs bis an den westlichen Rand der Dinge gesunken war. »Vier Tage! … Cavor, wir dürfen nicht hier sitzen und träumen! Wie meinen Sie, können wir anfangen?«
Ich stand auf. »Wir müssen einen festen Punkt nehmen, den wir wiedererkennen könnten – wir könnten eine Flagge hissen oder ein Taschentuch oder irgend etwas – den Boden vierteilen und daherum arbeiten.«
Er stand neben mir auf.
»Ja«, sagte er, »es bleibt nichts, als die Sphäre zu suchen. Nichts. Wir können sie finden – gewiss, wir können sie finden. Und wenn nicht – –«
»Wir müssen fortwährend ausschauen.«
Er blickte hierhin und dorthin, spähte zum Himmel empor und zum Tunnel hinab und erstaunte mich durch eine