Sammelband 6 Extra Western September 2018. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745205664
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mir nicht. Das sieht nach Gewitter aus. Gewitter hier in den Bergen sind eine schlimme Sache.“

      „Dann besser hier als irgendwo da oben“, meinte Colfax.

      „Ich weiß nicht“, erwiderte der Alte. „Soviel besser ist das gar nicht. Vielleicht sollten wir wirklich sehen, dass wir eine andere Stelle finden. Hier ist Wasser; das gefällt mir nicht. Wasser zieht die Blitze an. Wenigstens müssen wir an eine andere Stelle gehen. Weiter dort hinüber, wo die Sträucher sind.“ '

      Er war von allen der einzige, glaube ich, der richtig begriff, was uns hier drohte. Auch der Captain, der hier schon in dieser Gegend gewesen war, hatte hier sicher noch kein Gewitter erlebt. Denn er sagte:

      „Es wird genügen, wenn wir ein Stück vom Wasser weggehen. Ich glaube nicht, dass wir irgendwo anders sicherer sind als hier. Wir werden Sturmleinen über die Zelte spannen, da kann gar nichts geschehen.“

      Ich war skeptisch. Ich kannte das Hochgebirge., Nicht nur die Windböen waren gefährlich; das Schlimmste für uns bedeuteten die Blitze. Andererseits sagte ich mir, dass John Colfax recht hatte, wenn er meinte, wir wären woanders auch nicht sicherer als hier. Sollten wir also ruhig hierbleiben.

      Ohne ein Wort zu verlieren und sich um die Diskussion zu kümmern, die jetzt entbrannte, lief der Alte los und holte seine Maultiere. Eines davon drückte er Joshua in die Hand und sagte: „Darauf legst du deinen Packen.“ Dann lud er seine eigene Packlast auf, nahm sein Maultier am Zügel und marschierte los.

      „Wo willst du hin?“, rief ich ihm zu.

      „Ich hab’ es euch doch gesagt. Weg vom Wasser.“

      Joshua folgte Weber, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt, dasselbe zu tun wie Weber.

      Abe Winnigall kratzte sich im Nacken, sah erst mich an, blickte dann auf Weber und Joshua, schnappte sich dann ebenfalls seinen Packen und tat es dem Goldsucher nach.

      In dieser Frage schieden sich bei uns die Geister. Der Captain hatte John Colfax und Bill Belknap auf seiner Seite. Jesse kam zu mir und sagte: „Ich mach’ es so wie du. Würdest du mir vielleicht mal verraten, was du machst?“

      „Mir gefällt keines von beiden“, erwiderte ich. „Der Alte ist da hinten nicht sicher, und hier am Wasser taugt der Platz auch nichts bei einem Gewitter. Ich glaube, wir haben noch Zeit.“

      „Willst du etwa weiterziehen?“.

      Ich schüttelte den Kopf. „Das nicht, aber ich denke immer, wir müssten eine günstigere Stelle finden. Ich hab’ ein unheimliches Gefühl.“

      Er nickte. „Das ist es ja; ich auch. Aber weißt du was? Dann wenigstens dort, wo der Alte ist.“

      Wir wussten nichts Besseres und entschlossen uns schließlich, ebenfalls hinüber zu Weber zu gehen. Als wir hinkamen, waren die drei gerade dabei, die Maultiere wieder abzusatteln, die Packlasten hinzustellen und den Maultieren die Halfter abzunehmen. Sie ließen die Tiere einfach laufen. Und im Grunde bestand wirklich keine Gefahr, dass die Tiere das Tal verlassen würden.

      „Was wird aus den Zelten?“, fragte ich.

      Weber machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die müssen wir abbauen. Das heißt, unseres. Ich nehme an, der Captain will seins stehen lassen.“

      Tatsächlich ließ Captain Rick Bentley das zweite Zelt stehen. Er und Colfax und Belknap bildeten sich offensichtlich ein, dass ihnen da keine Gefahr drohte.

      Wir waren keine Kinder, und allesamt hatten wir unsere Erfahrungen in der Wildnis. Es war in meinen Augen sinnlos, einen Mann wie den Captain oder John oder Bill überreden zu wollen. Wenn sie meinten, es so machen zu müssen, dann sollten sie es so tun. Wir bauten das größere Zelt ab, rollten es zusammen, denn noch war alles trocken.

      Als wir fertig waren, sagte Weber:

      „Wir haben noch Zeit. Es wäre gut, wenn wir uns das Fleisch von den toten Maultieren sichern. Es ist gutes Fleisch.“

      Ich nickte, und wir machten uns daran, die Tiere auszuweiden.

      Der Captain, John und Bill halfen uns dabei. Es würde keinen Streit wegen unserer verschiedenen Auffassungen geben. Und doch hatte diese Frage zwei wirkliche Gruppen gebildet.

      Als wir mit dem Fleisch fertig waren und jeder seinen Teil zu seinem Packen schleppte, rief mir der Captain nach: „Am Ende zieht das Gewitter vorbei. Und wir haben uns allesamt deshalb in die Hosen gemacht.“

      Ich zuckte nur die Schultern.

      *

      WIR WARTETEN. WIR HÖRTEN es in der Ferne donnern; wir sahen so etwas wie Wetterleuchten. Der Himmel zog sich immer mehr zusammen, die Schwüle nahm zu, aber es fiel kein Tropfen Regen.

      Dann, nach zwei Stunden, schien es wieder heller zu werden. Mir fielen allerdings die gelben Ränder der dunkelsten Wolken auf. So etwas bedeutete nach meiner Erfahrung Hagel. Ich warf nur einen Blick auf den Alten und sah ihm an, dass ihm das auch nicht gefiel. Als ich Abe anblickte, machte der ein grimmiges Gesicht. Ich wusste, was das bei ihm bedeutete. Er war höchst unzufrieden. Jesse hatte sich zusammengerollt, als ginge ihn das alles nichts an, und schlief.

      Aber das Rumoren des Donners wurde leiser. Das Gewitter schien tatsächlich abzuziehen. Jedenfalls dachte das der Captain. Er kam zu uns herüber, und der böige Wind, der aufgekommen war, schlenkerte seinen leeren linken Ärmel wie ein Uhrpendel hin und her.

      Der Captain blieb breitbeinig vor uns stehen, hakte den Daumen in seine Jacke und sagte: „Wenn ihr mich fragt, will ich keine Wurzeln schlagen und auch keine Familie gründen. Sehen wir zu, dass wir weiterkommen.“

      Weber schüttelte den Kopf. Er deu :ete nach oben. „Das sieht nicht gut aus.“

      „Es wird heller“, meinte der Captain. „Seht ihr das nicht?“

      „Es ist eine grelle Helligkeit“, erwiderte Weber. „Es ist nicht abgezogen. Es wird schlimm, sehr schlimm. Ich spüre es in allen Knochen.“

      Der Captain lachte. „Meine Güte, Otto. Ihr seht wirklich alle Gespenster. Was soll denn sein? Gleich scheint die Sonne! Es ist richtig hell geworden!“

      „Und der Wind?“, fragte Weber. „Dieser eigenartige Wind! Merkst du nicht, dass er kalt ist?“

      „Angenehm frisch ist er. Irgendwo ist ein Gewitter niedergegangen, das kann stimmen. Aber hier kommt nichts mehr her.“

      „Ich bleibe hier“, erklärte Weber beharrlich. Und er sah sich nicht nach uns um, als brauchte er unsere Zustimmung.

      Joshua musste ich nicht erst ansehen, um zu wissen, dass er genau das tun würde, was Weber tat. Aber wie sah es mit Abe aus? Und mit Jesse?

      Abe dachte nach, dann nickte er und sagte: „Ich bin auch der Meinung, dass es besser ist, hierzubleiben. Der Wind gefällt mir nicht. Und da eben diese gelben Ränder. Das sieht wie Hagel aus oder wie ein Sturm.“

      „Ihr seht wirklich Gespenster!“, erwiderte ihm der Captain und wandte sich um. „Wir ziehen weiter. Verdammt noch mal, wir verlieren einen Haufen Zeit. Ich werde die Karte, die du hast, abzeichnen“, wandte er sich dann Abe zu. „Wenn wir getrennt marschieren, muss ich auch eine Karte haben.“

      „Das ist doch Unsinn“, sagte ich. „Bleibt doch hier! Otto hat recht.

      Das Wetter sieht nicht gut aus. Ich hab’ auch ein Gefühl, als wenn das Schlimmste noch kommt.“

      „Was für ein Schlimmstes denn? Bis jetzt war überhaupt noch nichts“, entgegnete der Captain. Er lachte zornig auf. „Menschenskind, wir haben schon soviel Zeit verloren. Wollt ihr noch mehr Zeit vertrödeln?“

      „Ich glaube“, sagte Weber nachdenklich, „dass wir die meiste Zeit dann gewinnen, wenn wir jetzt abwarten. Aber wir verlieren einen