Sammelband 6 Extra Western September 2018. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745205664
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das Wildbret selbst zu begießen. Und obgleich keiner von uns nur einen Tropfen Alkohol getrunken hatte, brandete die Stimmung hoch. Wir sangen, und Jesse spielte dazu mit seiner Mundharmonika. Dann begann Abe Winnigall zu tanzen. Wir anderen standen im Kreis herum und klatschten den Takt mit den Händen. Indessen drang der Duft des Bratens immer deutlicher in unsere Nasen und ließ uns das Wasser im Mund zusammenlaufen.

      Unsere Tiere grasten und hatten seit Tagen wieder Frischfutter. Das Gras hier oben war ziemlich dünn, aber doch saftig genug, und es stand reichlich zur Verfügung, so dass die Maultiere und die vier Pferde sich nähren konnten. Allerdings mieden sie jene Stellen, wo die Dickhornschafe gefressen hatten. Aber.es war genug da, und unsere Tiere konnten sich das Futter im ganzen Bergkessel suchen. Weglaufen würde gewiss keines der Tiere.

      Allerdings mussten wir aufpassen. Die Pumaspuren waren eine eindringliche Warnung, und unsere Maultiere würden, wenn wir nicht über sie wachten, eine Beute der Pumas werden.

      Als es dunkelte, loderten die beiden Feuer so hoch, dass der Lichtschein an den Felswänden widerspiegelte. Der ganze Talkessel war von einem rötlichen Schimmer erfüllt.

      Die Braten waren längst gar, und Joshua hatte das Fleisch verteilt, soweit wir es gleich essen wollten. Das übrige wurde in Portionen zerlegt, mit feinem Salz außen bestreut und in erhitzte Leinensäcke gepackt. So konnte sich das Fleisch lange halten.

      Noch einmal schlug die Stimmung hohe Wellen. Wir sangen nach dem Essen, und schließlich debattierten wir wieder über das Gold. Stundenlang wurde von nichts anderem geredet. Jeder ließ seinen Träumen freien Lauf. Mir fiel allerdings auf, dass der alte Weber und ich diejenigen waren, die am wenigsten über Gold sprachen. Vielleicht war es das, was uns anzog. Wir saßen noch eine Weile beieinander und erzählten uns, aber was wir redeten, hatte mit Gold nichts zu tun.

      Schließlich teilte der Captain die Wachen ein, und ich bekam die letzte vor dem Morgen. Da wollte ich keine Zeit mehr versäumen und legte mich bald schlafen. Obgleich die anderen noch lachten, sangen und laut redeten, schlief ich schnell ein.

      Aber es sollte kein sehr langer Schlaf werden.

      *

      ICH HATTE DAS GEFÜHL, gerade eine halbe Stunde geschlafen zu haben, als mich ein Schuss weckte. Dass es ein Schuss war, begriff ich nicht sofort. Aber ich schreckte hoch, und da knallte es schon wieder. Ich sah etwas weiter entfernt aufblitzen und hörte dann Jesse Richmond brüllen: „Pumas! Jungs, Pumas! Kommt, helft mir!“

      Die beiden Feuer waren bis zur Glut heruntergebrannt, aber da hatte schon Abe Winnigall eine der Fackeln heraus, hielt sie in die Glut und schon brannte sie an.

      Als ich aufsprang, sah ich, wie Otto Weber mit seiner großkalibrigen Sharps-Büffelbüchse losrannte.

      Ich lief ihm mit meiner Winchester hinterher. Aber ich sah noch nichts Richtiges. Der Fackelschein hatte mich geblendet, und ringsum war es stockdunkel, wie es mir vorkam.

      Aber bald konnte ich die Umrisse der Gegenstände besser erkennen.

      Ein paar von unseren Maultieren liefen an mir vorbei, rannten auf das Feuer zu, als wüssten sie, dass dort Schutz zu finden war.

      „Weiter drüben sind noch die Pferde!“, rief mir Weber zu. „Wir müssen versuchen, sie zurückzutreiben.“

      Wir liefen auf die Felswände zu.

      Plötzlich krachte wieder ein Schuss! Und unmittelbar danach sah ich einen Schatten tief über dem Boden dahinhuschen: ein Puma!

      Ich riss mein Gewehr hoch und schoss. Gleichzeitig hatte Weber geschossen. Seine Sharps donnerte wie eine Kanone. Und der Puma überschlug sich plötzlich, stieß ein eigenartiges Geräusch aus und blieb dann liegen.

      „Ich glaube, wir haben ihn beide getroffen“, rief Weber keuchend, als er zu dem erlegten Puma hastete.

      Plötzlich sah ich rechts von mir eine Bewegung, und ich hörte Jesse brüllen: „Es sind zwei! Es sind zwei!“

      Ein zweiter Puma! Er sprang, flog durch die Luft auf Weber zu.

      Ich hatte das Gewehr schon an der Hüfte, feuerte auf den fliegenden Schatten, hebelte durch ... aber es gab keinen zweiten Schuss, denn jetzt landete der Puma direkt auf Webers Rücken.

      Der alte Goldsucher stolperte nach vorn, stürzte, und ich jagte auf den Puma zu, holte mit dem Gewehrkolben aus, um zuzuschlagen, aber da rollte der Puma schon zur Seite, und Weber, der hingefallen war, richtete sich auf.

      Der Puma, zuckte noch, und ich wollte ein zweites Mal auf ihn schießen, doch Weber sagte:

      „Es ist gut. Du hast ihn verdammt gut getroffen. Danke.“

      „Bist du verletzt?“, fragte ich.

      „Oh nein, mein Junge. Er hat mich nur umgerissen. Da habe ich immer gedacht, ich stünde fest auf meinen Beinen. Ein schwerer Bursche.“

      Jetzt kamen sie von allen Seiten, auch Abe mit der Fackel. Da sahen wir sie liegen.

      Jesse tauchte auf. „Habt ihr sie erwischt? Da drüben sind noch zwei. Denen habe ich ein paar vor den Latz geknallt. Aber, zum Teufel, sie haben zwei von unseren Maultieren erwischt. Wir müssen danach sehen Die Tiere sind weggelaufen. Aber ich wette, sie sind schwer verletzt.“

      Das eine fanden wir wenig später. Ihm war von einem Puma der Bauch aufgerissen worden. Die Gedärme hingen heraus. Aber das Tier stand noch; stand mit hängendem Kopf, die Ohren zur Seite. Ein entsetzlicher Anblick. Ich ging hin, nahm meinen Revolver und gab dem Tier den Gnadenschuss. Damit war es von seinen Qualen erlöst.

      „Es ist mein Tier“, sagte Joshua. „Jetzt hab’ ich nur noch eins.“

      Er irrte sich. Er hatte keins mehr. Denn das andere fanden wir wenig später. Es hatte sich noch bis zum Wasser geschleppt und war dort zusammengebrochen und vielleicht sogar im Wasser ertrunken, weil ihm die Kraft gefehlt zu haben schien, sich weiter zum Ufer zu schleppen.

      Wir zerrten das Tier heraus. Trotzdem meinte ich im Schein der Fackel gesehen zu haben, dass sich das Wasser an dieser Stelle schon rot gefärbt hatte.

      Später stellte sich heraus, dass Weber doch etwas von dem Angriff des Pumas zurückbehalten hatte. Seine Jacke war hinten aufgefetzt und auf seinem Rücken zog sich eine blutige Spur von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte. Joshua verarztete den alten Goldsucher.

      *

      VON DA AN DACHTE NIEMAND mehr an Schlaf. Es war übrigens zwei Uhr morgens, und nicht, wie ich gedacht hatte, kurz nach dem Einschlafen gewesen, denn es war auf Jesses Wache geschehen.

      Die Maultiere und die Pferde waren so aufgeregt, dass wir noch eine Weile brauchten, sie zu beruhigen.

      Als es dann hell wurde, häutete Bill Belknap die vier Pumas ab. Jener, der Weber angesprungen hatte, war ein Männchen. Die anderen waren Weibchen.

      Keinem von uns war aufgefallen, dass sich der Himmel zugezogen hatte. Wir bemerkten es erst, als es hell zu werden begann. Von der Sonne war nichts zu sehen. Die Gipfel der Berge waren von Wolken umhüllt. Dabei herrschte eine eigenartige Schwüle. Es war eigentlich so wie vor einem Gewitter.

      Wenn es Gewitter gibt, dachte ich, sollten wir uns einen besseren Platz suchen, einen, wo wir geschützt sind. Etwa unter überhängenden Felsen oder dergleichen. Ich wandte mich daher an den Captain.

      „Als ihr da oben wart“, fragte ich ihn, „und die zwei Dickhornschafe erlegt habt, gab es da irgend etwas, wo wir uns unterstellen könnten?“

      Offenbar hatte er auch schon daran gedacht, aber er schüttelte den Kopf. „Da ist nichts. Im Gegenteil. Dort besteht noch die Gefahr, dass wir eine Menge Zeug auf den Kopf bekommen; oder ist dir etwas auf gefallen?“, wandte er sich an Jesse.