Sammelband 6 Extra Western September 2018. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745205664
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und ich halfen ihm, und als Dank vermachte er uns die Karte, als ihm klar geworden war, dass er sie nie mehr verwenden konnte.

      Zwei Nuggets hatten die Mörder bei ihm nicht gefunden. Auch die schenkte er uns. Und wir hatten sie bitter nötig bei der Anschaffung des Materials, was zu dieser Expedition in die Berge nötig war.

      Auch einen Rat hatte er uns noch auf den Weg mitgegeben. Den Rat nämlich, nicht mit einer primitiven Ausrüstung ins Hochgebirge zu ziehen und nicht mit zu wenig Männern. Er war nur mit einem. Freund oben gewesen. Der Freund hatte die Berge nie mehr verlassen. Es müsste, so hatte uns der sterbende Goldsucher geraten, eine regelrechte Expedition sein. Viele tüchtige Männer, denn nur dann bestünde eine Chance, größere Mengen Gold zu Tal zu bringen.

      Nun waren wir unterwegs. Allen voran Captain Bentley, der jetzt zwar Zivil trug, aber immer noch aussah wie ein Offizier, der vor seiner Truppe reitet. Ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, sehnig und mittelgroß.

      Hinter ihm ritt Abe Winnigall, den ich schon lange kenne. Er war einer der berühmtesten Treibherdenführer, die texanische Herden nach Kansas getrieben hatten. Aber dann, vor einem Jahr, hatte Abe furchtbares Pech. Als er das ganz große Geschäft machen wollte und mit einer Herde auf eigene Rechnung von Texas bis hinauf nach Wyoming zog, geriet er in ein Unwetter. Infolge einer Stampede verlor er mehr als die halbe Herde. Der wenig später erfolgende Angriff von hungernden Sioux-Indianern kostete ihn ein Drittel der Mannschaft und den Rest der Herde.

      Abe Winnigall gab aber nicht auf. Der dickköpfige Texaner verfolgte die Sioux-Indianer und nahm ihnen einen großen Teil des Viehs wieder ab. Aber die Tiere waren bei dieser Hetzerei vom Fleisch gekommen. Als er sie endlich in Atlantic City verkaufen wollte, reichte der Erlös dafür, seine Männer auszuzahlen. Was noch blieb, war weit weniger, als er seinerzeit in Texas für den Ankauf des Viehs ausgegeben hatte.

      In Atlantic City traf ich dann auch Jesse Richmond, einen quirligen, drahtigen Burschen, der ebenfalls früher einmal mit mir zusammen auf dem Treibherden-Trail geritten war. Jesse hatte in einem Pokerspiel eine ganze Menge gewonnen, und damit besaß auch er das Startkapital für unsere Expedition.

      Durch den Captain kamen Otto Weber und Joshua Todd zu uns. Otto Weber hatte schon einmal das ganz große Geld als Goldsucher in Colorado gemacht. Das war vor fünf Jahren gewesen. Vor einem halben Jahr hatte er, bis auf einen kleinen Teil, alles seiner Frau und den Kindern vermacht und sich dann scheiden lassen. Otto Weber war derjenige von uns, der etwas von Gold verstand. Ein Experte sozusagen; und dem man schon vor fünf Jahren nachgesagt hatte, dass er die berühmte goldene Nase besäße, dass er sozusagen Gold wittern würde, wenn es irgendo welches gab.

      Weber war ein muskulöser, breitschultriger Mann. Er hatte etwa die Figur von Abe Winnigall; war nur nicht so groß wie er. Und, wie mir schien, war er wenigstens sechzig. Er war der Älteste von uns, und dennoch ein harter Bursche. Er wurde von Joshua Todd begleitet, einem Schwarzen. Wie er an Joshua gekommen war, wussten nur diese beiden. Aber der Mann hing in abgöttischer Treue an Weber. Und einmal war die Rede davon, dass Weber ihm das Leben gerettet habe. Aber wie und wo wusste von uns keiner.

      Ein Mann war durch Abe Winnigall zu uns gekommen, weil er ihn von früher kannte und er einmal für ihn geritten war. Auch mir war John Colfax bekannt. Es war nach dem Krieg gewesen. Er hatte, wie ich auch, damals den ersten Trail mit nach Wichita gemacht.

      Inzwischen waren allerdings einige Jahre vergangen. John musste jetzt schon über vierzig sein. Ein stämmiger, untersetzter knochenharter Bursche, ein Dickkopf vor allen Dingen, der nicht so leicht aufgab.

      Und mit Jesse war William Belknap gekommen. Hager, strohblond, mit leuchtend blauen Augen, zwei eingeschlagenen Vorderzähnen und den Händen voller Lassonarben war er der Cowboy schlechthin. Ich glaubte damals nicht, dass Bill, wie wir ihn nannten, je etwas anderes getan hatte, als mit Rindern umzugehen. Aber jetzt lockte ihn, wie uns alle, das Gold.

      Abe und ich hatten von Anfang an darauf geachtet, dass jeder, der mit uns kam, hart genug sein würde, um das, was vor uns lag, auch durchstehen zu können. Wir hatten, so meinten wir, eine gute Auswahl getroffen. Und doch sollte sich heraussteilen, dass viele von uns nicht annähernd so hart waren, wie sie sein mussten, um diese Hölle zu überleben, in die wir hineingeraten würden.

      *

      SO ABGEBRÜHT WIR WAREN, am Abend des ersten Tages hatten wir noch den Kopf voller Flausen. Wir machten Scherze, redeten vom Gold, das wir finden wollten, und ein paar von uns erzählten ganz offen ihre Träume, was sie mit dem Reichtum dann anfangen würden. Jeder hatte da so andere Ideen. Ich ertappte mich ja selbst dabei.

      Verrückte, die wir waren!

      Es war noch immer heiß. Die Sonne hatte die Felswände erhitzt wie die Steine eines Backofens. Noch als sie längst hinter den Wipfeln der Wind River Mountains versunken war, strahlten die Steinmassen die Wärme aus.

      Wir hatten uns ein Feuer entfacht und lagerten im Schutze einer etwas überhängenden Felswand. Es war ein fantastischer Lagerplatz. Ein kleiner, aber frisch sprudelnder Creek schoss vom Felsen herunter an unserem Lagerplatz vorbei. Wir hatten das Wasser aus erster Hand; quellfrisch und klar.

      Aber wir hatten bis jetzt noch kein Wild entdeckt. Es schien, als gäbe es hier keine erlegbaren Tiere. Nur Eidechsen und Insekten; davon wimmelte es. Aber zum Glück hatten wir auch noch keine Schlangen entdeckt.

      Ich hatte die sogenannte Friedhofswache, das ist die Wache von Mitternacht bis zwei Uhr morgens. Als mich Abe weckte, hörte ich unten aus dem Tal das Geheul von Kojoten. Doch sonst war alles still. Hier oben regte sich nichts. Sogar der ständig fächelnde Wind hatte sich um diese Nachtstunde total gelegt.

      Ahnungsvoll, sah ich hinauf zu den Gipfeln dieser Felsgiganten. Ich kannte nur von zweien den Namen. Den einen, den höchsten, nannten sie Union Peack. Er war über viertausend Meter hoch. Ein Stück weiter ragte eine andere Spitze empor, und das sollte, so hatte mir Weber gesagt, der Fremont Peak sein. Auch so ein Gigant von über viertausend Metern.

      Es war Mondschein. Das volle Licht des Erdtrabanten ließ den Schnee von oben auf den Bergen bläulich erscheinen; darunter waren die Felsen violett bis schwarz.

      Als ich so da hinaufblickte, hatte ich zum ersten mal das Gefühl, dass nicht alles so glatt gehen würde, wie es von uns vorausberechnet war. Natürlich hatten wir Schwierigkeiten einkalkuliert. Von Weber, der sich hier oben recht gut auskannte, wussten wir eine Menge über die Berge. Vor allen Dingen der Captain hatte viele Erfahrungen, was das Gebirge anging. Er war vor drei Jahren noch hier oben gewesen, bevor sie ihn nach Arizona gegen die Apachen geschickt hatten. Und hier in den Bergen, das hatte er uns gesagt, konnte man schon einige Überraschungen erwarten. Und beiläufig hatte er einmal von einem Schneesturm im Juni erzählt.

      Jetzt war Juli! Ich konnte mir keinen Schneesturm dort oben vorstellen. Der Schnee da oben glänzte am Tag, wenn die Sonne draufschien. Auch jetzt tat er es im Mondlicht. Das war der Beweis, dass die oberste Schicht angetaut war und nachts wieder gefror.

      Ich war noch nie im Leben auf so einem Felsgiganten gewesen; nicht in dieser Höhe. Aber der Captain hatte uns erzählt, dass die Luft da oben ziemlich dünn war und alle Anstrengung doppelt auf den Körper einwirkte. Deshalb hatten wir nicht zuviel Gepäck mitgenommen. Vor allen Dingen Proviant.

      Was mich etwas beunruhigte, war noch immer der Mangel an Wild. Wir hatten heute, statt frisch Erlegtes zu verzehren, von unserem mitgenommenen Proviant nehmen müssen. Er musste lange reichen. Wer wusste, ob es da oben etwas gab. Zwar hatte der Captain behauptet, da oben sei es besser als hier unten, aber ich hegte da, ehrlich gestanden, erhebliche Zweifel.

      In dieser ersten Nacht geschah nichts. Auch der nächste Tag ging gut vorüber. Wir bemühten uns, unsere Kräfte einzuteilen und ließen den Tieren Zeit. Und als es steiler wurde, saßen wir ab und führten Pferde und Maultiere bergauf. Der Captain hatte jetzt die Führung übernommen. Er nahm sich Zeit, aber wir kletterten stetig weiter.

      An diesem zweiten Tag machte sich schon bemerkbar, wer