Vier Bergromane Sammelband: Hochmut kommt vor dem Fall und andere Romane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Эротическая литература
Год издания: 0
isbn: 9783745203677
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durch!", wies der Jäger seinen Bruder an. Ihre Blicke begegneten sich und Max sah in Tonis Augen nichts als blanke Verzweiflung. "Net aufgeben, Toni!", versuchte er ihn zu ermutigen.

      Was sollte der Krainacher-Max tun?

      Er hatte kein Kletterseil dabei, das er zu dem Bruder hätte hinablassen können. Und außerdem rann ihm die Zeit davon.

      So nahm er kurzentschlossen den ledernen Gürtel ab, den er um seine grüne Jacke trug und ließ das eine Ende hinab zu seinem Bruder gleiten.

      "Hier Toni! Ich ziehe dich hinauf!", rief er. Aber der Toni zögerte. Erst als der Strauch, an dem er hing, erneut nachzugeben begann, wagte er es und klammerte sich an den Gürtel.

      Max musste sich gut festhalten, nicht zusammen mit seinem Bruder in die Tiefe gerissen zu werden. Stück um Stück ging es vorwärts, bis der Toni endlich auf dem Steig war. Er atmete erleichtert auf und auch Max war froh, als es endlich geschafft war.

      Ein paar kleinere Steinbrocken rieselten noch in die Tiefe.

      Erst nach einigen Augenblicken konnte man sie unten aufschlagen hören.

      "Mei, das war knapp", stellte der Toni fest "Net einen Augenblick später hättest kommen dürfen, Bruder! Sonst läg' ich jetzt da unten!"

      "Schon gut", murmelte der junge Jäger, dem ein einziger Gedanke nicht aus dem Kopf ging: Was hatte sein Bruder hier oben zu suchen? War er etwa wieder unerlaubterweise auf die Pirsch gegangen?

      Ein Gewehr oder anderes Jagdzeug hatte der Toni nicht dabei. Aber das musste nichts heißen. Entweder es war ihm in die Tiefe gefallen, als er auf dem Steig abgerutscht war, oder aber er hatte seine Sachen ohnehin hier oben, in einer sicheren Felsspalte versteckt!

      Toni setzte sich indessen auf, ächzte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      "Es ist net zu fassen!", war die Stimme des Jägers zu hören.

      "Ich hab' dich eindringlich gewarnt! Ich hab' dir das Messer gezeigt, dass ich auf der Lichtung gefunden hatte - aber das alles konnte dich net abhalten, doch wieder loszuziehen..." Max schüttelte fassungslos den Kopf. "Ich versteh dich net, Bruder!"

      "Max!", rief der Toni und hob hilflos die Arme.

      Aber der Bruder wollte ihm kein Gehör schenken. Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

      "Zapperment! Spar dir deine dummen Ausflüchte! An die glaubst doch selbst net mehr wirklich!", schimpfte Max. "Ich habe gehofft, dass es net wahr ist. Aber nun scheint es ja wohl klar auf der Hand zu liegen! Es tut mir weh, das sagen zu müssen, Toni: Du bist ein Wildschütz! Aber glaub ja net, dass du jetzt glimpflicher davonkommst, als jeder andere, den ich hier oben hätte erwischen können, hörst du? Ein Verfahren werd' ich dir net ersparen können!"

      "Nein!", rief der Toni. "Du irrst dich!"

      "Das glaub' ich net! Aus welchem Grund solltest du wohl sonst hier oben sein!"

      "Jedenfalls net, um zu wildern! Oder siehst du vielleicht ein Gewehr in der Nähe! Ich hab' keine Flinte dabei! Und auch sonst nix, was man zur Jagd so braucht!"

      Max deutete in die Tiefe.

      "Vielleicht finden wir deine Sachen dort unten", murmelte er düster.

      "Das ist net wahr! Du kannst gerne nachschauen!"

      "Dann hast die Sachen hier irgendwo versteckt! Hier oben gibt's ja mehr als genug Orte, an denen man so etwas sicher ablegen kann!"

      Toni machte ein verzweifeltes Gesicht. Alles sprach gegen ihn und es schien keine Möglichkeit zu geben, den Bruder zu überzeugen.

      "Du irrst dich, Max!"

      "Und das Messer?"

      "Ich hab's verloren!", behauptete der Toni. "Am selben Tag, an dem ich es kaufte! Das ist die reine Wahrheit, bei allem was mir heilig ist!"

      Max machte eine verächtliche Geste.

      "Was ist dir denn noch heilig, Bruder!" Er seufzte. "Es gab mal eine Zeit, da haben wir zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Nix und niemand konnt' uns auseinanderbringen. Weißt noch, wie wir oben auf Bergtour waren?"

      "Freilich!", bestätigte der Toni.

      "Aber das ist lang her...", murmelte Max traurig. "Ich weiß auch net, welcher Dämon zwischen uns gefahren ist..."

      Toni versuchte sich zu erheben, stöhnte dann aber plötzlich auf.

      Und da sah Max auf das Bein seines Bruders.

      "Das sieht net gut aus!", meinte der Jäger. "Hast dir ganz schön was abgeschürft!"

      "Ich fürchte, es ist doch mehr, so wie das wehtut!", gab der Toni zurück.

      Toni versuchte, sich hinzustellen, brach aber gleich wieder ein.

      "Sei vorsichtig, Toni!", forderte Max. "Sonst landest du doch noch da unten in der Tiefe!"

      "Um einen Wilderer wär's doch net schad - oder irre ich mich?", knirschte der Toni zwischen den Lippen hervor. Er schien Schmerzen zu haben.

      Max sah seinen Bruder seinen Bruder entsetzt an.

      "Schmarrn!", entfuhr es ihm dann. "Wie kannst so etwas nur denken!"

      Dann kümmerte sich der Jäger um das Bein, um es zu untersuchen. Der Toni schrie laut auf. "Willst mich umbringen?", rief er. "Ich wusst net, dass die Strafen für Wilderei so hart sind!", Er streckte den Arm aus. "Komm, Max, hilf mir auf!"

      Aber der Jäger schüttelte den Kopf.

      "Na", meinte er ernst. "Das Bein ist gebrochen!"

      "Soll das ein Witz sein?"

      "Ich bin kein Arzt, aber ein bisserl versteh' ich schon davon!"

      Max erhob sich.

      "Was hast du vor?", fragte der Toni da.

      "Das Bein muss geschient werden. Aber hier oben ist nix vorhanden, was sich dazu eignet. Ich werde also ein Stück hinabsteigen. Ich Hochwald gibt's genug Holz. Und außerdem muss ich meine Jagdtasche holen, die ich zurückgelassen hab, denn da ist auch Verbandszeug drin! Rühr dich net vom Fleck, hast gehört?"

      Über Tonis Gesicht ging ein mattes Lächeln.

      "Mei, wie denn! Da brauchst wirklich keine Sorge zu haben!"

      Die beiden Männer blickten sich einen Augenblick an.

      Vielleicht war der erste Schritt zwischen ihnen schon getan.

      Der Toni deutete indessen zum Himmel, an dem die Wolken sich zu immer bedrohlicheren Haufen aufgetürmt hatten.

      Richtig düster war es geworden.

      "Das Wetter macht mir zur Zeit am meisten Sorgen", meinte der Jungbauer und deutete mit dem Finger nach droben.

      Max blickte ebenfalls kurz hinauf und nickte.

      "Ein schönes Unwetter könnt das werden. Da braut sich ganz schön was zusammen... Ich hoffe nur, dass wir net mehr hier oben sind, wenn es losgeht!"

      "Mei, das kannst du laut sagen", murmelte der Toni. Und auf einmal schien es so, als wäre wieder etwas von der alten Verbundenheit da, die die beiden Krainacher-Buben von früher her so innig miteinander verbunden hatte.

      "Ich werde mich beeilen!", versprach Max und wandte sich dann zum Gehen.