"Ich habe es nie bei dir gesehen, Bub!", stellte der Vater indessen fest.
"Kein Wunder! Noch am selben Tag, an dem ich es beim Annerl gekauft hab, hab ich es auch verloren."
"Droben beim Hochwald?", fragte der Vater.
Aber Toni schüttelte energisch den Kopf. "Ich weiß net wo. Aber da droben bin ich schon lange net mehr gewesen. Da kann es gar net sein!"
"Du hättest das deinem Bruder sagen können."
"Hätte er mir geglaubt? Eine Ausrede hätte er's genannt!"
Toni machte eine wegwerfende Geste. "Es ist wie verhext zwischen uns!"
"Das glaub' ich auch schon fast", nickte der Krainacher-Bauer. "Aber ich will, dass das aufhört. Auf meinem Hof ist kein Platz für euren unseligen Händel!"
Der Toni sagte nichts dazu.
Und der Krainacher-Bauer wusste nur zu gut, dass man Frieden zwar predigen aber nicht befehlen kann.
12
"Wo ist denn die Marianne?", fragte der der Bernmayer-Bauer einen Tag später an seine Frau gewandt, als er mit dem Sepp zur Tür herein kam.
"Mei, sie hat sich droben in ihrer Kammer verkrochen. Schon den ganzen Tag ist mit ihr kein Auskommen. Ich weiß auch net, was sie hat, Loisl." Die Bäuerin zuckte mit den Schultern und setzte dann hinzu: "Vielleicht kannst du ihr ja mal gut zureden, dass sie wieder zu Verstand kommt!"
Der Bauer seufzte.
"Aber irgendeinen Grund wird es doch haben!", meinte er.
"Hat sie vielleicht Kummer?"
"Ja, gewiss! Aber mir hat sie net gesagt welchen!", gab seine Frau zurück. "Wie ist es, Loisl? Willst jetzt deine Brotzeit nehmen?"
Aber der Bernmayer schüttelte den Kopf.
"Gib du ruhig dem Sepp schonmal etwas auf. Ich geh erst noch zur Marianne hinauf. Das Madel kann sich doch net den ganzen Tag verkriechen und Trübsal blasen!"
Die Bäuerin war damit voll und ganz einverstanden und bestärkte ihren Mann auch noch.
"Tu das nur, Loisl. Auf dich hört das Madel seit je her schon mehr, als auf mich!"
Loisl Bernmayer lächelte mild und sagte dann: "Weil ihr zwei denselben Dickkopf habt, wenn's etwas durchzusetzen gilt, net wahr?"
Dann ging er die Stufen hinauf, um zu Mariannes Kammer zu gelangen.
Er klopfte an der Tür und als niemand antwortete, öffnete er sie vorsichtig und trat ein.
Die Marianne lag auf ihrem Bett und setzte sich nun auf.
Ihre Augen waren rot. Sie hatte offenbar geweint.
"Madel, was machst für Geschichten!", meinte der Bernmayer-Loisl besorgt.
"Ach, Vater!", begann sie. "Es ist so schrecklich... Der Max..." Sie brach ab und fing an zu schluchzen.
Ihr Vater nahm sie in den Arm und fragte: "Was ist mit dem Max? Ich dacht', ihr zwei seid euch einig."
"Nix mehr wissen will er von mir!"
Und dann erzählte sie schluchzend, was sich zugetragen hatte.
"Aber wenn es doch nur ein Missverständnis ist, wird es sich doch aufklären lassen", erklärte der Bernmayer-Bauer ruhig und mit viel Zuversicht in der Stimme.
"Ich hab's schon versucht", erwiderte die Marianne. "Aber der Max war net zu Hause. Vielleicht ließ er sich aber auch nur verleugnen, denn eigentlich hätte er von seinem Dienst zurück sein müssen."
"Vielleicht war er noch im Dorf oder..."
Sie sah ihren Vater erstaunt an.
"Ich weiß gar net, warum du versuchst, ihn zu entschuldigen, Vater! Dir und der Mutter kann es doch nur recht sein, wenn das mit uns Zweien nix wird!"
"Aber, nein, Madel, so ist das net! Gut, ich geb' zu, dass ich es dir gewünscht hätte, dereinst Bäuerin auf dem größten Hof der Umgebung zu sein... Aber wenn du den Toni doch net liebst, kann ich dir doch net in dein Leben pfuschen, oder? Außerdem ist es doch das Wichtigste, dass man glücklich wird. Wichtiger noch, als ein großer Hof!"
"Recht hast, Vater!", nickte die Tochter erleichtert. "Ich hab dem Toni doch klar gesagt, was ich von ihm denk und das er bei mir nix zu melden hat! Wenn er nur seinem Bruder die Wahrheit sagen könnt'! Dann wäre schon viel gewonnen! Aber die zwei Krainacher sind wie Hund und Katze! Droben beim Heustadel hat sich der Toni geradezu geweigert, die Sach' klarzustellen!"
"Er denkt vielleicht, dass er dich doch noch gewinnen kann", glaubte der Bernmayer.
"Nie und nimmer! Jetzt erst recht net!"
"Du kannst ja mal mit dem Toni reden und ihn bitten, seinem Bruder die Wahrheit zu sagen. Dann muss der Grünrock doch einsehen, dass er sich geirrt hat!"
"Und wenn mich dann wieder jemand mit dem Toni zusammen sieht?" Die Marianne schüttelte energisch den Kopf. "Nein, dann wird alles noch viel schlimmer! Dann denkt der Max doch erst recht, dass alles so ist, wie er es sich eingebildet hat!"
"Ja", nickte der Bauer. "Das ist natürlich wahr."
"Aber irgendetwas muss ich tun!", stieß die Marianne geradezu leidenschaftlich hervor.
"Uns wird schon etwas einfallen, Madel!", meinte der Bernmayer-Bauer. "Ganz gewiss!"
Er drückte seine Tochter an sich.
"Meinst wirklich?", fragte die Marianne."
"Sicher. Alles wird gut. Vielleicht red' ich mal mit dem Max und dem Toni."
Sie sah ihn erstaunt an.
"Mit dem Max? Wo du ihn doch neulich erst wie einen räudigen Hund davongejagt hast?"
"Mei, da wusst' ich doch noch net, wie ernst es mit euch Zweien ist, Madel!"
"Ist ja schon gut."
"Aber du hast schon recht, Marianne", meinte der Bernmayer dann recht nachdenklich. "Mit offenen Ohren wird der Max mich sicher net empfangen. Das kann ich gar net von ihm erwarten!" Dann schaute er auf die Uhr. "So", meinte er. "Die Arbeit tut sich net von allein! Der Sepp ist sicher schon fast fertig mit seiner Brotzeit! Und ich hab jetzt auch großen Hunger."
Über das Gesicht der Marianne huschte sogar schon wieder ein verhaltenes Lächeln.
"Geh nur, Vater! Ich komme auch hinunter.
Wenig später saßen sie alle am Tisch und der Sepp fragte: "Wie steht's, Bauer? Kann ich heute ein wenig früher Schluss machen?"
Der Bauer blickte von seinem Essen auf.
"Wenn wir schnell vorankommen, meinetwegen!"
"Ich will meinen Teil dazu tun!"
"Was ist Sepp?", fragte da plötzlich die Bäuerin. "In letzter Zeit gehst recht oft früher vom Hof!"
Sepp zuckte mit den Schultern. "Mei..."
"Hast vielleicht ein Madel,