Faolán hielt den Atem an. Er sah erleichtert, wie die beiden Krieger davongingen. Erst jetzt bemerkte er, dass sein Herz bis zum Halse schlug. Plötzlich erklang hinter Faolán die donnernde Stimme des Kellermeisters und er fuhr erschrocken zusammen.
„Wahrlich, dich kann man allein lassen!“
Der Gehilfe wusste nicht, wie er die Bemerkung aufnehmen sollte und wie lange ihn der Mönch bereits beobachtet hatte. Bruder Ivo packte den Jungen bei den Schultern, drehte ihn um und schaute ihm ernst in die Augen.
„Wie hast du es nur vollbracht, diese beiden Halunken zu zähmen? Für gewöhnlich stehen sie doch nicht einfach nur so da und lassen sich etwas geben. Und dann die Art und Weise, wie sie davongezogen sind! Was ist geschehen?“
„Verzeiht mir, Meister“, begann Faolán unsicher. „Ich weiß nicht, ob ich richtig gehandelt habe. Vielleicht habe ich dem Kloster auch einen großen Schaden zugefügt …“
„So? Was genau ist geschehen?“
„Ich … ich hatte große Angst, als die beiden Krieger kamen. Ohne Eure Hilfe wusste ich nicht, was ich tun sollte. Da habe ihnen aus freien Stücken zu essen gegeben. Möglicherweise war es zu viel, weil ich sie zufrieden stellen wollte. Aber sie hätten sich ohnehin einfach etwas genommen … Und ich habe ihnen eine Art Segen erteilt.“
„Und was war es, was du ihnen gegeben hast?“
Faolán zählte mit gesenktem Haupt die Waren auf. Doch statt den Novizen für sein vermeintliches Fehlverhalten zu tadeln, begann der Mönch unerwartet und lauthals zu lachen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Kellermeister wieder beruhigt hatte.
„Du bist ganz schön gerissen, weißt du das? Seit uns diese Halunken bestehlen, ist es mir nicht in den Sinn gekommen, den Spieß einfach umzudrehen. Stattdessen zeigt mir mein schlauer Gehilfe, wie man mit ihnen umgehen muss. Vielleicht sollten wir das ab jetzt immer so handhaben: Ihnen freiwillig etwas geben und sie so vom Stehlen abhalten. Dann würden sie keine Sünde begehen und wir hätten einen Beitrag zu ihrem Seelenheil geleistet. Zudem stünden sie in unserer Schuld und behandeln uns in Zukunft vielleicht anders.“
Faolán entspannte sich. Erleichtert lehnte er sich gegen den Wagen, denn seine weichen Knie drohten nachzugeben. Es war alles noch einmal gut gegangen, trotz der vielen Wagnisse. Der Cellerar hatte sein Fortsein nicht bemerkt. Im Nachhinein fragte sich Faolán, ob er eigentlich verrückt gewesen war. Alles Erdenkliche hätte schief gehen können, angefangen bei den Markthütern bis hin zu einem Diebstahl der Waren und des Pferdes. Stumm schwor er sich, nie wieder so fahrlässig zu handeln und stimmte schon bald in das Lachen des Mönches ein.
Da der Nachmittag schon weit vorangeschritten war, hielt Bruder Ivo es für das Beste, den Aufbruch vorzubereiten. Er schickte Faolán los, die von ihm verhandelten Geschäfte auszuführen. Er selbst wollte sich um den Abbau des Standes kümmern. Faolán freute sich über diesen Auftrag, bot er doch die Gelegenheit, erneut nach Svea Ausschau zu halten. Mit wachsamen Blicken lief er viele Male zwischen dem Klosterstand und den anderen Händlern einher, um die besagten Waren zu holen. Svea bekam er dabei allerdings nicht zu Gesicht.
Tief enttäuscht kehrte Faolán nach seinem letzten Gang zurück. Sein innigster Wunsch hatte sich nicht erfüllt. Vielleicht war seine Vorstellung, Svea würde hier auf ihn warten, auch zu einfältig gewesen. Der heutige Markt in Neustatt war sicherlich nicht der erste in diesem Jahr. Woher hätte Svea wissen sollen, dass Faolán ausgerechnet heute hier erscheinen würde?
Verärgert über sich selbst half der Novize dem beleibten Mönch beim Aufladen der letzten Kisten. Es waren ungewöhnlich viele Waren und Vorräte, die sie heute ins Kloster zurückbrachten. Als Bruder Ivo schließlich das Zeichen zur Abreise gab, schaute sich Faolán noch einmal sehnlich um, ob er Svea nicht doch noch sehen würde. Vergebens. Schon bald holperte der Wagen aus der Stadt, dem noch fast kahlen Wald entgegen. Die Hoffnung auf Sveas Anblick ließ Faolán im Gedränge und Getöse Neustatts zurück.
Schweigsam fuhren Cellerar und Novize dahin. Ein jeder ging seinen Gedanken nach. Bruder Ivo überließ es dem Zugtier, den Weg zurück ins Kloster zu finden. Auf einmal brachte der Kellermeister den Wagen zum Stehen und Faolán schreckte auf. Er schaute sich um, konnte jedoch keinen Grund für die Unterbrechung der Fahrt erkennen. Erwartungsvoll schaute ihn der Kellermeister an, doch sein Gehilfe verstand nicht.
„Du weißt, was du zu suchen hast und wo es zu finden ist“, erklärte der Mönch schließlich. „Oder muss ich es dir nach einem halben Jahr erst wieder ins Gedächtnis rufen?“
Als Faolán nicht reagierte, griff Bruder Ivo hinter sich und zog einen Wasserschlauch hervor. Jetzt erst erkannte der Novize, welche Stelle sie im kahlen Wald erreicht hatten. Von hier führte der Pfad durch das Unterholz zum versteckten Tümpel. Mit einem Mal war Faolán hellwach. Er riss den Wasserschlauch aus der Hand des Mönches, sprang vom Wagen und verschwand ohne ein Wort im Geäst. Der schmale Weg war nach der Schneeschmelze schlammig und rutschig. Faolán schritt vorsichtig voran, erinnerte sich an jede Biegung. Sein Herz pocht wild und er wurde aufgeregter, je weiter er ging. Die nackten, grauschwarzen Äste erlaubten ihm tiefe Einblicke in den Wald. Der Erdboden war mit nassem Vorjahreslaub bedeckt und an schattigen Stellen lagen noch kleine Schneefelder. Der Geruch von feuchtem Laub und nasser Erde lag in der Luft.
In der Nähe des Weihers wurde der Novize langsamer. Eine Weile hielt er sich vorsichtig hinter dichtem Geäst versteckt. Dann schlich er langsam und voller Anspannung weiter, bis er zum Tümpel hinabblicken konnte. Und tatsächlich, dort unten im Weiher war Svea. Nicht etwa am Rande des Wassers, wie Faolán es sich vorgestellt hatte. Nein, sie badete darin und war gerade im Begriff, den Teich zu verlassen.
Für einen kurzen Augenblick zweifelte Faolán an Sveas Verstand, denn das Wasser war sicherlich eisig kalt. Er selbst hätte es nie gewagt, hinein zu gehen. Hinter den Ästen verborgen beobachtete er, wie Svea dem Wasser entstieg. Was er dabei zu sehen bekam, verschlug ihm beinahe den Atem. Ihr Haar war über die Wintermonate deutlich länger geworden und hing bis zu ihren Schultern herab. Was ihn allerdings am meisten überraschte, waren die Veränderungen ihres Körpers.
Je weiter Svea dem Wasser entstieg, umso bewusster wurden ihm die ungewohnten Rundungen ihres Leibes. Während Svea sich ein einfaches Leinenkleid über die nasse Haut streifte, konnte Faolán für einen kurzen Moment ihre kleinen Brüste sehen. Sogleich schaute der Novize schamvoll zur Seite, als erblicke er etwas Verbotenes. Dann jedoch wandte er sich langsam wieder um. Er musste einfach noch einmal hinsehen.
Waren das eben Sveas Brustwarzen gewesen, die vor Kälte leicht hervorstanden? Faolán stellte fest, dass ihm dieser Anblick merkwürdigerweise gefiel, obwohl er doch kein Säugling mehr war, der sich nach der Brust seiner Mutter sehnte; und doch hätte er Sveas Brüste in diesem Augenblick am liebsten angefasst.
Faolán hatte durchaus schon öfter die bekleideten Brüste von Frauen beobachtet, vor allem die Dekolletés der freizügigen Huren vor dem Palisadenwall in Neustatt. Bei einem Mädchen hatte er jedoch noch nie darauf geachtet. Und empfunden hatte er dabei niemals etwas, schon gar nicht bei Svea. Weshalb das jetzt anders war und weshalb sie mit einem Mal überhaupt Brüste bekommen hatte, war ihm ein Rätsel. Geschah denn das Gleiche mit Svea wie es bei ihm der Fall gewesen war, als ihm an den unmöglichsten Stellen mit einem Male Haare gewachsen waren?
Darüber hatte sich Faolán bisher noch keine Gedanken gemacht. Als er jedoch bemerkte, wie sich der Stoff an Sveas nassen Körper schmiegte und ihre Figur zusätzlich betonte, überschlugen sich seine Sinne. Plötzlich durchströmte eine unbekannte Hitze seinen Unterleib, dass sein Atem schneller ging. Vorsichtig duckte sich der Novize etwas tiefer, um unentdeckt zu bleiben. Heimlich beobachtete er das Mädchen weiter und verspürte dabei eine merkwürdige, fremde Lust.
Faolán bedauerte und begrüßte es zugleich, als Svea sich in einen dicken