Pfad der Jäger. Sylwester Dr. Minko. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sylwester Dr. Minko
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347099043
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und Thomas bringt einen Liegestuhl auf die sonnige Wiese vor die Jagdhütte. Nach einer halben Stunde kommt Liv zum Fenster und das, was sie sieht, lässt ihr Blut gefrieren. Einige Schritte vom auf dem Liegestuhl eingeschlafenen Thomas, gibt sich Taxi mit einem gemeinen Mischling das Jawort. Sie versucht das Fenster zu öffnen, doch sie versteht, dass alles verloren ist. Das Einzige, was sie tun kann, ist, die Hunde mit Wasser zu begießen, damit sie sich so schnell wie möglich voneinander trennen. Vor Verärgerung fast weinend, füllt sie einen kleinen Eimer mit Wasser und geht die Treppe hinunter. Als sie aus dem Haus kommt, verschwindet der Mischling. Es ist sowieso zu spät. Taxi liegt hechelnd zu Thomas Füßen, der tief und fest schläft.

      Liv ärgert sich nicht mehr, sie beginnt zu lachen. Im ersten Moment überlegt sie, das Wasser auf den Schlafenden Antikonzeptionswächter zu schütten. Doch dann packt sie ein empathisches Mitgefühl. Er ist eingeschlafen. Schließlich lässt sie ihn in der Nacht nicht viel schlafen.

      Was solls, ich mache ihm ein Geschenk und ich sage nichts. Dazu noch der Edward mit dem Ajax. Er wird wütend, wenn er erfährt, dass er umsonst so weit gefahren ist. Sie gießt das Wasser auf die wasserdurstigen Rosen, küsst, ohne ihn zu wecken, Thomas’ Haare und geht zurück ins Haus.

      Nach einer Stunde kam Edward in seinem Mercedes. Ajax sprang als Erster aus dem Wagen und als hätte er selbst die SMS gelesen, lief er direkt zu Taxi. Doch die Hündin, ermüdet nach dem letzten Abenteuer, begrüßte ihn mit einem warnenden Brummen. Edward beachtete das nicht, er rannte fast in ihre Richtung.

      „Stellt euch vor, was für eine Nachricht. Sie haben Gerrys Mörder gefasst!“

      Liv bekam einen Schwindelanfall. Instinktiv griff sie ihren Mann am Ärmel.

      „Unmöglich!“ Thomas war tief bewegt.

      „Sie haben es zugegeben!“, rief Edward. „Es gibt unwiderlegbare Beweise. Sie sind Gerry bei der Jagd begegnet, sie zeigten das Grab, das heißt den Ort, wo sie die Leiche begraben haben. Fast sechzig Kilometer von hier.“

      Das waren die letzten Sekunden, wo sie die Angelegenheit noch verzweifelt auf die alte Weise sah. Der Zähler ihres Autos hatte einhundert (zwei mal fünfzig) Kilometer mehr angezeigt. Nun, es waren endgültig die letzten Momente der Täuschung. Der Förster kam und sie musste Edwards Ausführungen, wie alles geschah, zuhören. Die Wilderer sagten Folgendes aus: Am Abend dieses Unglückstages war es schon ziemlich dunkel und einer der Wilderer saß auf der, auf einem Baum eingerichteten, Falle. Und dann sah er ein Wildschwein. Dunkle Masse.

      Offensichtlich beugte sich Gerry unter einen tiefhängenden, beschneiten Zweig. Der Wilderer schoss, ohne zu zögern, ins Dunkle. Und das war schon alles. Den Rest konnte sich jeder gut denken. Sie hatten den Hund erschossen, damit er nicht zurücklief und die Angehörigen alarmierte. Die zwei berieten sich.

      „Sie haben, Herr Förster, seit einigen Jahren Ihr Gebiet aufgesucht.“ Edward konnte sich diese stichelnde Bemerkung nicht verkneifen. „Sie brachten die Leiche etwa fünfzig Kilometer weiter in die Sumpfgebiete, die sie von den früheren Exkursionen kannten. Und wenn sie nicht den heißen Wunsch gehabt hätten, Gerrys Gewehr zu behalten …“

      „Was wohl verständlich ist bei der Qualität dieser Waffe“, murmelte der Förster anerkennend.

      Liv stand blass und bewegungslos.

      „Vielleich etwas Wasser?“ Edward beobachtete sie mit höhnischem Mitgefühl. Er vermutete es. Er wusste es. Für ihn war sie bereits eine „Witwe“.

      Thomas tat das, was nur ein Idiot in diesem Moment tun würde. „Wir fahren zur Polizei. Die kennen vielleicht noch mehr Details. Vielleicht waren die Leute schon polizeilich bekannt?“

      „In der Tat ungeheuerlich. Sie sagten, die Wilderer haben mein Gebiet schon seit Jahren aufgesucht?“ Der Förster war sichtbar interessiert, wer diese Verbrecher waren. Und sie fuhren tatsächlich. Er und Thomas. Thomas war so neugierig wie ein Weib. Edward war in jeder Hinsicht ein richtiger Gentleman. So dachte sie und als sie sich fragte, ob er es wirklich in jeder Hinsicht war, lächelte sie. Auch im …? Edward war sehr angespannt, doch diesmal nur als Begleiter seines Hundes. Immer wenn Ajax es versuchte, jagte Taxi ihn entschieden zurück. Er erlebte die Niederlage seines Hundes wie seine eigene. Liv dachte, die Niederlage des Hundes symbolisiere in gewissem Sinne eine Niederlage seines Herrn. Schließlich hatte er ihn gekauft, um scherzhaft sagen zu können: „Wir werden sowieso Kinder haben.“ Er versuchte die Hündin festzuhalten. Es gelang ihm nicht, sie lief ihm immer weg.

      „Hilf mir“, bat er Liv.

      Für ein Moment vergaß sie die katastrophale Verhaftung von Gerrys Mörder und beschäftigte sich mit der Annäherung der Vierbeiner. Sie wusste, dass die Sache längst beschlossen war, der Mischling hatte sich durchgesetzt, doch sie fand die entstandene Situation aufregend.

      „Vielleicht schließen wir die Hunde in einem Zimmer ein?“, schlug er vor.

      Und es geschah. Sie fanden sich zu viert in einem Raum. Schließlich begann Taxi zu reagieren. Als sie sahen, wie die Hündin sich anbot und Ajax begann sie zu lecken, vernebelte sich Livs Blick. Sie spürte Edwards Hand auf ihrem Oberschenkel.

      „Hör damit auf, du Lüstling“, miaute sie leise. „Ich spreche zu Ajax“, ergänzte sie und lockerte ihre Beine.

      Edward verstand. Er kniete sich zwischen ihre Beine, sie setzte sich tiefer in den Sessel und lehnte sich zurück. Als sie seine feuchte Zunge spürte, legte sie ihre Beine auf seine Schulter.

      Aus dieser Perspektive, zwischen den sportlichen Schuhen auf ihren Füßen, sah sie plötzlich die sich öffnende Tür. Sie versuchte, sich zu befreien, doch Edward hielt ihre noch zitternden Gesäßhälften fest.

      Thomas stand am Eingang und starrte sie an.

      Es dauerte eine Sekunde, zwei; wenn es drei Sekunden gedauert hätte, könnte sie noch an das Unwahrscheinliche glauben, dass sie vielleicht zu dritt … Doch Thomas schrie etwas Unverständliches - oder vielleicht sie, die es in dieser ungewöhnlichen Position nicht deutlich hören konnte – und eilte zum Gewehrstand, wo Edward bereits seine Flinte hineingestellt hatte. Die Munition lag auf der Fensterbank. All das passierte innerhalb weniger Sekunden. Glücklicherweise war Edward angezogen. Er sprang aus dem Fenster und verschwand im Garten. Sein Hund entwich jaulend durch die Hintertür.

      Liv saß noch furchtsam im Sessel; mit weit geöffneten Augen beobachte sie, wie Thomas mit der Flinte hantierte. Sie war sich sicher: Er wird mich töten.

      Mit unmenschlicher Intensität stellte sie sich ihr pathetisches Ende vor. Sie erinnerte sich an seinen Kommentar, mit dem er die Lektüre von Hemingways Erzählung erörterte: „Ich würde diese Situation anders lösen.“ Das ist mein Ende.

      Doch Thomas ging zum Fenster. Sie hörte einen Schuss. Jemand schrie.

      Also doch. Sie hatte sich nicht geirrt. Er war so. Egal, dass es nicht Gerry war. Er war so. Diese glücklichen Monate waren nicht verloren und nicht vorgetäuscht. Umso großartiger fand sie ihn jetzt. Doch, sie hatte ihn richtig eingeschätzt. Seine männliche Leidenschaft für sie war in der Lage, ihn zu Verbrechen zu bewegen, zu allem. Sie beweinte ihr verlorenes Glück, doch ein Schatten Hoffnung erfühlte ihr rasendes Herz.

      Die Scheidung erfolgte mithilfe von Rechtsanwalt Korbach, Edwards Vater, in einem rekordverdächtigen Tempo. Über Schuld wurde nicht gesprochen, nur über die Unvereinbarkeit der Charaktere. Der Rechtsanwalt führte die Verhandlung an der Seite seiner zukünftigen Schwiegertochter so, dass jeder wusste, was für ein brutaler Typ ihr Ehemann war. Einen bedeutenden Hinweis in dieser Angelegenheit lieferte die Tötung des dekorierten Hundes seines Sohnes, Cockerspaniel Ajax, durch diesen äußerst grausamen Menschen.

       Reise auf die Insel der Glückseeligen

      Die schwarze Stretchlimousine wartete bereits vor dem Flughafen, als das kleine Sportflugzeug den Boden der Insel berührte. Als der Ankömmling das Flughafengebäude verließ, stieg ein Mann mittleren Alters mit einer Chauffeurmütze aus dem Wagen, öffnete die Hintertür und ließ den Gast einsteigen. Dort wartete bereits ein elegant