Cerebellum mit Hirnstamm, median halbiert
Alle Hirnhäute entfernt
1Lamina quadrigemina, Mesencephalon
2Substantia nigra, Mesencephalon
3Vierter Ventrikel
4Pons
5Folia cerebelli
6Plexus choroideus des vierten Ventrikels
7Medulla oblongata
Zwischen Kleinhirn und Hirnstamm liegt ein weiterer mit Liquor gefüllter Hohlraum des Gehirns, der vierte Ventrikel. Dessen vordere Begrenzung wird auch als Rautengrube (Fossa rhomboidea) bezeichnet. Strukturen, die den vierten Ventrikel mit seiner Rautengrube umgeben, nennt man Rhombencephalon (griech. „Rautenhirn“). Das Rhombencephalon setzt sich demnach aus Cerebellum, Pons und Medulla oblongata zusammen.
Obwohl das Kleinhirn nur etwa ein Sechstel vom Volumen des Telencephalons besitzt, beherbergt es weit mehr Neurone als das Großhirn. Um derart viele Nervenzellen auf so engem Raum unterbringen zu können, ist die Kleinhirnrinde, der äußere Mantel des Kleinhirns, stark gefaltet. Die dadurch entstehenden horizontalen Fältchen werden als Blätter (Folia cerebelli) bezeichnet. Wie wir bereits gesehen haben, weist auch das Großhirn solche Falten auf, nur werden sie dort Gyri genannt. Zerteilt man eine der Kleinhirnhemisphären längs (so wie in unserem medio-sagittalen Schnitt), präsentiert sich das Kleinhirn wie die Form eines Baumes. Die Anatomen bezeichnen dies als Lebensbaum, als Arbor vitae.
Aber was macht das Kleinhirn eigentlich? Als 1917 der englische Neurologe Gordon Holmes (1876–1965) Soldaten mit Kleinhirnverletzungen untersuchte, erkannte er: „Das Kleinhirn kann als ein Organ gesehen werden, das Bewegung unterstützt.“ Tatsächlich bestätigen bildgebende Verfahren mittlerweile, dass das Kleinhirn Bewegungen koordiniert und moduliert: Ob man die Kaffeetasse anhebt, Klavier oder Fußball spielt – das Kleinhirn greift überall modulierend ein. Zudem wird dem Kleinhirn neuerdings auch eine Rolle bei zahlreichen höheren kognitiven Prozessen zugeschrieben. Wir sehen, der Name und das geringe Volumen täuschen: Das Kleinhirn ist dem Großhirn in der Komplexität seiner Aufgaben und der Anzahl seiner Neuronen keineswegs unterlegen.6
Diencephalon – das Zwischenhirn
Das Diencephalon schließt sich nach oben dem Mesencephalon an. Es enthält unter anderem Umschaltstationen für aufsteigende sensible und motorische Bahnen sowie regulatorische Zentren für das vegetative und endokrine System. Im medio-sagittalen Schnitt kann man vom Diencephalon nur einige wenige Strukturen erkennen. Überhaupt ist es recht komplex aufgebaut und bereitet den Studierenden regelmäßig so seine lieben Probleme. Keine Angst, wir werden es im entsprechenden Kapitel detailliert besprechen. Hier beschränken wir uns auf einige allgemeine Anmerkungen zum Zwischenhirn: Das Diencephalon umschließt auf beiden Seiten den dritten Ventrikel, der genauso wie der vierte Ventrikel einen Teil der inneren Liquorräume darstellt. Bei der medio-sagittalen Schnittführung wird der dritte Ventrikel quasi halbiert, wir schauen deswegen in den Abbildungen 2.6 und 2.8 in das Lumen des dritten Ventrikels hinein. Viele der um den dritten Ventrikel liegenden Strukturen gehören zum Diencephalon.
Diencephalon, mediale Ansicht
1Corpus callosum
2Fornix
3Adhaesio interthalamica
4Corpus pienale; Epiphyse
5Habenulae
6Lamina terminalis (eingerissen)
7Lage von Eminentia mediana und Tuber cinerum
8Infundibulum
9Lage der Hypophyse im intakten Präparat
* Commisura anterior
Nach hinten wird der Raum des dritten Ventrikels von der Epiphyse (Zirbeldrüse, Corpus pineale), die dem Diencephalon zugerechnet wird, begrenzt. Es handelt sich um eine Drüse, die Melatonin ausschüttet. Über die Epiphyse wird unter anderem die „innere Uhr“ gesteuert, also der zirkadiane Rhythmus. Sie ist dafür verantwortlich, dass wir entweder Langschläfer sind oder aber zu den Frühaufstehern gehören. Der Boden des dritten Ventrikels wird nach vorne hin von der Hypophyse gebildet, die mit dem Diencephalon über den Hypophysenstiel (Infundibulum) verbunden ist. Die Hypophyse selber ist in der Abbildung 2.8 nicht zu sehen, sie reißt bei der Herausnahme des Gehirns aus der Schädelkalotte für gewöhnlich vom Infundibulum ab. Zumindest der hintere Anteil der Hypophyse, der sogenannte Hypophysenhinterlappen, der auch als Neurohypophyse bezeichnet wird, ist Teil des Diencephalons. Die Neurohypophyse sezerniert die beiden Hormone ADH und Oxytocin Das ADH (antidiuretische Hormon) besitzt antidiuretische Wirkung, indem es die Wasserrückresorption in den distalen Tubuli sowie in den Sammelrohren der Niere fördert (siehe Lehrbücher der Physiologie und der Histologie). Dadurch geht dem Körper möglichst wenig Wasser verloren. Die vasopressorische Wirkung des ADH führt zur arteriellen Vasokonstriktion und damit zu einer Blutdruckerhöhung. Oxytocin wirkt direkt am Myometrium des Uterus. Hier führt das Hormon gegen Ende der Schwangerschaft sowie unter der Geburt zur Auslösung und Anpassung der Wehentätigkeit. Nach Ende der Schwangerschaft bewirkt die Ausschüttung von Oxytocin Kontraktionen der myoepithelialen Zellen in der Brustdrüse und regt damit die Milchsekretion beim Stillen an. Darüber hinaus scheint es die emotionale Bindung der Mutter an das Kind wesentlich zu stärken.7
Eine weitere markante Struktur, die in der medio-sagittalen Ansicht dem Diencephalon zugeordnet werden kann, ist das kleine Dach des dritten Ventrikels, der Fornix.
Der Begriff „Fornix“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Wölbung“ bzw. „Gewölbe“. Der Fornix verläuft als mächtiger Faserzug am oberen Ende, am Dach des dritten Ventrikels. Er verbindet den Hippocampus mit dem Corpus mamillare (letzterer ist ebenfalls eine Struktur des Diencephalons, die in der gleich folgenden Basalansicht sehr gut zu sehen ist). Funktionell ist der Fornix an der Einspeicherung von Gedächtnisinhalten vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis beteiligt und spielt somit eine wichtige Rolle beim Lernen.
Nach oben und vorne wird der dritte Ventrikel vom Balken begrenzt. Der Balken gehört nicht mehr zum Diencephalon, sondern ist bereits ein Teil des Telencephalons. Wir haben ihn schon als prominentes Axonbündel kennengelernt, welches beide Hemisphären miteinander verbindet. Der dritte Ventrikel besitzt natürlich auch eine laterale Begrenzung. Diese wird von einer Struktur gebildet, die sich etwas gegen den dritten Ventrikel vorwölbt, dem sogenannten Thalamus. In Abb. 2.8 sehen wir vom Thalamus vor allem die sogenannte Adhaesio interthalamica. Hierbei handelt es sich um eine Art Überbrückung beider Thalami, die durch das Lumen des dritten Ventrikels zieht. In vielen Lehrbüchern wird der Thalamus als das „Tor des Bewusstseins“ bezeichnet. In der Tat werden so gut wie alle sensiblen Informationen noch