In der Tiefe, vor allem um die inneren Liquorräume formiert, stößt man wieder auf Gebiete, die graue Substanz enthalten. Da diese Bereiche unterhalb des Kortex liegen, spricht man auch von subkortikaler grauer Substanz (J in Abb. 2.1). Wie wir später noch sehen werden, greifen diese Gebiete subkortikaler grauer Substanz unter anderem regulatorisch in Bewegungsimpulse ein. Dies trifft vor allem für folgende zwei Abschnitte der subkortikalen grauen Substanz zu: den Nucleus caudatus (in Abb. 2.1 blau hinterlegt) und das Putamen (in Abb. 2.1 grün hinterlegt). Auch der Globus pallidus (in Abb. 2.1 rot hinterlegt) spielt eine wichtige Rolle in der Regulation motorischer Impulse. Ein weiteres Gebiet tief gelegener grauer Substanz befindet sich unmittelbar um den dritten Ventrikel (D in Abb. 2.1), welcher in der gezeigten Abbildung mittig gelegen ist. Es handelt sich um den Thalamus (Stern in Abb. 2.1), dessen wichtigste Funktion darin besteht, darüber zu entscheiden, welche sensiblen Informationen an den Kortex weitergeleitet und uns dadurch bewusst werden. Wie wir später bei der Besprechung der Regulation der Motorik noch sehen werden, verschaltet der Thalamus jedoch nicht nur sensible, sondern auch motorische Impulse.*
Nachdem wir nun wichtige Komponenten der grauen und weißen Substanz kennengelernt haben, wollen wir uns damit beschäftigen, wie es zu diesem Farbunterschied kommt. Hierfür können wir darauf zurückgreifen, was wir bereits in der Neurohistologie besprochen haben. In Kapitel 1 haben wir gelernt, dass eine Nervenzelle aus Dendriten, einem Perikaryon (Nervenzellkörper) und einem Axon besteht. Axone werden im Gehirn von Oligodendrozyten mit einer schützenden Myelinscheide umgeben. Diese Myelinscheide besteht biochemisch zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil aus Lipiden, welche sich makroskopisch weißlich-gelb darstellen. Dendriten und Nervenzellkörper sind im Gegensatz dazu nicht von einer fettreichen Myelinscheide umgeben und erscheinen deswegen im makroskopischen Schnittpräparat nicht weiß, sondern grau. Nun wird klar, welche Anteile einer Nervenzelle in der grauen und welche Anteile in der weißen Substanz zu finden sind. Im Rahmen einer histologischen Untersuchung der Substantia grisea treffen wir hinsichtlich der Neurone vor allem auf deren Zellkörper und die nicht-myelinisierten Dendriten. In der Substantia alba hingegen finden wir vor allem myelinisierte Axone. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass neben den Nervenzellen auch Gliazellen am Aufbau des Gehirns beteiligt sind. Diese findet man sowohl in der grauen als auch in der weißen Substanz, wenngleich doch regionale Unterschiede bestehen (z. B. gibt es in der weißen Substanz natürlich viel mehr Oligodendrozyten als in der grauen Substanz).1, 2
Betrachten wir im Vergleich einen Schnitt durch das Rückenmark (F in Abb. 2.1), so finden wir auch dort graue und weiße Substanz. Im Rückenmark liegt die graue Substanz zentral (mit ein wenig Vorstellungskraft kann man einen Schmetterling erkennen, weswegen auch von einer Schmetterlingsfigur gesprochen wird). Die zentral gelegene graue Substanz des Rückenmarks wird allseits umgeben von weißer Substanz, die wiederum in die Hinterstränge, Seitenstränge und Vorderstränge unterteilt werden kann. Im Prinzip entspricht dieser Aufbau des Rückenmarks mit innen grauer und außen weißer Substanz dem Aufbau des Großhirns. Auch dort finden wir innen Gebiete grauer Substanz umgeben von weißer Substanz. Im Großhirn lagert sich jedoch zusätzlich noch der bereits genannte Streifen grauer Substanz, die Großhirnrinde, von außen an. Diese Anlagerung zusätzlicher grauer Substanz von außen an das Großhirn stellt einen wichtigen evolutionären Schritt dar. Wie wir später noch sehen werden, ist die Großhirnrinde mit vielen hoch kognitiven Funktionen vergesellschaftet, das Rückenmark hingegen führt eher primitive Aufgaben aus (beispielsweise Reflexe). Eine zusätzliche Schicht grauer Substanz ist hierfür nicht notwendig. Entsprechend ist der makroskopische Aufbau des Rückenmarks bei verschiedenen Wirbeltieren (z. B. Mensch und Maus) nur geringfügig unterschiedlich ausgeprägt. Auch bei der Maus findet man einen vergleichbaren prinzipiellen Aufbau des Rückenmarks wie beim Menschen. Im Bereich des Großhirns, insbesondere im Bereich der Großhirnrinde, sind die Unterschiede jedoch viel deutlicher ausgeprägt. Im Gegensatz zu dem Gehirn des Menschen hat die Oberfläche eines Mäusegehirns keine Furchen und Windungen (Sulci und Gyri). Man spricht hierbei von einer Lysenzephalie. Ein solches Gehirn wäre beim Menschen nicht mit dem Leben vereinbar.
Kerne und Ganglien: Definition
Wie bereits erwähnt, befinden sich die neuronalen Zellkörper vor allem in der grauen, die myelinisierten Axone in der weißen Substanz. Die Ansammlung neuronaler Zellkörper an der Oberfläche des Großhirns bezeichnet man als Kortex. Sämtliche weiteren Ansammlungen von Zell-körpern im Gehirn werden bis auf wenige Ausnahmen als Kern (Nucleus) bezeichnet. Beispielhaft sei hier der Nucleus caudatus genannt (in Abb. 2.1 blau hinterlegt). Auch außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks, also im peripheren Nervensystem, befinden sich Ansammlungen von Nervenzellkörpern. Diese werden jedoch nicht als Nucleus, sondern als Ganglion (im Plural Ganglien) bezeichnet. Später werden wir sehen, dass man funktionell und anatomisch zwischen vegetativen Kopfganglien, Spinalganglien und Grenzstrangganglien strikt unterscheiden muss. Hier sei schon einmal erwähnt, dass Kopfganglien in die Funktion des Parasympathikus, Spinalganglien in das sensible System und die Grenzstrangganglien in die Funktion des Sympathikus eingebettet sind.
Abweichend von der Regel, Ansammlungen von Nervenzellkörpern im peripheren Nervensystem als Ganglien, im zentralen Nervensystem aber als Kerngebiete zu bezeichnen, wird traditionell für bestimmte Kerne im Gehirn die Bezeichnung Basalganglien (Stammganglien) verwendet. Dieser Begriff ist etwas irreführend, denn bei den Basalganglien handelt es sich um Ansammlungen von Nervenzellkörpern innerhalb des Zentralnervensystems, nicht des peripheren Nervensystems. Eigentlich sollte man sie auch als Nucleus bezeichnen.
Während im Gehirn die einzelnen Kerngebiete meist gut voneinander abgrenzbar sind, scheinen diese aus funktionell zusammengehörenden Zellkörpern gebildeten Gruppen im Rückenmark miteinander zu verschmelzen. Gemeinsam bilden sie die typische Schmetterlingsform des Rückenmarkquerschnitts. Da Kerne sich über längere Rückenmarksabschnitte erstrecken können, bezeichnet man sie auch als Kernsäulen.
Peripheres und zentrales Nervensystem
Es lässt sich ein peripheres- von einem zentralen Nervensystem (besser Zentralnervensystem) abgrenzen (siehe auch Abb. 2.2). Diese Unterteilung bezieht sich auf die topographische Lage der einzelnen Abschnitte des Nervensystems. Zum Zentralnervensystem zählt man alle Strukturen, die knöchern umgeben sind.
Übersicht über die verschiedenen Anteile des Nervensystems
Das Gehirn und das Rückenmark sind Elemente