Allgemeiner Aufbau des Nervensystems
Unterteilungsmöglichkeiten des Nervensystems
Graue und weiße Substanz des Nervensystems
Peripheres und zentrales Nervensystem
Somatisches und vegetatives Nervensystem
Zusammenfassendes Funktionsprinzip des Nervensystems
Topographische Betrachtung des Nervensystems
Lagebeschreibungen im Zentralnervensystem: Meynert- und Forel-Achse
Systematik der Verbindungen des Nervensystems
Allgemeiner Aufbau des Nervensystems
Das Nervensystem besteht nicht nur, wie wir im vorangegangen Kapitel erfahren haben, aus verschiedenen Zelltypen, sondern kann auch funktionell und makroskopisch in verschiedene Anteile untergliedert werden. Diesen verschiedenen Anteilen des Nervensystems lassen sich oft ganz bestimmte Funktionen zuordnen, so dass schon im Rahmen der klinischen Untersuchung ein erster Verdacht geäußert werden kann, an welcher Stelle das Nervensystem bei einer gegebenen Symptomkonstellation vermutlich beschädigt ist. In diesem Kapitel werden die verschiedenen Unterteilungsmöglichkeiten des Nervensystems erläutert sowie auf grundlegende Funktionen der einzelnen Abschnitte eingegangen.
Unterteilungsmöglichkeiten des Nervensystems
Das Nervensystem lässt sich nach verschiedenen Gesichtspunkten unterteilen. Diese sind (1) graue und weiße Substanz, (2) peripheres und zentrales Nervensystem, (3) somatisches und vegetatives Nervensystem sowie (4) Afferenzen und Efferenzen (eigentlich afferentes und efferentes Nervensystem). Die ersten beiden Unterteilungen sind eher morphologischer, die letzten beiden sind funktioneller Natur.
Graue und weiße Substanz des Nervensystems
Als die alten Anatomen die ersten Gehirne inspizierten, begnügten sie sich natürlich nicht mit der Untersuchung des Gehirns von außen. Sie entschlossen sich dazu, das Gehirn zu sezieren um Informationen darüber zu erhalten, wie dieses faszinierende Organ von innen aussieht.
Abb. 2.1 zeigt ein Gehirn, welches von vorne angeschnitten worden ist. Diese Schnittführung wird sowohl in der Anatomie als auch in der Radiologie als frontale bzw. koronare Schnittführung bezeichnet. Dargestellt ist, wie ein solches Gehirn makroskopisch aussieht. Neben den beiden zentralen Hohlräumen, die wir später noch als innere Liquorräume kennenlernen werden, fällt auf, dass manche Gebiete grau, andere weiß erscheinen. Die grau erscheinenden Bereiche nennt man graue Substanz (Substantia grisea), diejenigen, die heller erscheinen, nennt man weiße Substanz (Substantia alba). Bei genauerer Betrachtung kann man erkennen, dass das Gehirn vollständig von einem grauen Streifen umgeben ist. Diesen Streifen grauer Substanz nennt man aufgrund seiner oberflächlichen Lage Großhirnrinde bzw. Cortex cerebri (kurz auch einfach Kortex genannt; Pfeil in Abb. 2.1). Im Kortex liegen die Zellkörper der Nervenzellen. Je nach ihrem Platz in der Großhirnrinde haben sie ganz unterschiedliche Aufgaben. Manche steuern Bewegung, manche registrieren sensible Impulse, wieder andere sind für die Sprache verantwortlich. Die meisten Nervenzellen kommunizieren über Axone mit anderen Gehirnarealen. Deren Axone verlaufen im sogenannte Marklager unterhalb der Großhirnrinde, man spricht auch von subkortikaler weißer Substanz (E in Abb. 2.1). Der Teilbegriff „Mark“ im Wort Marklager bezieht sich auf die durch Myelin oder „Mark“ ummantelten markhaltigen Nervenfasern, die heller gefärbt sind als die Zellkerne der Nervenzellen. Das Marklager beider Seiten scheint über eine Gewebebrücke miteinander verbunden zu sein. Hierbei handelt es sich um den Balken (Corpus callosum; B in Abb. 2.1), der Teil der weißen Substanz ist. Die Substantia alba enthält also im Wesentlichen Nervenfasern, die der Kommunikation der grauen Nervenzellen untereinander dienen.
Frontalschnitt durch das Gehirn im Bereich der Corpora mammillaria
Die Blickrichtung ist von vorne nach hinten. In dieser Sichtweise sehen wir die Fissura longitudinalis cerebri (A), welche das Großhirn in eine linke und eine rechte Hemisphäre unterteilt. Am unteren Ende der Fissura longitudinalis cerebri liegt der Balken (B), der die rechte mit der linken Hemisphäre verbindet. In der Tiefe um die inneren Hohlräume des Gehirns angeordnet (Ventrikel; C und D) findet man die tiefe graue Substanz, die auch subkortikale graue Substanz genannt wird (J). Wichtige Vertreter sind der Nucleus caudatus (blau), das Putamen (grün) und der Globus pallidus (rot). Nach außen folgt ein breiter Bereich weißer Substanz, das sogenannte Marklager (E). Um den dritten Ventrikel (D) befindet sich der Thalamus (Stern). Dieser allgemeine Aufbau (innen graue Substanz, außen weiße Substanz) ist vergleichbar mit dem des Rückenmarks. Auch dort finden wir – wie dargestellt – innen graue Substanz, an die sich von außen her weiße Substanz anlagert (F). Die graue Substanz des Rückenmarks hat annährend die Form eines Schmetterlings, es lassen sich Vorderhorn, Seitenhorn und Hinterhorn voneinander abgrenzen. Als Zeichen der evolutionären Entwicklung des Menschen lagert sich um das Marklager im Bereich des Großhirns jedoch ein